Was bei der Vorstellung der Denkschrift im Juli 2002 noch nicht so deutlich war, ist heute durch die Lage der öffentlichen Haushalte nahezu dramatisch unterstrichen worden. Wir müssen zwingend in vielen Bereichen umsteuern, wollen wir unsere Finanzen wieder in den richtigen Griff bekommen.
Die Denkschrift 2002 greift in einigen Fällen dem vor, was sich die Haushaltsstrukturkommission der Koalition vorgenommen hat. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Denkschrift als ausgesprochen hilfreich und nützlich bewerten.
Wenn der Finanzausschuss nicht in allen Punkten exakt den Vorschlägen des Rechnungshofs gefolgt ist, dann nur deshalb, weil es eben manchmal außer rein ökonomischen Betrachtungen für Abgeordnete auch noch politische Argumente gibt, die der Ökonomie entgegenstehen. Ich nenne ein Beispiel. Ist die bereits vor ihrem Bau berühmt gewordene Brücke für Fußgänger und Radfahrer über den Rhein zwischen Kehl und Straßburg für die rheinübergreifende Gartenschau nun förderfähig nach dem GVFG, oder ist sie es nicht? Natürlich gehört grenzüberschreitende Zusammenarbeit nicht zu den Kriterien des GVFG, zumal die Brücke durch ihre Bauweise auch noch ein Kunstobjekt und damit besonders teuer ist. Doch besteht der politische Wille, eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke für eine Gartenschau zu bauen und das Vorhaben mit den Förderbedingungen in Einklang zu bringen; ich denke, wir haben es geschafft. Es ist also keine Entwertung der Arbeit des Landesrechnungshofs, wenn die Entscheidungen nicht zu 100 % konform gehen mit dem, was er empfohlen hat. Aber die Arbeit des Landesrechnungshofs ist Grundlage und ermöglicht es uns erst, auf abgesicherter und ausgewogener Basis zu entscheiden.
Ich möchte jetzt einige Punkte nennen, zuallererst und nicht am unwichtigsten die Landesschulden. Sie haben auch schon in der Denkschrift 2001 eine zentrale Rolle eingenommen.
Der Rechnungshof stellt fest, dass die Konsolidierungsphase der vergangenen Jahre unterbrochen wurde. Denn wir hatten im Jahr 2001 die bisher höchste Nettokreditaufnahme mit 4,4 Milliarden, damals noch D-Mark. Natürlich entfielen davon fast 2 Milliarden DM auf den Erwerb einer stillen Beteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg. Doch die Kreditaufnahme war auch ohne diese stille Beteiligung beträchtlich höher als im Vorjahr. Zum Ende des Jahres 2001 ist die Verschuldung des Landes damit auf 65,7 Milliarden DM angestiegen.
Wer konnte aber im Juli, als die Denkschrift vorgestellt wurde, schon absehen, dass die mittelfristige Entwicklung
noch viel dramatischere Züge annehmen würde? Die hohe Neuverschuldung war insbesondere bedingt durch das stark zurückgegangene Steueraufkommen und die gestiegenen Leistungen des Landes für den Länderfinanzausgleich. Das muss immer wieder einmal genannt werden. Der Rechnungshof mahnt, insbesondere auch wegen der Zinsrisiken, gleichwohl an, alles zu tun, um das angestrebte Ziel, ab dem Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, nicht aus den Augen zu verlieren.
Meine Damen, meine Herren, der Personalsektor ist der gewichtigste Teil des Landeshaushalts. Schon deshalb muss Personal wirtschaftlich eingesetzt werden. Noch gibt es kein ausreichendes Instrumentarium für eine effiziente Steuerung des Personaleinsatzes. Die Denkschrift geht dieses Problem an ganz praktischen Beispielen mit Lösungsvorschlägen an und scheut nicht vor Bereichen zurück, die politisch sensibel sind und in denen es entsprechend gewichtige Interessengruppen gibt.
