Protokoll der Sitzung vom 17.10.2002

In diesem Fall geht es wirklich nicht um ein zusätzliches Gesetz, sondern darum, ein bestehendes – das Landesnaturschutzgesetz – zu novellieren. Das ist notwendig geworden aufgrund neuer Richtlinien der Europäischen Union: Umsetzung von Naturschutzrichtlinien der Europäischen Union, ganz konkret: Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, Vogelschutzrichtlinie und Zoorichtlinie.

Meine Damen und Herren, Naturschutz ist Gott sei Dank Ländersache. Wir können, wollen und sollen nicht allein leben aus dem, was in der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes festgeschrieben wurde. Wir haben hier die ganz konkrete Situation, dass wir in einem Teilbereich der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes sofort handeln müssen, nämlich noch vor Mai 2003, und zwar ganz einfach deswegen: Wenn wir in diesem Bereich nicht handeln – und ich sage gleich, warum –, hätten wir ab sofort nicht mehr die Regeln des Bundes, sondern es würde nur noch ein Rahmen gelten. Letztlich – und das würde ungemein viel Planungsunsicherheit bereiten – stünde das nur als Überschrift für die Rechtsfragen, die konkreten Richtlinien der Europäischen Union. Wir kämen in ein Vakuum, in ein Rechtsloch, das es auszufüllen gilt.

Vor allem geht es wiederum – und ich kann das nicht oft genug unterstreichen – um das große Pflichtthema „Natura 2000“. Wenn wir jetzt nicht handelten – und um die Umsetzung von Natura 2000 geht es –, würden uns landesrechtliche Vorschriften über die Sicherung der Gebiete fehlen. Es würden uns etwa Vorschriften über die Verträglichkeitsprüfung und Ausnahmeverfahren fehlen. Wir kämen bei den Kommunen in eine riesengroße Planungsunsicherheit.

(Unruhe)

Nach wie vor gilt auch hier: Der allerbeste Weg ist und bleibt der Vertragsnaturschutz. Aber selbst dann, wenn Sie diesen Weg auch künftig entschieden beschreiten wollen – wie das Baden-Württemberg bisher getan hat –, brauchen Sie eine rechtliche Vorgabe, die zumindest die Aussage trifft, wie ich ganz konkret den Bestand erhalten und sichern kann.

Also, kurzum: Es geht jetzt darum, ein so genanntes Verschlechterungsverbot für das, was in der Meldung von Natura 2000 schon drin ist, einzurichten. Und es geht darum, Planungssicherheit insbesondere dort zu schaffen, wo man im Zuge weiterer Nutzungen Verträglichkeitsprüfungen vorzunehmen hat.

Ein anderer Gegenstand, jetzt mit eingehängt: die Zoorichtlinie. Es geht dabei darum, die zoologischen Einrichtungen, die wichtige Aufgaben erfüllen – Information der Bevölkerung, Natur- und Artenschutz präsentieren und aufzeigen, Bewusstsein bilden –, innerhalb der Richtlinien der Europäischen Union fortzuentwickeln. Aber ich darf Ihnen sagen,

(Minister Stächele)

dass diese Genehmigungsverfahren nicht Selbstzweck sind und dass bestehende Genehmigungen für vorhandene Zooanlagen im Grunde weitergelten können.

Also: kein Verwaltungsaufwand, sondern in der Tat Anpassung an das, was von uns immer wieder gefordert wurde, was einheitliche europäische Rahmengesetzgebung, europäisches Rahmenrecht bedeutet.

Meine Damen und Herren, damit ein kleiner Hinweis wiederum auf das, was aktuelle Naturschutzpolitik des Landes bedeutet. Ich muss es immer wieder unterstreichen: Natura 2000. Wir gehen jetzt in die Bestands- und Entwicklungspläne. Es gibt jetzt noch Abstimmungen auf Länderebene, mit dem Bund und europaweit. Es geht insbesondere auch darum, wie die Dinge europäisch verknüpft werden, etwa hier im Oberrheingraben mit dem Elsass, dann um die europäische Schlussbilanz, ob ausreichend oder zu viel oder zu wenig gemeldet wurde.

