Herr Minister, gestatten Sie, dass ich nach dem erfolgreich vorgetragenen Ablenkungsmanöver noch einmal auf den Sachverhalt zurückkomme
(Abg. Fleischer CDU: Das war das Kernthema! Das ist euer Kernthema! Ihr habt Probleme! – Weitere Zurufe von der CDU – Unruhe)
Die Frage lautet: Was ist mit dem zu zitierenden Satz, der lautet: „Das Ereignis hat darüber hinaus gezeigt, dass die Betriebsvorschriften Inkonsistenzen aufweisen“, inhaltlich gemeint, und wer soll von diesem Satz den von Ihnen jetzt in Gänze vorgetragenen Sachverhalt ableiten? Wie gesagt, es handelt sich um ein Zitat aus dem Bericht vom 14. November 2001 „Regelabweichungen von den Vorgaben des Betriebshandbuchs: Unterschreitung der vorgegebenen Werte von Borkonzentrationen...“.
Das ist jetzt so ähnlich wie das heute Vormittag von Herrn Kretschmann angeführte Zitat. Das ist ein Teil der Berichterstattung, die
wir an den BMU gegeben haben. Wenn Sie alles vorlesen würden und den nötigen Sachverstand besäßen – das sage ich jetzt ohne jeden Vorwurf; das soll wirklich keine kritische Bemerkung sein;
aber das ist von Fachleuten für Fachleute geschrieben worden –, dann könnten Sie daraus den kompletten Sachverhalt ableiten, den wir seinerzeit vollständig dargestellt haben und über den wir informiert haben.
Wenn wir nur diesen einen Satz geschrieben hätten, dann hätte es vielleicht Probleme gegeben. Aber die Berichterstattung war sehr viel umfangreicher.
Herr Minister, welche Rechtfertigung gibt es für die Weigerung Ihres Hauses, in einem bundesaufsichtlichen Gespräch die Fragen zu erörtern, die sich zumindest für das BMU aus der Mitteilung des Reaktorsicherheitskommissionsmitglieds Donderer ergeben?
Ich darf die zweite Frage gleich anschließen: Gilt diese Weigerung auch für mögliche zukünftige Gespräche?
Das hat ja jetzt in den letzten Tagen auch eine Rolle gespielt. Ich habe mich auf diese Frage schon gefreut, weil man auf dieser Grundlage etwas zum Umgang verschiedener Staatsorgane miteinander sagen kann.
Wir sind im Auftrag des Bundes tätig. Er kann uns anweisen. Er kann uns Fragen stellen, und wir sind verpflichtet, diese Fragen zu beantworten, und zwar selbst dann, wenn wir sie eigentlich schon für beantwortet halten. Eigentlich war der BMU informiert, eigentlich hätte er sich sozusagen die Fragen ein Stück weit auch selbst beantworten können, aber wenn er uns fragt, dann antworten wir darauf. Das ist überhaupt keine Frage.
Wir haben während der Ausschussreise nach China ausgemacht: Wer es als Erstes geschickt fertig bringt, „Ganbei“ am Mikrofon hier zu sagen, der kriegt irgendetwas.
Also, es ist außer jedem Zweifel: Auch eine aus unserer Sicht unberechtigte Frage beantworten wir. Aber was ist in der letzten Woche geschehen? Uns hat am Donnerstagnachmittag ein Anruf erreicht, wir sollten am Freitagvormittag kommen. Dann habe ich mir gesagt: Diese Information, um die es dabei geht und zu der weitere Aufklärung erwünscht wird, können wir erstens innerhalb von zwölf Stunden nicht geben, und zweitens brauchen wir das auch gar nicht. Denn der Sachverhalt ist abgeschlossen. Physikalisch haben wir heute sowieso einen anderen Zustand als seinerzeit. Informiert war auch. Was soll eigentlich die Hektik?
Deswegen haben wir zwar nicht gesagt, wir würden eine schriftliche Antwort verweigern, sondern nur gesagt: So schnell schießen die Preußen nicht.
