Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

(Beifall bei der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes –, Drucksache 13/1424. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Schule, Jugend und Sport zu überweisen. – Sie stimmen zu.

Punkt 8 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Meine Damen und Herren, bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich Ihnen noch ganz kurz sagen, wie viel Zeit Sie noch für Ihre nächsten Reden haben. Die SPD-Fraktion hat ein hervorragendes Zeitbudget und hat noch 13 Minuten und 34 Sekunden. Die CDU-Fraktion hat noch 10 Minuten und 35 Sekunden, die Fraktion der FDP/DVP noch 10 Minuten und 58 Sekunden, und die Fraktion GRÜNE hat unter Berücksichtigung der Zwischenfrage noch 1 Minute und 11 Sekunden.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Kleinmann FDP/DVP zu den Grünen: Ihr alten Schwätzer! – Gegenruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das lag aber nicht an mir! – Abg. Wintruff SPD: Wer war der Übeltäter?)

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesbesoldungsgesetzes – Drucksache 13/1431

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache an den Finanzausschuss überwiesen werden soll. – Es erheben sich keine Widersprüche. Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 13/1431, unter Tagesordnungspunkt 9 an den Finanzausschuss überwiesen.

Tagesordnungspunkt 9 ist damit abgeschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 10:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Ausführung des Grundsicherungsgesetzes und zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes – Drucksache 13/1436

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haas.

(Abg. Schmid SPD: Nein, die Regierung! Die Regie- rung muss den Gesetzentwurf einbringen! – Gegen- ruf des Abg. Alfred Haas CDU: Die ist doch gar nicht da! – Abg. Fischer SPD: So weit sind wir noch nicht! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Erst der Auftritt des Ministers! Baden-Württemberg ist führungs- los! – Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, die Regierung braucht einen Gesetzentwurf nicht unbedingt zu begründen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wieso denn? Die Re- gierung soll gefälligst reden! – Weitere Zurufe)

(Stellv. Präsidentin Beate Fauser)

Die Fraktionen bestehen auf einer Begründung des Gesetzentwurfs durch die Regierung.

(Minister Dr. Repnik: Aber sicher! – Abg. Alfred Haas CDU: Mir ist das egal! – Abg. Carla Bregenzer SPD: In letzter Sekunde abgewendet! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das war aber knapp!)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Repnik.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe heute den Gesetzentwurf zur Umsetzung eines Bundesgesetzes ein, das wir eigentlich gar nicht wollten und auch immer abgelehnt haben. Dies ist der Entwurf des Gesetzes zur Ausführung des Grundsicherungsgesetzes. Wir haben das Grundsicherungsgesetz abgelehnt, weil es verwaltungsaufwendig ist, weil es höchst kostenintensiv ist und im Hinblick auf die Finanzbelastung der Kommunen nicht verantwortbar ist, weil das Geld dem Gesetz in dieser Form nicht folgt. Aber wir sind es gewohnt, dass von der rot-grünen Koalition in Berlin solche Gesetze gemacht werden.

Wir konnten es nicht mehr abschaffen. Die rot-grüne Koalition wurde bestätigt. Damit müssen wir erst einmal leben. Wir versuchen zwar, gemeinsam mit Bayern das noch einmal über den Bundesrat rückgängig zu machen. Ich bin mir aber sicher, dass das schwierig werden wird. Deswegen müssen wir schauen, dass wir im Land Baden-Württemberg damit nun einmal arbeiten können.

Wir wollen Folgendes regeln: Wir wollen, dass die Landeswohlfahrtsverbände die zuständigen Träger für die Grundsicherungen in den Fällen werden, in denen sie Leistungen der stationären Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Bundessozialhilfegesetz schon heute gewähren. Die bestehenden Finanzierungsstrukturen sollen so erhalten bleiben. Wir wollen die Bündelung der Zuständigkeiten bei einem Träger haben.

Zweitens sollen die Landkreise die Möglichkeit erhalten, die Durchführung der Grundsicherung wie bei der Sozialhilfe – dort ist es ja ähnlich – auf kreisangehörige Gemeinden zu delegieren. Dies ist wegen des Bezugs von Grundsicherung und Sozialhilfe bürgerfreundlich und vermeidet zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Die Gemeinden müssten damit arbeiten können. Der Bund gleicht die Mehraufwendungen der Träger der Grundsicherung über die Sozialhilfe teilweise – teilweise! – aus. Auf Baden-Württemberg entfallen rund 32 Millionen €. Wir schätzen, dass wir ca. 100 Millionen € bräuchten.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Oh!)

Das heißt drittens: Es wird ganz schön teuer. Dies wollen wir aber auch einigermaßen ausgleichen. Wir brauchen deswegen ein Gesetz. Die Verteilung auf Stadt- und Landkreise erfolgt zunächst vorläufig und entsprechend dem Anteil der jeweiligen Kreise an den Ausgaben für das Wohngeld. Vorweg erfolgt ein Abzug von 5 % für die Landeswohlfahrtsverbände zur Bewältigung ihrer Aufgaben.