Lassen Sie mich auf einen Punkt davon eingehen, den Einsatz der Lehrerdeputate an Gymnasien. Nach den Feststellungen des Rechnungshofs könnten für die Unterrichtsversorgung unter anderem durch eine effizientere Steuerung des Personaleinsatzes und durch anders geartete Unterrichtsdeputate an den Gymnasien personelle Reserven verfügbar gemacht werden.
Als Fachfrau auf diesem Gebiet halte ich die Rechnung des Landesrechnungshofs, nach der insgesamt 870 Deputate eingespart werden können, an manchen Stellen zwar für etwas zu hoch, aber bei Ressourcenknappheit ist es eine Überprüfung allemal wert, ob mit neuen Deputatsmodellen ein Schatz von bisher nicht genutzten Reserven gehoben werden kann. Die Pilotprojekte werden genau zu beobachten sein und sicher interessante Ergebnisse bringen. Wir haben erst in der letzten Sitzung des Finanzausschusses am 6. Februar dieses Jahres hierüber ausführlich beraten und der Landesregierung die entsprechenden Aufträge erteilt.
Über den konkreten Fall der Haushalts- und Wirtschaftsführung beim Polizeipräsidium Mannheim hinaus werden Vorschläge gemacht, deren Verwirklichung zu einem effizienteren Einsatz der Polizeibeamten, zu einer wirtschaftlicheren Gliederung und zu weniger Überstunden führen könnte.
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch, dass der Rechnungshof einen Beitrag über Studiengänge für Slawistik an immerhin fünf Universitäten – jeweils mit zu geringer Auslastung – erarbeitet hat. Der Beitrag zielt darauf ab, die Personalkapazitäten effizienter einzusetzen bzw. die vorhandenen Lehrkapazitäten nachfragegerecht zu bündeln, um an einem oder an zwei Standorten ein leistungsfähiges Angebot mit Slawistik zu machen.
Als letztes Beispiel nenne ich den Beitrag „Organisation, Wirtschaftlichkeit und Personalbedarf des Statistischen Landesamts“. Hierzu hat die Untersuchung – übrigens erstmals auf einer bundesweit einheitlichen Konzeption beruhend – ergeben, dass durch eine Verbesserung der Organisation kurzfristig 65 und mittelfristig weitere 40 Stellen im mittleren Dienst eingespart werden können und sich, damit zusammenhängend, noch weitere Personaleinsparungen im gehobenen und im höheren Dienst ergeben werden. Deshalb haben wir die Landesregierung ersucht, im Haushalt ent
sprechende k.w.-Vermerke anzubringen. Wir werden die Umsetzung mit dem weiteren parlamentarischen Verfahren begleiten.
In Einzelfällen hat der Rechnungshof auch in diesem Jahr wieder den großzügigen Umgang mit öffentlichen Mitteln moniert. Ich denke dabei zum Beispiel an den aufwendigen Neubau eines Gewächshauses in Tübingen, das etwa so viel wie ein Eigenheim gekostet hat. Hier handelt es sich um einen Vorgang, der eigentlich nicht hätte passieren dürfen und der uns wiederum zeigt, dass trotz des Vorliegens klarer Richtwerte und trotz knapp bemessener Haushaltsmittel letztlich der Sensus der vor Ort Verantwortlichen für das rechte Maß an Wirtschaftlichkeit mitunter geweckt werden muss.
Ähnliches gilt durchaus auch für den kommunalen Bereich. Immerhin haben die Stadt- und Landkreise aufgrund der Prüfungen des Rechnungshofs bis heute fast 65 Millionen € für die Abrechnungen der Flüchtlingsaufnahme zurückgezahlt. Wir haben uns dem Vorschlag des Rechnungshofs angeschlossen, die Landesregierung zu ersuchen, eine Novelle des Flüchtlingsaufnahmegesetzes mit einem vereinfachten Erstattungsverfahren vorzulegen.
