Um den Tierschutz ist es in Baden-Württemberg gut bestellt. Wir haben vor nicht allzu langer Zeit den Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung hineingebracht;
wir haben einen sehr, sehr kompetenten Landesbeirat, und ich denke, im Ministerium und in den nachgeordneten Dienststellen wird in Sachen Tierschutz eine hervorragende Arbeit geleistet. Wir wollen den Tierschutz!
Aber, meine Damen und Herren, wir wollen keinen Aufbau zusätzlicher bürokratischer Strukturen. Wenn die kommunalen Landesverbände es jetzt ebenfalls abgelehnt haben, dieses Amt neu zu schaffen, dann haben sie gute Gründe dafür. Dann ist es einfach lächerlich, ihnen vorzuwerfen, sie hätten das nur aus Angst vor einem scheinbaren Kompetenzverlust getan.
Auch der Landestierschutzbeirat – Sie haben es vorhin bereits erwähnt – lehnt die Einführung dieses Amtes mehrheitlich ab.
Meine Damen und Herren, der Tierschutz ist in BadenWürttemberg in guter Hand. Selbstverständlich ist nichts so gut, dass es nicht noch verbessert werden könnte. Dieser Aufgabe stellen wir uns, aber, wie gesagt, ohne einen Aufbau neuer bürokratischer Strukturen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Tierschutz ist ins Grundgesetz und in die Landesverfassung aufgenommen worden – fraktionsübergreifend, mit Unterstützung aller Fraktionen. Die Aufnahme des Tierschutzes in unsere Verfassungen hat aber mehr als nur symbolischen Charakter. Sie beinhaltet einen
klaren Handlungsauftrag. Aus diesem Verfassungsrang ergibt sich für alle staatlichen Organe die Pflicht, verfahrensrechtliche Normen zu schaffen, durch die ein effektiver Schutz der Tiere erreicht wird, und zwar ganz konkret im Hinblick auf artgerechte Haltung, die Verhinderung vermeidbarer Leiden und die Vermeidung einer Zerstörung der Lebensräume der Tiere.
Wir Grünen halten die Einrichtung eines unabhängigen Amtes eines oder einer Landestierschutzbeauftragten für ein geeignetes Instrument, diesen Verfassungsrang konkret umzusetzen.
Sie haben im Wesentlichen drei Argumente vorgetragen, weshalb Sie der Einrichtung eines solchen Amtes nicht zustimmen. Sie haben gesagt, den Belangen des Tierschutzes werde in Baden-Württemberg ausreichend Rechnung getragen. Sie haben das Bürokratieargument genannt, und Sie haben die zusätzlichen Kosten benannt.
Da möchte ich Sie aber einmal daran erinnern, dass Sie ohne Skrupel für die Einrichtung einer B-9-Stelle in der Landesvertretung in Berlin gestimmt haben.
Aber für das Amt eines Tierschutzbeauftragten, wo es um Millionen von Tieren geht, die nicht selbst für sich sprechen können, haben Sie Bedenken, und da zählen plötzlich die zusätzlichen Kosten. Wir halten das für ein Scheinargument, was Sie hier vortragen.
Zum Zweiten: Wir haben in unserem Gesetzentwurf ganz klar gesagt, dass wir eine kostenneutrale Umsetzung wollen. Wir haben bereits heute ein Referat Tierschutz im Landwirtschaftsministerium. Selbstverständlich wollen wir, dass dessen Mittel für das Amt eines Tierschutzbeauftragten umgeschichtet werden.
Zum Stichwort Bürokratie: Im Landestierschutzbeirat wurde auch von den Vertretern der Tierschutzorganisationen gesagt, dass es in Hessen, wo es eine Landestierschutzbeauftragte gibt, keinesfalls zu mehr Bürokratie gekommen ist. Im Gegenteil, in Hessen findet eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen der Landestierschutzbeauftragten, den Veterinärämtern, den Tierschutzorganisationen und allen anderen Organisationen, die im Tierschutz relevant sind, statt. Darüber hinaus leistet diese Landestierschutzbeauftragte eine hervorragende Öffentlichkeitsarbeit und trägt zur Sensibilisierung für Themen des Tierschutzes und der Prävention erheblich bei.
