(Abg. Oelmayer GRÜNE: Aber die Verwaltungs- strukturreform wollt ihr doch auch nicht machen! Was wollt ihr denn dann machen? Gar nichts?)
Ich möchte auch an die Ausschussberatung im Dezember erinnern, wo wir uns eigentlich weitestgehend einig waren,
dass der Positivkatalog abgeschafft werden soll. Halten wir also fest, dass sich hier schon etwas getan hat.
Jetzt müssen wir noch darüber reden, wie wir beim Negativkatalog vorgehen. Hier gibt es sicherlich verschiedene Möglichkeiten. Es gibt bei uns in der Fraktion die Tendenz, den Negativkatalog gegenüber dem jetzigen Zustand sogar noch weiter zu entschlacken. Das heißt, wir wollen eigentlich eine recht knapp gefasste Version haben.
Wir sind uns zum Beispiel mit dem Gemeindetag einig, dass wir in den Negativkatalog nicht unbedingt Gegenstände aufnehmen müssen, die von vornherein schon qua Gesetz klar geregelt sind. Um es zu verdeutlichen, nenne ich ein Beispiel: Satzungen über den Anschluss- und Benutzungszwang stehen nicht zur Diskussion und zur Disposition. Diese können keinem Bürgerbegehren zugänglich gemacht werden.
Für mich noch offen ist die Frage – da müssen wir sowohl mit dem Koalitionspartner als auch mit dem Gemeindetag und auch mit dem Innenministerium noch einmal reden –:
Wie sieht es im Bereich der Bauleitplanung aus? Da bin ich offen, was die Frage anbelangt, ob man das doch noch in den Negativkatalog aufnimmt. Dieser Punkt muss noch geklärt werden. Aber ich glaube, da sind wir uns relativ schnell einig.
Beratungs- und auch Prüfungsbedarf sehen wir dagegen wirklich noch bezüglich des Quorums. Hier müssen wir uns noch mit der FDP/DVP abstimmen, ob wir den Schritt von 30 auf 25 % machen. Ich will aber in diesem Zusammenhang noch etwas sagen, Herr Oelmayer, wenn Sie mich so nett anschauen.
Baden-Württemberg hat im Jahr 1956 als erstes Bundesland, lange vor allen anderen Bundesländern, das Bürgerbegehren und die Bürgerbeteiligung eingeführt.
Die anderen Bundesländer kamen 35 Jahre später. Ich will nur noch einmal gesagt haben, dass wir dem Gedanken, die Bevölkerung partizipieren zu lassen, eigentlich schon sehr früh gefolgt sind. Ich glaube auch, dass der Wegfall des Positivkatalogs für sich allein genommen schon eine deutliche Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und der Mitwirkungsrechte bringt. Wir müssen also einfach prüfen, ob wir den zuvor angesprochenen Schritt noch tun, und ich glaube, dass wir Ihnen schon im ersten Halbjahr 2003 eine Lösung vorschlagen können.
Ich glaube auch – und das ist der dritte Punkt, den ich als Randbemerkung bringen möchte –, dass wir hinsichtlich der Herabsetzung der Bindungswirkung von drei Jahren auf ein Jahr einen entsprechenden Schritt tun. Das könnte ich mir jedenfalls vorstellen.
Lassen Sie mich zusammenfassen. Im Sinne der Ausführungen meines Kollegen Schneider in Freiburg möchte ich,
dass wir trotz der Nebensächlichkeit dieser Bestimmung, wenn man demgegenüber die finanzielle Situation sieht, die die Kommunen im Moment doch erheblich plagt, bereit sind, die Änderung durchzuführen, was den Positivkatalog angeht. Wir werden auch die Absenkung des Quorums prüfen und diese Frage möglichst im ersten Halbjahr 2003 erledigen. Ich denke, dass wir damit einen Schritt weitergekommen sind.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Oelmayer GRÜNE: Also, Sie prüfen erst! Wie lange?)
Meine Damen und Herren, das ist schon eine seltsame Rollenverteilung. Wenn wir, wie heute Morgen, große Vorhaben vorschlagen, dann handeln wir uns den Vorwurf ein, wir würden zu große Sprünge machen oder zu groß ansetzen und vielleicht sehr weich oder gar nicht landen. Wenn kleine Schritte auf der Tagesordnung stehen, dann sind das aus Ihrer Sicht entweder Nebensächlichkeiten, Nebensächlichkeiten, die Sie dann selbst definieren, oder Sie sind noch in der Beratung, in der Prüfung. Mit anderen Worten, Sie kommen nicht zu Potte. Bei den großen Vorhaben fehlen Ihnen Alternativen, Mut und Kraft zum großen Wurf, und bei den kleinen Dingen werden Sie sich nicht einig. Das ist der Befund.