Auch außerhalb der Denkschrift hatte das Parlament im vergangenen Jahr Gelegenheit, sich mit der Arbeit der Finanzkontrolle zu beschäftigen. Ich erwähne die beratenden Äußerungen. Da ging es um die Organisation und die Arbeitsweise der Veranlagungsstellen bei den Finanzämtern sowie um die Prüfung der Zuschüsse und sonstigen Leistungen an die Fraktionen in der 12. Wahlperiode. Zu den Veranlagungsstellen haben wir der Regierung mit unserem Beschluss aufgegeben, Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verbesserung der Organisation und der Arbeitsweise zu erreichen. Damit können wir eigentlich auch mehr Steuergerechtigkeit für die Bürger erzielen. Mit der beratenden Äußerung zu den Zuschüssen an die Fraktionen hat sich der Landtag noch nicht abschließend befasst.
Meine Damen, meine Herren, der Rechnungshof ist im vergangenen Jahr 50 Jahre alt geworden. Seit seiner Einrichtung im Jahr 1952 hat er über 50 Denkschriften verfasst und in zahlreichen landesweiten Untersuchungen nachgewiesen, wie mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln wirtschaftlicher und sparsamer umgegangen werden kann oder könnte. Er hat immer wieder nachhaltige Verbesserungspotenziale aufgezeigt und ist, wenn ich das einmal so sagen darf, damit zu einem unentbehrlichen Helfer für das Parlament geworden,
wenn es darum geht, die Verwaltung zu einem wirtschaftlicheren und effizienteren Handeln zu veranlassen.
Erlauben Sie mir deshalb zum Abschluss, dem Rechnungshof für seine Arbeit in den 50 Jahren seines Bestehens zu danken. Wir sollten ihn auffordern, auf dem bisherigen Weg fortzufahren und uns mit seinem Sachverstand auch weiterhin zu unterstützen.
Frau Präsidentin, Herr Rechnungshofpräsident Frank, meine Damen und Herren! Es ist immer wieder beeindruckend, mit welchen wohlgesetzten Worten die unbestreitbaren Verdienste und die für alle Steuerbürgerinnen und Steuerbürger so ungeheuer wichtigen Aufgaben des Landesrechnungshofs und der nachgeordneten Rechnungsprüfungsämter von den Rednerinnen und Rednern der Regierungsfraktionen gewürdigt werden, wie es soeben Frau Kollegin Lazarus getan hat. Die ganze Wertschätzung ist allerdings null und nichtig, wenn es gilt, die Prüfungskompetenz des Rechnungshofs auf die Landesstiftung oder das Staatsministerium auszuweiten.
Dann wird mit allerlei nicht tragfähigen und teilweise herabwürdigenden Erklärungen der unzulängliche Status quo verteidigt, so zuletzt im Finanzausschuss. Armes Land Baden-Württemberg, das eine Regierung und Regierungsfraktionen hat, die den Rechnungshof derart scheuen!
Auch die Präsenz der Regierungsfraktionen bei diesem wichtigen Punkt unserer Tagesordnung entspricht wie alljährlich in keiner Weise der Bedeutung des Themas.
Auch die vorgerückte Tageszeit ist kein Entschuldigungsgrund. Auch der Regierung, deren Bank eher bescheiden besetzt ist, täte das Zuhören sicher gut.
Aber wen wundert das angesichts der eingangs erwähnten Einstellung zur institutionalisierten und unabhängigen Kontrollinstanz? Ein Trost für Landesrechnungshof und Prüfungsämter kann nur sein, dass sie ihre Aufgabe verfehlt hätten, wenn sie nur auf Freude und Anerkennung stoßen würden. Grundsätzlich sollte gelten: Wenn auch nur ein Gedanke Wirkung zeigt und unsinniges oder verschwenderisches Regierungshandeln verhindert, dann ist das den Lohn der Mühen wert.
