(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wintruff SPD: Ich wollte doch noch eine Frage stellen!)
Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/1665, und den Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/1801, an den Ausschuss für Schule, Jugend und Sport zu überweisen. – Sie stimmen der Überweisung zu.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Schulpädagogische und schulpsychologische Fundierung des Studiums für das höhere Lehramt an Gymnasien und beruflichen Schulen – Drucksache 13/692
Meine Damen und Herren, wem von der SPD darf ich das Wort erteilen? – Herr Professor Kaufmann, bitte.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zunächst etwas zum bildungspolitischen Hintergrund unseres Antrags auszuführen.
Wer die Diskussion über Lehrerbildung an den Universitäten aufmerksam verfolgt, wird sicher bemerkt haben, dass die Ausbildung insbesondere im Bereich der pädagogischen und psychologischen Fundierung im Lehramtsstudium oft als nicht ausreichend beschrieben wird.
In vielen Bundesländern haben in der Tat Reformüberlegungen eingesetzt, die eine Neuorientierung ins Auge fassen und auch den entsprechenden Empfehlungen der Gutachten des Deutschen Wissenschaftsrats, der Hochschulrektorenkonferenz sowie der KMK-Kommission folgen wollen und sich an diesen orientieren.
Auch durch die Ergebnisse der PISA-Studie wurde deutlich, dass die Lehrerausbildung auf den Prüfstand gehört
und dass sich für die Ausbildung die Frage nach den notwendigen Kompetenzen für diesen Beruf stellt. Die Ausbildung hat sich in der Tat stärker an den tatsächlichen Erfordernissen – man könnte auch sagen: an der Praxis – zu orientieren, und sie muss zudem systematischer organisiert werden.
Dafür gibt es eine Zuständigkeit und eine Verantwortung. Diese liegt bei der Landesregierung. Wir möchten, dass diese Verantwortung wahrgenommen wird.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch mit der Verortung der Lehrerbildung an den Universitäten auseinander setzen. Sie hat in der Regel keinen eigenen Fachbereich, sondern ist quer zu den herkömmlichen Fächern und deren Fachbereichsstruktur organisiert. Dies verhindert oft leistungsfähige Kooperationsstrukturen und erschwert eine Ausrichtung am Berufsfeld der angehenden Pädagogen. Wir möchten die Diskussion in diesem Bereich gern voranbringen, und wir werden dies mit eigenen Vorschlägen hier im Landtag fortsetzen, meine Damen und Herren.
Ich komme nun zu den Punkten unseres Antrags. Er bezog sich im ersten Teil, der die pädagogischen und psychologischen Grundlagen in der Ausbildung der Lehrer für den höheren Dienst an Gymnasien und beruflichen Schulen betrifft, zunächst einmal auf die Personalstellen. Wir wollten schlicht und ergreifend wissen, wie sich die Stellenzahlen an den Universitäten in diesem Ausbildungsbereich entwickelt haben. Was war die Antwort des Ministeriums? „Wir wissen es nicht.“ Meine Damen und Herren, das können wir so nicht hinnehmen. Auch wenn man sich darauf beruft, dass die amtliche Statistik das nicht ausweist, liegt es in unserer Verantwortung und ist es unsere Aufgabe, hier etwas genauer nachzufassen. Denn ohne entsprechendes Personal kann es auch das notwendige Bildungsangebot nicht geben.
Wenn wir diese Verantwortung sachgerecht wahrnehmen wollen, müssen wir dezidiert in die einzelnen Bereiche hineinschauen. Die Stellungnahme der Landesregierung verschweigt beispielsweise, dass es im Bereich der Fachdidaktik so gut wie keine eigenen Professuren gibt. Ich verweise da auf die so genannte Ulmer Erklärung von Hochschullehrern, die auf die Entwicklung im Bereich der Erziehungswissenschaften hingewiesen haben. Wir brauchen dabei nicht alles, was dort gesagt wurde, 1 : 1 zu übernehmen.
Dem stimmen Sie mit Ihrem Nicken zu. – Die Kooperationen mit den Pädagogischen Hochschulen unterstützen wir. Aber es muss auch originäre Forschung, empirische Bildungsforschung an den Hochschulen geben. Dazu brauchen wir das notwendige Personal.
Was den zweiten Teil unseres Antrags betrifft, meine Damen und Herren, war unsere Aufmerksamkeit auf die Struktur- und Entwicklungspläne gerichtet. Wir müssen einfach danach fragen: Schlägt sich eine national und international konkurrenzfähige Ausbildungskonzeption auch in den Strukturplänen und Entwicklungsplänen an den Universitäten nieder? Dazu war die Stellungnahme der Landesregierung ebenfalls nicht befriedigend: Struktur- und Entwicklungspläne lagen zu dem Zeitpunkt, als die Stellungnahme zu dem Antrag erarbeitet wurde, offensichtlich nicht vor. Die Besetzung der angefragten erziehungswissenschaftlichen Lehrstühle war nicht abgeschlossen. Die Frage nach dem Stand der notwendigen Versorgung mit Absolventen der Lehramtsstudiengänge blieb unbeantwortet.
Im letzten Teil des Antrags hatten wir noch die konzeptionelle Ausrichtung der lehramtsbildenden Studiengänge abgefragt. Hier, denke ich, sollten wir uns damit beschäftigen, wie eine bessere Verzahnung der Lehrerbildung in den einzelnen Phasen der Ausbildung erreicht werden kann, wie sie stärker praxisorientiert wird. Wir fordern daher ein Praxisjahr nach dem Grundstudium für alle Lehrämter. Wir plädieren für eine Stärkung der pädagogisch-psychologischen Grundlagenwissenschaften, für eine Verstärkung der empirischen Bildungsforschung und für ein Ausbildungs- und Studienkonzept, das von Anfang an theoretische und berufspraktische Elemente verbindet. Bitte begleiten Sie uns auf diesem Weg.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mein Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt beruht auf meinen tagtäglichen Erfahrungen als Schulleiter eines Gymnasiums.