Viertens: Da die Grundsicherung teilweise an die Stelle der Sozialhilfe tritt, beziehen wir die Grundsicherungsleistungen in den Soziallastenausgleich nach dem Finanzausgleichs

gesetz mit ein. Damit werden überdurchschnittliche Belastungen einzelner Stadt- und Landkreise, die vor allem große Einrichtungen der Behindertenhilfe haben, ausgeglichen. Die kommunalen Landesverbände, die Behindertenverbände, die Landeswohlfahrtsverbände haben dem auch schon zugestimmt. Wir sind auf einem guten Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte Sie einfach, diesem Gesetz im weiteren Verlauf des Verfahrens zuzustimmen.

Ich bedanke mich.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Gute Rede! – Minister Dr. Repnik: Kurz und knackig! – Abg. Alfred Haas CDU: Bei diesem Gesetz kann man keinen Beifall geben!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haas.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Die CDU-Fraktion lehnt das Grundsicherungsgesetz des Bundes ebenfalls ab. Wir sind aber geradezu gezwungen, dieses Ausführungsgesetz zu beschließen.

Es ist völlig klar, dass mit diesem Gesetz die Kommunen geprügelt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das muss einmal deutlich gesagt werden. Es ist im Übrigen das erste Sozialgesetz, das Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag eingebracht und durchgesetzt haben, seit es die Bundesrepublik Deutschland gibt, und damit wird ausgerechnet Sozialpolitik auf Kosten der Kommunen gemacht.

Gestern hat der Präsident des Landkreistags, Herr Dr. Wais, gesagt, das Grundsicherungsgesetz sei zur jetzigen Zeit der hellste Wahnsinn. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Dann hören Sie doch auf!)

Es wird auch begründet, weshalb es der hellste Wahnsinn ist, nämlich ganz einfach deshalb, weil die Städte, Gemeinden und Landkreise mit dem Rücken an der Wand stehen, da sie Finanzprobleme haben. Es ist schlicht und einfach nicht verantwortbar, das Grundsicherungsgesetz in Kraft treten zu lassen.

Wenn man sich die Koalitionsvereinbarung anschaut, wird deutlich, wie viele weitere kommunalfeindliche Gesetze auf den Weg gebracht werden, welche kommunalfeindliche rotgrüne Bundespolitik auf den Weg gebracht wird. Und wenn man einmal schaut, welche riesigen Kosten dahinter stehen, wird der kommunalpolitische Offenbarungseid deutlich.

Ich habe viel zu wenig Redezeit. Ich habe einen Horrorkatalog mit zwölf Punkten, die ab 1. Januar 2003 auf die Kommunen zurollen, dabei. Die 48 Steuererhöhungsgesetze wurden heute Morgen schon angesprochen. Es ist schlicht und einfach so, dass das Geld des Bundes für die Umsetzung des Gesetzes nicht ausreicht. Der Minister hat es schon gesagt. In der Zweiten Beratung werden wir einen konkreten Antrag im Zusammenhang mit den zu erwartenden Kosten vorle

gen. Im Moment laufen dazu bei den Landkreisen die Erhebungen. Ich habe zwei Beispiele dabei. Der Landkreis Rottweil rechnet schon jetzt mit einem Defizit, ohne die Sachund Personalkosten, von 866 000 €. Es kommen rund 300 000 € für die Sach- und Personalkosten hinzu. Beim Landkreis Biberach sind es 1,3 Millionen € Defizit plus ebenfalls rund 300 000 € Personal- und Sachkosten. Das Grundsicherungsgesetz hat unfreiwillige Mitfinanzierer, nämlich die Landkreise, und das darf eben nicht Sache sein.

Vor allem – das ist das größte Problem – ist die Gegenfinanzierung, die bei diesen ganzen kommunalen Maßnahmen zum Teil angedacht ist, ja das Hartz-Konzept.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie haben keine Ah- nung, Herr Haas! Das zeigt sich hier wieder!)

Das ist der größte ungedeckte Scheck bei vielen anderen kommunalen Maßnahmen. Das muss einmal deutlich gesagt werden, auch wenn Sie sagen, wir hätten keine Ahnung.

(Beifall bei der CDU)

4,5 Milliarden € sind den Kommunen sozusagen über das Hartz-Konzept zugesichert.

(Abg. Schmid SPD: Aber nicht bei der Grundsiche- rung!)

Nicht bei der Grundsicherung, aber bei vielen anderen Dingen. Das verstärkt ja die Situation geradezu. Sie müssen sich einfach einmal anschauen, was dazu kommentiert wird. Ich habe den Kommentar eines ver.di-Personalrats der Bundesanstalt für Arbeit dabei. Das sollten Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen:

Wir haben Gerster bekommen, die Hartz-Kommission, und letzte Woche hatten wir eine Bombendrohung. Ich will jetzt nicht bewerten, was am schlimmsten ist.

Das macht die Situation bei dem Reformgeist deutlich.