Ja, ja. – Am Freitag kam eine Reihe von differenzierten Fragen. Am Freitag ist ein ganzer Katalog von Fragen gekommen, und die sollten wir bis Montag beantworten, und dann hieß es: Jetzt weisen wir Sie an, am Montag zu kommen.
Darauf haben wir gesagt: Erstens: Wir haben immer das Motto „Sorgfalt vor Schnelligkeit“. Zweitens: Wir lassen uns nicht zitieren. Und drittens: Wir lassen uns nicht vorführen und instrumentalisieren.
Verstehen Sie? Wenn der Bund uns sagen würde: „Wir haben noch einige Fragen; bitte beantworten Sie die, und wenn wir dann noch zusätzlichen Gesprächsbedarf haben, dann sollten wir einen Termin vereinbaren“, dann hielte ich das für einen normalen Umgangston. Da würden wir nie sagen: „Wir gehen nicht hin.“ Wir reden oft mit dem Bund, manchmal sogar relativ vernünftig; Sie werden es kaum glauben. Das ist der normale Umgang. Aber in einer Situation, in der zwischen Rot und Grün gestritten wird, uns herzunehmen und uns öffentlich sozusagen „einzuladen“, zu zwingen, zu kommen, damit irgendein Problem aufgebauscht werden kann, das die Grünen gegenüber der SPD brauchen – dafür bin ich mir zu schade. So blöd bin ich nicht.
Ich will noch eine Randbemerkung machen zu dem gewissen Aufklärungsbedarf, den es jetzt gibt. Es gibt ja das Gutachten des Herrn Donderer, also eines Mitglieds der RSK. Darüber gab es ja auch so schöne Storys in der Zeitung: „Das ist ein Kriminalfall, und das Umweltministerium des Landes weiß davon gar nichts.“
Stellen wir einmal Folgendes fest: Die Staatsanwaltschaften ermitteln vorsorglich mehr oder weniger regelmäßig, wenn sie entsprechende Erkenntnisse gewonnen haben. Es gibt Vorermittlungen, Ermittlungen, wie auch immer. Das tun sie
im Fall Obrigheim, das tun sie im Fall Neckarwestheim, das tun sie im Fall Philippsburg, und zwar schon seit Monaten. Doch sie schalten uns da nicht ein. Dabei geht es um komplizierte Fragen. Ich vermute einmal, dass die zuständige Staatsanwaltschaft den Bund gefragt hat: Könnt ihr uns einen Gutachter nennen, der sich einmal mit der ganzen Geschichte befasst? Vielleicht haben sie sich auch unmittelbar an Herrn Donderer gewandt; das kann ich jetzt nicht sagen, das spielt auch keine Rolle.
Jedenfalls hat Herr Donderer als Mitglied der RSK einen Gutachtenauftrag bekommen – ich glaube, schon im April des Jahres, also vor etlichen Monaten – und hat das Gutachten für die Staatsanwaltschaft am 1. Oktober abgeliefert.
Hat es jetzt der BMU angefordert, hat es Herr Donderer von sich aus dem BMU gegeben, oder hat es die Staatsanwaltschaft dem BMU gegeben? Das weiß ich nicht, das spielt auch keine Rolle. Jedenfalls ist das Gutachten dem BMU zur Verfügung gestellt worden.
Dann hat uns der BMU eine Kurzfassung dieses Gutachtens gegeben, worauf wir schriftlich geantwortet haben. Wir haben uns das angeschaut und haben gesagt: Das ist eigentlich kein neuer Tatbestand; das beunruhigt uns nicht; wir erkennen daraus kein zusätzliches Problem. Das haben wir dem Bundesumweltministerium geschrieben.
Mittlerweile haben wir uns gedacht: Wenn Herr Donderer den BMU informiert, dann könnte er ja auch einmal uns informieren. Das wäre ja kein Nachteil. Dann soll er uns das Gutachten doch bitte einmal in der ganzen Länge zur Verfügung stellen. Es ist zwar an sich nicht üblich, dass man ein Gutachten für den einen macht und dem anderen gibt, aber, bitte schön, wenn er es dem Bund schon gegeben hat, kann er es auch uns geben.