Das Zweite: unsere erfolgreichen PLENUM-Projekte, zwei neue in diesem Jahr, Kaiserstuhl und in wenigen Tagen das Heckengäu.

Das Dritte: unsere Agrarumweltprogramme, hier zu unser aller Zufriedenheit MEKA II, mit dem wir auch die traditionell genutzten Heuwiesen schützen können. 41 000 Hektar von diesem Grünland, das so wichtig ist, sind bereits beantragt.

Und schließlich, was ich auch einmal für uns alle stolz erwähnen möchte, weil die Naturschutzpolitik für die Bevölkerung draußen manchmal nicht ganz greifbar ist: Wir sind überaus stolz und erfolgreich. Auch Dank an meine Mitarbeiter und die Aktiven vor Ort, an die Naturschutzverwaltung dafür, dass es uns mehr als anderen Bundesländern immer wieder gelingt, LIFE-Projekte der Europäischen Union an Land zu ziehen. Ich nenne den Grindenschwarzwald, die Lebensraumoptimierung bei der Blitzenreuter Seenplatte, und jetzt ganz neu – und auch das freut uns – wiederum ein LIFE-Kooperationsprojekt Auenwald und Tourismus in Natura 2000.

Ich habe es einmal aufgezählt, werde das auch immer wieder tun, aber mit der dringenden Bitte, dass Sie dies in der Gesamtheit immer wieder draußen darstellen. Es dient auch uns allen, wenn die Bevölkerung nicht den Eindruck erhält, in der Naturschutzpolitik gehe nichts. Da geht sehr viel. Das erfordert große Anstrengungen und in der Zukunft weiterhin gutes Geld aus dem Landeshaushalt von Baden-Württemberg.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Hauk.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich bei der Aussprache auf wenige Punkte beschränken und im Wesentlichen zur Umsetzung der Novelle des Naturschutzgesetzes und zum Bereich FFH bzw. Natura 2000 Stellung nehmen.

Es ist richtig und gut, dass die Landesregierung dem Vertragsnaturschutz absoluten Vorrang einräumt. Das ist die konsequente Linie der Landesregierung, der Vorgängerre

gierungen und der CDU-Fraktion in diesem Land. Wir haben immer gesagt: Der Vertragsnaturschutz steht vor allem anderen, insbesondere vor gesetzlichen oder gesetzesähnlichen Regelungen. Wir wollen Naturschutz im Einklang mit den Besitzern von Grund und Boden, im Einklang mit den Nutzern der Natur, und wir wollen in erster Linie keinen hoheitlichen Eingriffsnaturschutz.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Ich will nur einmal daran erinnern, was alles im Zusammenhang mit der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes diskutiert wurde. Herr Kollege Walter, das ist auch die Wahrheit. Ich will daran erinnern, mit welchen Vorstellungen Sie im Vorfeld immer wieder die Diskussion darüber geführt haben.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Meine Damen und Herren, Partnerschaft im Naturschutz und damit einen effizienten Naturschutz, eine effiziente Erhaltung auch dieser Kulturlandschaft kann man nur dann erreichen, wenn man dies in enger Abstimmung mit all denen macht, die die Natur nutzen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie diese Binsenweisheit bis heute noch nicht gelernt haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das ist der Kern!)

Meine Damen und Herren, der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist das Thema Verschlechterungsverbot. Es wird uns mit Sicherheit – davon bin ich überzeugt – in den nächsten Jahren immer wieder Arbeit machen, einfach deshalb, weil es in einer dicht besiedelten Landschaft – und Baden-Württemberg ist eines der am dichtesten besiedelten Flächenländer – mit einem vielfältigen Anspruch und einer vielfältigen Konkurrenz der Naturnutzungen zweifelsohne und zwangsläufig immer wieder zu der Frage kommen kann: Werden konkret ausgewiesene FFH-Gebiete beeinträchtigt?