(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Das war schön formu- liert! Aber ob es richtig war? – Zuruf des Abg. Hauk CDU – Zurufe von der SPD)
Danke. – Meine Damen und Herren, die Herabsetzung des Quorums für Bürgerentscheide von 30 auf 25 % scheint, wie es Herr Heinz heute oder auch an anderer Stelle schon zutreffend ausgeführt hat, nicht das wirklich elementare Änderungsbegehren zu sein, obwohl wir uns auch mit einem Quorum von 25 % noch über der Grenze bewegen würden, die im Freistaat Bayern gilt. Andere Bundesländer haben also großzügigere Regelungen und leben gut damit.
In diesem Haus haben wir auch schon darüber diskutiert, ob Missbrauchsfälle vorliegen. Das kann man für Baden-Württemberg in der Vergangenheit nicht konstatieren. Das kann man auch für andere Bundesländer, die liberalere Regelungen haben, nicht konstatieren. Die Gefahr des Missbrauchs besteht bei der angesprochenen Reduzierung des Entscheidungsquorums für Bürgerentscheide also nicht.
Hinsichtlich der Erweiterung der Angelegenheiten, für die künftig ein Bürgerbegehren bzw. ein Bürgerentscheid zulässig sein soll, habe ich ja einen gewissen Konsens herausgehört. Danach ist man hier durchaus bereit, die betreffenden Möglichkeiten im Sinne einer effektiven Bürgerbeteiligung zu erweitern. Das läge auch in unserem Interesse.
Dann stellt sich die Frage, wie man das organisiert. Der bisherige Negativkatalog hat ja viele Vorhaben, die gerade für die Gemeinden von großer Bedeutung sein konnten, von vornherein faktisch ausgeschlossen. Wir sind uns darüber einig, dass man diesen Katalog zukünftig wegfallen lässt.
Weiter stellt sich die Frage, wie man den Negativkatalog gestaltet, der diejenigen Gegenstände enthält, bei denen Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheide nicht zum Zuge kommen können. Darüber, Herr Heinz – das haben wir schon im Ausschuss angekündigt –, kann man mit uns nach wie vor reden. Es ist wahrscheinlich eine Frage der Praktikabilität. Bei bestimmten Angelegenheiten ist die Zulässigkeit von Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheiden sicher von vornherein per se ausgeschlossen. Das gilt etwa für die Regelung der Rechtsverhältnisse der Bürgermeister oder der Beziehungen zwischen Gemeinderat und Bürgermeister. Eine Entscheidung darüber kann man sicher nicht einem Bürgerentscheid unterstellen. Regelungen über den Anschluss- und Benutzungszwang dürften auch ausgeschlossen sein.
Bei Bebauungsplänen kann man sich in der Tat fragen – das ist ja mit einer der wichtigsten Bereiche für die kommunalpolitische Entwicklung –: Nimmt man das in den Negativkatalog auf? Wir waren der Meinung: Im Bundesbaugesetz, im Baugesetzbuch sind schon dezidierte Regelungen über die Bürgerbeteiligung enthalten. Danach können die Bürger innerhalb bestimmter Fristen Einwendungen erheben. Wir haben dort also schon ein sehr stark formalisiertes Verfahren, das man an sich – –
Ansonsten kann man über den Negativkatalog reden. Uns sind einfache, klare Regelungen lieber als komplizierte, gerade weil sie für den Bürger auch praktikabel sein sollen.
In diesem Zusammenhang noch eine Bemerkung: Heute Morgen wurde der Vorwurf erhoben, wir würden den Bürgern nicht vertrauen. Herr Schneider hat vorhin in der Debatte ebenfalls in den Raum gestellt, wir würden den Bürgern nichts zutrauen. Wir trauen den Bürgern sehr wohl viel zu und wollen sie deshalb durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheide verstärkt aktiv in die Kommunalpolitik einbeziehen.
Wir würden uns freuen, wenn Sie die Prüfung, die Sie im Ausschuss ja auch angekündigt haben – Sie haben sich zu den einzelnen Problemen ja sehr differenziert geäußert –, endlich einmal abschließen würden und vielleicht zu einer gemeinsamen Willensbildung kämen.
Wenn es tatsächlich nur ein kleines Problem ist, wie Sie immer sagen, dann müssten Sie ja irgendwann einmal zu Potte kommen und vielleicht bald auf unseren Gesetzentwurf eingehen. Wir sind zu Verhandlungen über Einzelpunkte bereit. Einen Grundkonsens habe ich heute herausgehört. Ich glaube, nun sollte man ihn auch auf dem Gesetzgebungsweg umsetzen, zumal es sich hier ja, Herr Dr. Glück, um ein zutiefst liberales Anliegen handelt.
Ich würde sagen: Die FDP/DVP müsste doch mit fliegenden Fahnen auf einen solchen Gesetzentwurf einschwenken.
Meine Damen und Herren, die Argumente sind ja ausgetauscht. Wir haben bei der Ersten Beratung alle Argumente auf dem Tisch gehabt. Der Herr Minister hat dazu Stellung genommen. Sie haben heute – wie gesagt: Kompliment! – differenziert Stellung genommen. Auch Sie von der FDP/ DVP haben das getan. Was hindert Sie denn dann noch, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen? Springen Sie über Ihren Schatten, und stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu!