Protokoll der Sitzung vom 26.03.2003

Und das ist keine zukunftsgerichtete Antwort.

(Beifall bei der SPD – Abg. Fischer SPD zu Abg. Alfred Haas CDU: Das haben aber nicht Sie zu be- stimmen: „Der Renner kriegt kein Geld“! Das kann doch nicht wahr sein! Was haben denn Sie für ein Demokratieverständnis? – Gegenruf des Abg. Al- fred Haas CDU: Der kriegt kein Geld! Herr Fi- scher, das Geld gibt es auf Antrag!)

Die finanzielle Förderung der Kleinkindbetreuung ist für Sie offensichtlich eine zweitrangige Aufgabe, denn sie ist nicht im Gesetz geregelt. Der Bildungsauftrag des Kindergartens wird eben erwähnt. Sie führen ihn noch einmal auf und wiederholen das, was im Kinder- und Jugendhilfegesetz steht. Aber wie er erfüllt werden kann, dazu sagen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf überhaupt keinen Ton. Ich sage Ihnen das noch einmal in aller Deutlichkeit: Wenn Sie Sprachförderung nicht verbindlich regeln, sondern bei Ihrer

freiwilligen Regelung bleiben – diese Regelung wollen Sie ja nur, weil Sie das nicht aus dem Landeshaushalt fördern wollen, sondern den Weg über die Landesstiftung gehen –, werden Sie genau die problematischen Fälle,

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

nämlich die Kinder aus bildungsfernen Familien, nicht erreichen. Das können wir uns auch bildungs- und wirtschaftspolitisch überhaupt nicht leisten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Sie beharren auf den Nachteilen für Kindergärten mit besonderer pädagogischer Prägung und gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet.

(Abg. Alfred Haas CDU: Welche Nachteile hat das? – Gegenruf des Abg. Zeller SPD)

Ach, Herr Kollege Haas! Ich hätte ja schon erwartet, dass Sie das Gesetz wenigstens kennen. Sie sind in dieser Frage wie in allen anderen Fragen nicht nur nicht dialogfähig, sondern Sie sind schlichtweg

(Abg. Zeller SPD: Unfähig!)

beratungsresistent.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der SPD: So ist es! – Abg. Döpper CDU: Sie wiederholen doch die Argumente von 1998!)

Wir haben Ihnen Vorschläge gemacht, wie wir alle drei Ziele, nämlich den quantitativen und qualitativen Ausbau, die Stärkung des Bildungsauftrags und die Sicherung der pädagogischen Qualität, wirklich erreichen. Wir geben Ihnen heute dazu eine letzte Chance.

(Oh-Rufe von der CDU)

Wir werden Ihren Gesetzentwurf ablehnen, weil er auf die zentralen Zukunftsaufgaben und auf die zentralen Anforderungen dessen, was Kinder und Familien in diesem Land brauchen, keine Antwort gibt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Und keine SPD! – Gegenruf des Abg. Rudolf Hausmann SPD: Das drückt doch gerade aus, dass Sie wenigstens dazugelernt haben!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Ulrich Noll.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns einig, dass wir heute an einer neuen Etappe einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf hier in Baden-Württemberg angekommen sind.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Wir sind am Ende eines langen Diskussionsprozesses, der sich dadurch von anderen unterscheidet, dass wir nieman

dem etwas überstülpen, sondern dass wir das Prinzip der Subsidiarität für uns hier im Land wirklich ernst nehmen

(Beifall bei der CDU)

und Wert darauf legen, Aufgaben wirklich da erledigen zu lassen, wo sie richtig angesiedelt sind, und dorthin die Planungshoheit und die Finanzierungsverantwortung zu geben. Das verbinden wir damit, dass wir auch dieser Ebene zugestehen, dass sich die demokratisch gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger an Recht und Gesetz halten.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Auch SPD-Mitglieder!)

Heute beraten wir einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes, der aber – darauf weise ich wirklich noch einmal hin – mehrere Teile hat, auf die jeweils querverwiesen wird. Über allem steht das SGB VIII – Sie haben es erwähnt. Darin stehen schon bestimmte Prinzipien, die selbstverständlich auch für alle nachgeordneten Vorschriften gelten.

Ich finde es bemerkenswert, dass es uns gelungen ist, alle Beteiligten – die kommunalen Landesverbände, die kirchlichen und die sonstigen freien Träger – zu einer Rahmenvereinbarung zusammenzubringen, in der zum Beispiel – ich darf es einfach noch einmal zitieren – ganz klar das Bekenntnis zur Subsidiarität abgegeben wird. Unter Punkt 1.3 steht:

Bei der Bedarfsplanung sind insbesondere der Grundsatz der Subsidiarität und die Erhaltung der Trägervielfalt zu berücksichtigen.

Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass dies, was von den kommunalen Landesverbänden unterzeichnet und miterarbeitet worden ist, vor Ort nicht so umgesetzt wird.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Noll, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Wonnay?

Gerne, Frau Wonnay.

Herr Kollege Noll, sind Sie bereit, mir zuzugestehen, dass eine Rahmenvereinbarung nicht das gleiche Gewicht wie ein Gesetz hat, sondern nur einen empfehlenden Charakter?