Der Landestierschutzbeirat hat deshalb mehrheitlich vorgeschlagen, dass sich der zuständige Ausschuss des Landtags
in einer Anhörung mit dem Amt des Landestierschutzbeauftragten befasst, weil der Landestierschutzbeirat mehrheitlich eine institutionelle Aufwertung des Tierschutzes in Baden-Württemberg wünscht. Das haben Sie abgelehnt. Ich halte es für ein Armutszeugnis, dass die Mehrheit des zuständigen Ausschusses, wenn der Landestierschutzbeirat, der eingerichtet wurde, um die Landesregierung und den Landtag zu beraten, diese Empfehlung gibt, sich einfach darüber hinwegsetzt. Das ist ein Armutszeugnis und zeigt, wie wenig Ihnen der Tierschutz tatsächlich wert ist.
Das Gleiche gilt für Sie, Herr Minister Stächele. Für Sie hat der Landestierschutzbeirat, den Sie verbal immer so hochhalten, ebenfalls nur eine Alibifunktion. Sonst wäre es nicht passiert, dass Sie den Landestierschutzbeirat beauftragen, eine Stellungnahme zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur neuen Schweinehaltungsverordnung in Baden-Württemberg auszuarbeiten, dass Kommissionen des Landestierschutzbeirats eingerichtet werden und Sie bereits ein Jahr vorher heimlich, ohne dass dies öffentlich wird, ohne dass Sie den Landestierschutzbeirat informieren, einen Brief an die Landwirtschaftsministerin Renate Künast schreiben, in dem Sie sie auffordern, die EU-Richtlinie 1 : 1 umzusetzen, das heißt, im nationalen Recht keine höheren Anforderungen an den Tierschutz zu stellen.
Im Klartext: Im Gegensatz zu dem, was Sie sagen, nämlich dass Tierschutz für Sie einen hohen Stellenwert habe, zeigen Ihr Umgang mit diesem Gesetzentwurf, Ihre Blockade einer institutionellen Verbesserung und Ihre Scheinargumente, dass bei weitem noch nicht die Bereitschaft besteht, den Tierschutz auch real ernst zu nehmen, Präventionsarbeit zu leisten, sich als Landtag ernsthaft damit zu befassen. Deshalb werden wir auch weiterhin dieses Anliegen verfolgen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte hat auf jeden Fall den Sinn, dass wir uns wieder Gedanken machen über das, was Tierschutz ist und was es noch weiterzuentwickeln gilt.
Ich denke, Tierschutz ist ein Grundanliegen unserer Gesellschaft. Das hat sich immer mehr herumgesprochen.
Ich möchte zuallererst einmal denen danken, die in sehr großer Zahl ehrenamtlich tätig sind und ohne viel Aktionismus und Bürokratie den Tierschutz verwirklichen.
Um das gleich abzuräumen, was Sie, Frau Rastätter, am Schluss Ihrer Rede zu der Schweinehaltungsverordnung und Frau Künast gesagt haben: Das wird leider ein Eigentor; denn, liebe Frau Rastätter und verehrte Damen und Herren der Fraktion GRÜNE,
in der Tat hat der Minister vor einem Jahr Frau Künast angeschrieben, aber nicht, weil er den Tierschutzbeirat umgehen wollte, sondern weil ich Frau Künast raten wollte, doch endlich etwas zu tun.
Denn bis heute liegt uns kein Entwurf einer Verordnung, nicht einmal für eine Umsetzung der EU-Verordnung im Verhältnis 1 : 1 vor. Wenn sie vor einem Jahr auf diesen Brief hin wenigstens den kleinen Schritt getan hätte, hätten wir schon wieder ein Stück Tierschutz gewonnen. Sie hat gar nichts getan. Deswegen: Mir vorzuwerfen, ich hätte den Tierschutzbeirat umgangen, ist weit hergeholt, liebe Frau Rastätter. So ernst haben Sie das sicherlich nicht gemeint. Schreiben Sie nach Berlin, telefonieren Sie mit Berlin, damit Frau Künast zumindest einmal den ersten Schritt tut.