Meine Bitte ist: Legen Sie Ihre ideologische Brille ab. Bei diesem Thema ist der Jüngste von euch, Nils Schmid, weiter als jeder andere in der Fraktion.
(Abg. Drexler SPD: Sie wissen ja gar nicht, wie weit unsere Fraktion ist! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)
Es geht um Haushaltsstruktur, und es geht um eine Verbesserung der Einnahmeseite, die auch gerecht vorgenommen werden kann.
Ich will mich der Finanzlage der Kommunen zuwenden. Meine Damen und Herren, den Kommunen ging es 1999/ 2000 besser als dem Land, auch in Baden-Württemberg. Die kommunale Finanzmasse entwickelt sich derzeit noch schlechter als die des Landes Baden-Württemberg. Deswegen müssen wir in den nächsten Wochen handeln. Wer sich in den nächsten Wochen auf Bundesebene und im Land nicht der Entlastung und der Strukturverbesserung der kommunalen Finanzen zuwendet, hat versagt und wird erleben,
dass eine Kommune nach der anderen den Aufsichtsbehörden Haushalte vorlegen muss, die nicht mehr genehmigungsfähig sind. Was der Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern dieser Tage macht, ist nur der Anfang, die Spitze eines Eisbergs,
Weil die Einnahmen die Ausgaben nicht mehr decken, wird nur ein Haushaltsstrukturgesetz des Bundes – und dazu fordern wir den Bund auf – zur Entlastung der Kommunen im sozialen Bereich – Standardabbau, Leistungsabbau – dahin führen, dass die Kommunen ihrer Ausgaben wieder Herr werden.
Die mittelfristige Finanzplanung weist darauf hin, dass die Nullverschuldung im Jahr 2006 für uns weiter ein ehrgeiziges Ziel bleibt. Aber wer zwei Zahlen vergleicht, der weiß, in welchem Fahrwasser wir sind. Die Isteinnahmen von Baden-Württemberg betrugen im Jahr 2001 23,5 Milliarden, in Euro gerechnet. Diesen Betrag setzen wir für das Jahr 2005 erneut ein. Das heißt, wir müssen uns so korrigieren, dass die Einnahmen in zwei Jahren gerade mal so hoch wie vor zwei Jahren sind. Vier Jahre Haushaltsentwicklung, vier Jahre Ausgabensteigerung und nach vier Jahren gerade mal die gleichen Einnahmen erzielt!
Damit komme ich zum entscheidenden Punkt zurück. Ohne Wachstum von Wirtschaft und Steuern wird auch für Baden-Württemberg, das mit Bayern und Sachsen vorne liegt, Benchmark ist, die Erreichung des Ziels der Nullverschuldung schwer oder nicht möglich sein.
Ein letzter Punkt, den der Minister auch schon kurz angesprochen hat: EU-Verfahren gegen Deutschland. Ich bin in der Prognose nicht besser als Sie, aber meine Vermutung ist, dass wir zum Jahresende einen Granatenkrach kriegen: Bund gegen Länder, Länder gegen Länder, Länder gegen Kommunen, Sozialkassen gegen öffentliche Hand. Alles, was in Deutschland Staat ist, wird sich streiten, wer ein Bußgeld bezahlen soll. Im letzten Herbst kam ein blauer Brief – abgehakt, liegt längst im Archiv.
Wir werden zum Jahresende 2003 die 3 % wieder nicht erreichen. Wir werden kein Wirtschaftswachstum haben und werden 3,5 % neue Schulden gemacht haben. Dann kommt ein Bußgeld hinzu. Dann sagt die Kommission in Brüssel: Bezahlt zwischen 6 und 8 Milliarden €. Und die Frage ist: Föderalstaat, wer macht es? Der Bund wird sagen: „Die Länder sind mit im Boot“, und die Länder werden sagen: Wo sind wir eigentlich? Nicht jeder ist gleichermaßen schuld.
Vor einiger Zeit ist ja eine Defizitaufteilung beschlossen worden. Danach haben die Länder und die Kommunen ein Schuldenrecht von 55 % an den 3 % und der Bund sowie Sozialversicherungen ein Recht von 45 %. Das Bruttoin
landsprodukt in Deutschland macht 2 100 Milliarden € aus. Das heißt, wir haben Schuldenrechte – so makaber das klingt – von maximal 63 Milliarden € gehabt und haben im letzten Jahr tatsächlich 77 Milliarden € Schulden gemacht.