Ich will dazu nur so viel sagen: Man muss bei allem – und das gilt insbesondere für großflächig ausgewiesene Gebiete – den Grundsatz walten lassen: Es muss eine Flächennachhaltigkeit innerhalb dieser Natura-2000-Gebiete geben.

(Zurufe der Abg. Ursula Haußmann und Dr. Caroli SPD)

Es geht nicht darum, ob am einen Zipfel einmal irgendetwas herumgeschraubt wird oder an einem anderen.

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Herr Kollege Caroli, ich weise deshalb darauf hin, weil ein guter Teil dieser FFH-Gebiete beispielsweise großflächige Buchenwälder sind.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Popanz! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Buchenwälder?)

Das ist so. – Für einen Großteil dieser Wälder gilt, dass man sie nicht aus der Nutzung herausnimmt, was sich manche von Ihnen unter einem Verschlechterungsverbot vor

stellen, sondern dass man auf der Fläche nachhaltig bewirtschaftet, sodass am Ende von bestimmten Zeiträumen die gleiche Naturqualität erhalten bleibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das schließt aber im Einzelfall eben nicht aus, dass dort auch eingegriffen wird, vor allem dann, wenn der Eingriff sogar der Erhaltung dieser Flächennachhaltigkeit dient.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, das Dritte, das ich ansprechen möchte, ist das Thema „Erarbeitung von Pflege- und Entwicklungsplänen“.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Die Landesregierung hat dazu – auch in der Begründung zum Gesetzentwurf – klare Aussagen gemacht, die völlig richtig sind. Diese Pflege- und Entwicklungspläne müssen mit den Kommunen und mit den Besitzern von Grund und Boden in enger Abstimmung aufgestellt und dann auch in enger Abstimmung umgesetzt werden – mit Vorrang auf vertraglicher Basis. Nur eine enge Abstimmung gewährleistet, dass die Gebiete in der Fläche nachhaltig erhalten bleiben. Das heißt aber auch, dass angesichts der Haushaltslage, in der sich das Land befindet, auch die Aufstellung dieser Pflege- und Entwicklungspläne einer strengen Aufgaben- und Kostenoptimierung bedarf,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Reinhart CDU: Sehr gut! Unbedingt!)

bei der die bereits heute erhobenen, schon vorhandenen Daten in den verschiedensten Bereichen – ich denke beispielsweise an die Naturschutzgebiete, bei denen solche Pflege- und Entwicklungspläne vielfach schon vorliegen, oder an die Forsteinrichtungen – verwendet werden sollten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Letztes noch zum Thema Verträglichkeitsprüfung.

(Zuruf von den Grünen)

Das ist eine Frage, die letztendlich die Umsetzung angeht, nämlich dann, wenn es Ausnahmeregelungen geben soll.

Bei diesen Verträglichkeitsprüfungen wird auch eine entsprechende Übereinstimmung erfolgen müssen, dass FFHGebiete nicht per se Gebiete sind, die gänzlich fernab jeder Beeinträchtigung sein können. Es sind vielmehr Gebiete in einer Kulturlandschaft, die unter Umständen auch beeinträchtigt werden können, wenn ein Ausgleich – gegebenenfalls in unmittelbarer Nähe – möglich ist. Ich will das nur deshalb sagen, weil manche hier meinen, wenn ein FFH-Gebiet ausgewiesen ist, sei dies gegenüber allen Eingriffen gleichsam sakrosankt. Das ist nicht der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war es zu diesem Thema. Wir werden uns darüber bei den Beratungen des Landwirtschaftsausschusses noch ausführlich unterhalten.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Caroli.