Sie werden an meinen Ausführungen erkennen können, dass es mir persönlich weniger um die theoretische und institutionelle Fundierung dieses überaus wichtigen Themas geht als vielmehr um die praktische Umsetzung. Sie haben das ja angedeutet, Herr Kollege.
Die Ergebnisse der PISA-Studie, bei der Baden-Württemberg im Ländervergleich eine erfreuliche Spitzenstellung einnimmt, haben eindrucksvoll belegt, dass notwendige Reformen – Sie haben das vorhin auch gesagt – nicht nur bei den Lehrplänen ansetzen müssen, sondern auch und vor allem im Bereich der Lehreraus- und -fortbildung. Gerade im Bereich des ersten Abschnitts, der Ausbildung für das höhere Lehramt, ist mit der wissenschaftlichen Prüfungsordnung vom 13. März 2001 ein erster und meines Erachtens auch wichtiger und grundlegender Schritt getan worden. Die schon in den früheren Prüfungsordnungen vorgeschriebene
pädagogisch-didaktische Komponente des Gymnasiallehrerstudiums wurde – das ist auch eine Forderung von Ihnen – beträchtlich gestärkt und zudem durch einen weiteren Block, nämlich den Block des ethisch-philosophischen Grundlagenstudiums, erweitert.
Ganz neu in der wissenschaftlichen Prüfungsordnung ist auch das verpflichtende Schulpraxissemester für künftige Lehramtskandidaten, das Sie – Herr Kaufmann, Sie haben es gesagt – gerne im Anschluss an das Grundstudium positionieren wollen. Mir wäre es lieber, wenn wir es vor dem Grundstudium und im Grundstudium platzierten.
Insofern ist meines Erachtens die in der Drucksache 13/692 angesprochene schulpädagogische Fundierung des Studiums durch diese Prüfungsordnung gegeben. Es ist aus meiner Sicht ein vordringlicher Bedarf, die bereits vorliegenden – zugegebenermaßen ersten – Erfahrungen und Ergebnisse aus dem Schulpraxissemester zu sammeln und selbstverständlich auch einer kritischen Diskussion und natürlich auch einer Bewertung zuzuführen. Was wir im Augenblick natürlich noch nicht leisten können, ist die kritische Diskussion und Bewertung des durch die neue Prüfungsordnung jetzt vorgeschriebenen pädagogischen Begleitstudiums und des ethisch-philosophischen Grundlagenstudiums. Das wird erst in einigen Jahren möglich sein, nämlich dann, wenn die ersten Absolventen nach der neuen Prüfungsordnung den zweiten Abschnitt ihrer Ausbildung, das Referendariat, angetreten haben.
Es wird aber richtigerweise kritisch zu prüfen sein, in welcher Hinsicht die neuen Komponenten in den Lehramtsstudiengängen dem vorrangigen und meines Erachtens unumstrittenen Ziel der besseren Lehrerausbildung dienlich sind.
Meine Damen und Herren, ich möchte mir in diesem Zusammenhang noch eine kritische Anmerkung erlauben. So sinnvoll die neuen Komponenten im Lehramtsstudium auch sind: Wir dürfen nicht vergessen, dass die Zahl der durch die neue Prüfungsordnung vorgeschriebenen Kurse und Semesterwochenstunden zunehmen wird. Wenn wir dies im Kontext der dringend notwendigen und allzeit befürworteten Studienzeitverkürzung sehen, dürfen wir diesen Interessen- und Zielkonflikt meines Erachtens nicht aus den Augen verlieren.
Ich möchte noch auf einen zweiten Punkt zu sprechen kommen. Der Landtag hat beschlossen, das Selbstauswahlrecht der Hochschulen entscheidend zu stärken. Damit steht künftig auch das Instrument der Auswahl der für das Lehramt besonders geeigneten Kandidaten zur Verfügung.
In diesem Zusammenhang sollten wir möglichst rasch nach geeigneten Auswahlkriterien suchen, damit wir dieses Instrument auch wirklich effektiv einsetzen können. An dieser Diskussion sollten wir viele beteiligen: Vertreter der Schulen – ich sage hier ganz bewusst: Schüler, Lehrer und Eltern –, Vertreter der Seminare für Schulpädagogik und natürlich auch Vertreter der Universitäten.
In diesem Kontext gebe ich auch zu bedenken, ob es nicht sinnvoll wäre – darin unterscheide ich mich von Ihrem Vor
schlag, Herr Kollege Kaufmann –, den Zeitpunkt des Schulpraxissemesters innerhalb des Grundstudiums fest zu verankern. Ich plädiere dabei nachdrücklich für einen sehr frühen Zeitpunkt, damit eine eventuelle Weichenstellung für den weiteren Studienverlauf so früh wie möglich erfolgen kann. Falsche Berufsentscheidungen – damit möchte ich schließen – müssen rechtzeitig revidiert werden können. Dies ist im Interesse unserer Kinder, unserer Schülerinnen und Schüler dringend geboten.
Wir brauchen vor allem Lehrer mit großer Begeisterung für ihren Beruf, die ihrerseits auch Schüler begeistern können. Das wäre unser Anliegen zu dieser Frage.