Jetzt noch eine kleine Anmerkung zur FDP/DVP. Unser Kollege Kleinmann sagte am 14. November 2001 wörtlich:
Ich teile auch... die Forderung der SPD als größter Oppositionspartei, dass der Landesrechnungshof auch die Landesstiftung und die Verwendung der Mittel überprüft.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Guter Mann!)
Anders war das von uns auch nie vorgesehen. Das muss so sein; denn auch dies sind öffentliche Gelder, und die öffentlichen Gelder unterliegen der Kontrolle.
Trotzdem wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben, dass wenigstens in einem der vielen Punkte, bei denen es hier im Landesparlament eine Mehrheit jenseits der CDU gibt, die FDP/DVP irgendwann einmal ihren eigenen besseren Einsichten und Überzeugungen folgt, um nicht endgültig an Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Wenn es gewünscht würde, könnte ich die ganze Reihe dieser Punkte aufführen, bei denen es Mehrheiten jenseits der CDU gibt.
Aber zur Beruhigung der Gemüter erkläre ich für die SPDFraktion, dass wir den Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses in seinen Sitzungen vom 24. Oktober, 21. November und 19. Dezember 2002 ebenso zustimmen wie den Empfehlungen vom 6. Februar 2003.
Wir sind bereit, von den Darlegungen des Rechnungshofs zur Landeshaushaltsrechnung, zum Haushaltsplan, zum Haushaltsvollzug und zu der bedenklichen Entwicklung der Landesschulden Kenntnis zu nehmen. Wir sind auch bereit, die Landesregierung in Bezug auf die Landeshaushaltsrechnung 2000 zu entlasten und die in der Landeshaushaltsrechnung 2000 nachgewiesenen über- und außerplanmäßigen Ausgaben nebst den Abweichungen von den Stellenübersichten unter ausdrücklicher Beachtung aller einschlägigen Feststellungen des Rechnungshofs nachträglich zu genehmigen. Wir sind schließlich auch bereit, den Präsidenten des Landesrechnungshofs für das Haushaltsjahr 2000 zu entlasten.
Dieser zu erwartende einstimmige Beschluss gibt mir die Gelegenheit, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesrechnungshofs und der Rechnungsprüfungsämter, der Führung wie allen anderen Beschäftigten, für die geleistete Arbeit und das offenkundige Engagement sowie die stets aufs Neue zu erkämpfende Unabhängigkeit und die selbstbewusste Wahrnehmung der Kontroll- wie auch der Beratungsaufgaben Dank zu sagen.
Auch heute anerkennen wir wieder ausdrücklich, dass die unabhängige Instanz des Landesrechnungshofs mit ihren Denkschriften und ihren beratenden Äußerungen eine große Vielzahl von Hinweisen und Anregungen zu einer sparsameren und effizienteren Verwendung öffentlicher Mittel durch die Regierung und die gesamte Landesverwaltung gibt. Gleichzeitig sichern wir unsere Unterstützung bei der Sicherung von Finanzkontrolle, bei der begleitenden Beratung von Landesregierung und Landtag, bei der Darstellung von nachhaltigen Verbesserungspotenzialen, bei Planung, Verfahren und Organisation staatlicher Aufgaben, bei den Anstößen zur Evaluation von Fördermaßnahmen oder von Verwaltungsabläufen bei allen Kontrollorganen zu. Wir erneuern unsere Zusage, Vermeidungsstrategien und Verbesserungsvorschläge als Folge der Aufdeckung von Missständen, Unwirtschaftlichkeit und Verschwendung mitzutragen
In diesem Zusammenhang würdigen wir ebenfalls ausdrücklich die qualifizierte und warnende Stellungnahme zu den dilettantischen und konzeptionslosen Vorgehensweisen bei den Versuchen zur flächendeckenden Einführung der neuen Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung. Wir halten es auch für notwendig und richtig, wenn sich der Rechnungshof Tabubereichen wie Lehrerdeputaten, Dienstunfähigkeit im Schuldienst sowie Sach- und Personalausstattung der Polizei zuwendet.