Alle gemeinsam, Kollege Moser. Wenn wir in diesem Jahr ohne Wachstum wieder nur ein Bruttoinlandsprodukt von 2 100 Milliarden € haben, haben wir wieder nur 63 Milliarden € Schuldenrechte, und dahin zu kommen ist ein ehrgeiziges, vermutlich nicht erreichbares Ziel.
Aber jetzt kommt es konkret. Wenn man die Zahlen herunterbricht, ergibt sich, dass den Ländern und den Kommunen ein Schuldenrecht von 35 Milliarden € zusteht, was im letzten Jahr von allen Ländern, den schlechten und den guten, punktgenau erreicht wurde. Der Bund überschreitet sein Schuldenrecht von 28 Milliarden € mit 42 Milliarden € um 14 Milliarden €. Also, eigentlich muss der Bund das Bußgeld alleine tragen. Hinzu kommt, dass Baden-Württemberg von seinen Schuldenrechten nur zwei Drittel in Anspruch nimmt, das heißt, einige schlechte Länder sind in unserem Windschatten auf der guten Seite, sodass BadenWürttemberg seine Hausaufgaben gemacht hat.
Ich sage ganz konkret – das gilt bis hin zu einer Verfassungsklage –: Baden-Württemberg sollte sich hier verbünden – alle Fraktionen –, damit klar ist: Mit diesem Nachtragshaushalt sind unsere Hausaufgaben für die Eurowährung gemacht. Baden-Württemberg kann keinen Beitrag leisten, wenn Deutschland am Jahresende ein Bußgeld in Milliardenhöhe zu zahlen hat.
Wir liegen mit diesem Nachtragshaushalt nicht mehr in dem ehrgeizigen Plan, in dem wir mit unserer Mifrifi bisher lagen. Wir weichen mit den neuen Schulden nach oben ab; wir benötigen statt 885 Millionen € nun 2 000 Millionen €. Aber wir haben in Baden-Württemberg im Rahmen der eingeschränkten Aufgaben und Zeit, der eingeschränkten Kompetenzen umgesteuert, und wir setzen diese Umsteuerung nach dem Nachtrag mit dem Haushalt für das Jahr 2004 mit Prüfaufträgen in ehrgeiziger Weise bei allen wesentlichen Ausgabeblöcken fort – im Rahmen unserer beschränkten Möglichkeiten. Reagieren wir auf eine völlig falsche Politik von Rot-Grün in Berlin!
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU – Bei- fall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Oje!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Oettinger, Sie haben jetzt über eine halbe Stunde lang über alles geredet, nur nicht über den Landeshaushalt.
Wir werden nachher über den Nachtrag debattieren. Insofern war es schon interessant, was der Finanzminister ge
sagt hat. Beide Reden zuvor haben sich ja sehr von Reden unterschieden, die vor drei oder vor sechs Monaten in diesem Haus gehalten worden sind. Sie haben sehr verhalten kritisiert, Sie haben auch Nachdenkliches gesagt. Ich werde nachher auch auf einzelne Punkte eingehen.
weil uns der Nachtragshaushalt für das Land vorliegt. – Warten Sie doch ab! Über eines möchte ich mit Ihnen reden, nämlich über die ständige Behauptung, die Steuerlast in Deutschland sei zu hoch.
Wir haben nach einer OECD-Studie mit 21,7 % den geringsten Steuersatz im europäischen Vergleich. Sie müssen das einfach einmal zur Kenntnis nehmen.
Mit einem Körperschaftsteuersatz von 25 % liegen wir im vorderen Bereich. Es gibt gerade noch zwei Länder, die vor uns liegen und einen geringeren Steuersatz aufweisen. Nehmen Sie das einfach einmal zur Kenntnis.
Wenn wir einen Eingangssteuersatz von 15 % haben – ihn erreichen wir im Jahr 2005 –, liegen wir absolut an der Spitze aller Länder. Die USA liegen weit hinter uns. Sogar mit einem Spitzensteuersatz von schließlich 42 % bewegen wir uns an der Spitze. Was wollen Sie eigentlich mit Ihren falschen Behauptungen?
Herr Schebesta, ich lese Ihnen einmal vor, was für einen Schaden Sie mit solchen Thesen, mit solchen Diskussionen anrichten. Ich zitiere hierzu Herrn Dr. Ackermann, den Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Er hat beim Neujahrsempfang der Stadt Frankfurt Folgendes gesagt:
(Abg. Scheuermann CDU: Bei so viel Geld kann man viel Unfug sagen! – Heiterkeit – Abg. Oettin- ger CDU: Drexler und Ackermann! – Unruhe)