Protokoll der Sitzung vom 19.02.2003

Er fährt fort, es sei eine Illusion, dass die in den nächsten Jahren durch geburtenschwächere Jahrgänge frei werdenden Kindergartenplätze einfach in Plätze für Kleinkinder umgewidmet werden könnten. Dass dies möglich wäre, haben Sie uns ja gerade erzählt, Herr Kollege Haas.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das ist ja auch so! Die haben keine Ahnung! – Abg. Drexler SPD: Mär- chen! – Abg. Teßmer SPD: Haas’ Märchenstunde!)

Diese Zitate zeigen: Die Landesregierung verbreitet die Unwahrheit, wenn sie behauptet, mit ihrem Gesetzentwurf sei ein Ausbau des unzulänglichen Betreuungsangebots im Land machbar.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Sie werden staunen! Die gleichen Hor- rorszenarien haben Sie 1998 auch schon gemacht! – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Wonnay, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Hauk?

Aber gern.

Bitte schön.

Frau Kollegin Wonnay, ist es richtig, dass bei zurückgehenden Kinderzahlen ein Zubau möglich sein wird, wenn der Landeszuschuss gleich bleibt?

(Minister Dr. Christoph Palmer: Sehr gut! – Abg. Drexler SPD: Ein was? Ein Zubau? – Abg. Zeller SPD: Sie wollen gar nicht mehr Kinder! Das ist doch klar!)

Herr Kollege, nachdem Sie viele Jahre in diesem Bereich nicht das Notwendige getan haben, hat Baden-Württemberg einen riesigen Nachholbedarf,

(Abg. Hauk CDU: Das ist doch gar nicht wahr!)

sowohl was die Quantität als auch was die Qualität betrifft. Den werden Sie mit Ihrem Gesetzentwurf gerade nicht befriedigen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Zeller SPD: Und wenn die Angebote besser sind, gibt es auch wieder mehr Kinder!)

Die Kommunen haben Ihnen klipp und klar gesagt: Wenn das Land sich nicht stärker finanziell beteiligt – ich habe Ihnen die Äußerungen ja zitiert –, dann ist der Ausbau eben nicht machbar.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Diese den gegenwärtigen Status quo festschreibende Politik der Landesregierung – ich sage Ihnen das in großer Deutlichkeit – ist für unsere Kinder, ist für die Familien im Land verhängnisvoll.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Baden-Württemberg – das wissen Sie sehr wohl, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen – ist, was die Kleinkindbetreuung, was die Schulkindbetreuung, was die Ganztagsbetreuung anbetrifft,

(Abg. Alfred Haas CDU: Jetzt kommt es!)

eben nicht Spitze, sondern ist in allen drei Bereichen Schlusslicht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Nicht wahr!)

Doch. So ist es.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! – Abg. Alfred Haas CDU: Stimmt eben nicht!)

Ich darf Sie nur an die McKinsey-Studie erinnern. Sie glauben doch nicht, dass die Eltern in Baden-Württemberg und die Befragten zu Unrecht, was die Zufriedenheit mit dem Kinderbetreuungsangebot betrifft,

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Ihnen gemeinsam mit dem Saarland den letzten Platz unter den Bundesländern zugerechnet haben.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Ja, die habe ich mit eingerechnet.

(Abg. Alfred Haas CDU: Tagesmütter, Frau Won- nay! Sie wollen sie nicht!)

Ach, Herr Haas. Erzählen Sie doch keinen Unsinn! Ausgerechnet der SPD, die sich immer für die Tagespflege eingesetzt hat, wollen Sie dieses Angebot absprechen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das haben Sie in Ihrem Entwurf gar nicht drin gehabt!)

Dummes Zeug! Hören Sie zu, Herr Kollege Haas, Sie können nur lernen.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Wo leben Sie eigentlich? Wir sind in Baden-Württemberg!)

Wenn Sie so laut werden, dann spricht das dafür, dass es trifft, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Sie hören doch weder auf die Anforderungen aus dem Bereich der Familien noch auf das, was Ihnen die Wirtschaft sagt. Wenn Sie neulich die Anhörung der IHK hier in Stuttgart miterlebt hätten, wo ein besseres – –

(Abg. Alfred Haas CDU: Da waren Sie ja gar nicht dabei!)

Nein, aber ich bin – offensichtlich im Gegensatz zu Ihnen – in der Lage, Zeitung zu lesen.

(Unruhe)

Bei dieser Anhörung wurde noch einmal deutlich gemacht, dass der Ausbau der Kinderbetreuung ein wesentlicher Standortfaktor ist.

(Abg. Alfred Haas CDU: Aber nicht von Staats we- gen!)

Dieser Gesetzentwurf mit der Festschreibung des Status quo wird eben nichts an der Schlusslichtposition ändern.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das wird doch nicht vom Staat gemacht!)

Was müsste ein Gesetzentwurf leisten, der das Kinderbetreuungsangebot im Land wirklich voranbringt? Ein solcher Gesetzentwurf muss auf drei zentrale Zukunftsfragen

(Abg. Capezzuto SPD: Haas, zuhören!)

Antwort geben. Er muss eine Antwort darauf geben, wie wir rasch – und ich betone: rasch – mehr Betreuungsplätze für Kleinkinder und für Schulkinder sowie Ganztagsplätze schaffen. Und dafür brauchen wir ein Finanzierungskonzept – und das unterscheidet uns –,

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Als Erstes brauchen wir Familien dafür, dann können wir weiterreden!)

das eben nicht nur die Verantwortung auf die Kommunen abwälzt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Zum Zweiten: Nicht erst seit PISA wissen wir, dass in den ersten sechs Jahren der Grundstein für die Bildung gelegt wird. Deshalb muss ein Gesetzentwurf, wenn er zukunftweisend sein soll, konkrete Regelungen enthalten, wie der Bildungsauftrag gestärkt werden soll. Aber dazu, lieber Herr Minister,

(Abg. Bebber SPD: Was heißt hier „lieber“?)