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Diese Rahmenvereinbarung hat insofern eine große Wirksamkeit, als künftig in § 8 Abs. 5 des Kindergartengesetzes darauf verwiesen wird, dass auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung, die damit für die, die sie geschlossen haben, bindend ist, die Gesetzesnovellierung stattgefunden hat. Das war ja der entscheidende Punkt. Kollege Haas, wir haben immer gesagt: Kommunalisierung heißt nicht Laisser-faire – jeder macht, was er will –, sondern bedeutet, dass man sich klar darüber einigt, was die Grundlage der künftigen Gestaltung dieser kommunalen Aufgabe sein wird.

(Abg. Alfred Haas CDU: Richtig!)

Es sollte auch endlich einmal zur Kenntnis genommen werden, dass in der Rahmenvereinbarung zum Beispiel ein Bestandsschutz festgehalten ist, zu dem sich alle verpflichtet haben. Es wird also kein freier Träger schlechter gestellt.

Vielleicht doch am Rande – weil die Kinder bis zum Alter von drei Jahren angesprochen wurden –: Es gibt noch zwei Teile. Das sind die Richtlinien bezüglich der Tagespflege und die Richtlinien bezüglich der Krippenförderung, die rückwirkend zu Beginn dieses Jahres in Kraft gesetzt worden sind. Das ist zugegebenermaßen nicht alles in einem Gesetz zusammengefasst, aber ich denke, mit Richtlinien kann man manchmal auch sehr viel flexibler auf neue Anforderungen reagieren.

(Abg. Alfred Haas CDU: So ist es!)

Jetzt zum Hauptproblem. Das Thema Bildung will ich nicht weiter ansprechen, weil es einfach unredlich ist, zu sagen, wir hätten nichts getan. Wir haben es ausdrücklich aufgenommen. Wir werden – Sie haben es angesprochen – über die Landesstiftung für ein Programm genau für diese bildungsfernen Schichten Mittel zur Verfügung stellen, Frau Wonnay, weil zunächst einmal die Identifizierung dieser Gruppierung und dann auch die Förderung im Vordergrund steht.

(Abg. Zeller SPD: Herr Noll, stellt die Regierung Landesstiftungsmittel zur Verfügung?)

Lassen Sie mich – die Zeit ist begrenzt – abschließend Folgendes sagen: Eines der großen Bedenken der freien Träger, insbesondere derer, die gemeindegrenzenübergreifend tätig sind, also zum Beispiel Waldorfpädagogik oder Betriebskindergärten anbieten...

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Noll, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Palmer?

... – ich gestatte Sie; darf ich den Satz zu Ende sprechen? –, also Angebote machen,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Erst mal den Satz zu Ende sprechen lassen!)

die nicht in die engere Bedarfsplanung der jeweiligen Kommune hineinpassen – nicht, weil wir sie ausschließen wollen, sondern weil sie nicht in die kommunale Bedarfsplanung passen –, bezieht sich darauf, dass es eine Ausnahmeregelung gibt, wonach sie jedoch nicht schlechter gestellt werden, sondern nach wie vor, auch wenn sie nicht in den Kommunalrahmen passen, selbstverständlich unter den Prinzipien Subsidiarität, Trägervielfalt, Wunsch- und Wahlrecht der Eltern gefördert werden.

Wir haben folgenden Weg gewählt. Wir haben gesagt: Für Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet beträgt der gesetzliche Anspruch mindestens 31,5 % der Betriebsausgaben, also die Hälfte des Anspruchs der anderen Einrichtungen. Darüber hinaus wird jetzt ausdrücklich – auch mit Zustimmung des Landkreistags – darauf verwiesen, dass künftig der örtliche Träger der Jugendhilfe – das ist der Landkreis – für die Kostenerstattung durch die Ge

meinden zu sorgen hat, die Kinder in Einrichtungen, die nicht auf ihrem Kommunalgebiet liegen, entsenden.

Das heißt also: Wir haben in der Tat eine Besserstellung. Wir wissen doch, dass es bisher, wenn sich eine Gemeinde schlicht und einfach geweigert hat, für Kinder, die im Nachbarort in den Waldorfkindergarten gehen, zu zahlen, nicht möglich war, gerichtlich – zumindest vorläufig – etwas zu erstreiten. Jetzt haben wir eine Regelung, die besagt: Künftig wird der Landkreis zwar nicht selber zahlen, aber dafür sorgen, dass die 63 % erreicht werden. Genau das ist die Intention: dass die dann gleichgestellt werden.

Abschließend sage ich, um alle Ängste ein Stück weit wegzunehmen – Kollege Haas hat ganz klar gesagt, diese Vorgabe sei gerichtsbelastbar; es nützt aber den Leuten nichts, wenn sie einen langen Gerichtsweg beschreiten müssen; und ich glaube, ich darf den Kollegen Haas mit einschließen –: Wir werden vom Land aus beobachten, ob diese von uns nicht erwartete, aber von vielen befürchtete, weil von Ihnen auch geschürte und angestiftete Entwicklung,