(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Wacker CDU: Sehr gut! Jawohl! Das war ein Volltreffer!)
(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Wintruff SPD: Trotzdem zu wenig! – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)
Zweifelsohne ist eine Fortsetzung unserer Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wichtig. Darin sind wir uns sicherlich einig. Ich setze sehr auf die Supervision. Bei der gestrigen Generaldebatte über die Verwaltungserneuerung ist angeklungen, dass man – die Schulämter will man ja nun bei den Landratsämtern ansiedeln usw. – gerade deshalb auf die Schulämter nicht gänzlich verzichten kann, weil auf die Fort- und Weiterbildung nach wie vor ein großes Augenmerk gelegt werden muss. Dem stimme ich zu, wobei ich, wie gesagt, die Supervision für besser halte. Das heißt, dass der eine oder andere Lehrer sich dafür ausbilden lässt und dann in die Schulen geht und man versucht, gegenseitig Anregungen zu geben, sprich Punkte zu benennen, bei denen
man meint, dass hier der Unterricht nicht so qualifiziert gestaltet worden ist. Sehr häufig kommt bei dieser Supervision heraus – wir Pfarrer haben das ja auch –, dass jemand gerade dort, wo er meint, dass er relativ schlecht ist, von anderen als gut beurteilt wird.
Weiterer Punkt: Autonomie der Schulen. Ich bin der Meinung, wir brauchen unter den Schulen mehr Wettbewerb, mehr Leistungsanreize. Wir brauchen deshalb eine größere Selbstständigkeit der Schulen. Wir haben diesen Weg ja jetzt schon beschritten. Es gehört auch zu den Reformen dieser Regierung, dass man schulscharf Stellen ausschreiben kann. Herr Kollege Röhm, Sie haben das ja an den Gymnasien schon praktiziert. Das muss natürlich noch weiter gehen. Denn die Lehrer vor Ort wissen am ehesten, wer in ihren Lehrkörper hineinpasst, wie dieser Lehrkörper entsprechend ergänzt werden muss, wenn jemand ausscheidet, und welche Profile am geeignetsten für ihre Schule sind. Deshalb fordern wir Liberale ganz dezidiert mehr Selbstständigkeit für die Schulen bis unter Umständen hin zu der möglichen Auflösung der Schulämter und der Oberschulämter. In den Niederlanden ist das ja bereits praktiziert worden.
Meine Damen und Herren, ich möchte in aller Klarheit und Deutlichkeit sagen, dass PISA gerade uns in Baden-Württemberg bescheinigt, dass die soziale Herkunft hier ein geringes Problem ist. Wer aus einfachen sozialen Verhältnissen kommt, hat bei uns im Vergleich mit allen anderen Bundesländern die größten Bildungschancen.
Das heißt nicht, dass man nicht noch etwas verbessern kann; das ist schon klar. Wissen Sie: Das ist im Grunde wie bei einer Annäherung an die Y-Achse: Sie kommen nie ganz an die Achse. Sie nähern sich asymptotisch, aber Sie erreichen sie nie, und Sie können das letzte Quäntchen Abstand nicht beseitigen. Tatsache ist aber, dass wir diesbezüglich am besten sind. Punkt 1.
Punkt 2: Tatsache ist auch, dass man dies noch verbessern und dass man hier weitermachen muss. Geben Sie hier sinnvolle Anregungen. Wir sind für gute Ideen dankbar.
Im Übrigen ist der Kollege Wacker der Inbegriff dessen, dass es auch einer, der auf der Hauptschule war, schafft, anschließend ein Studium zu absolvieren. Das zeigt genau die Durchlässigkeit unseres Systems. Ansonsten hätte er es gar nicht geschafft.
Oder: Unser Kollege Professor Dr. Weller hat als Hauptschüler mit einer Lehre anschließend zum Doktor rer. pol. bei Schiller in Hamburg promoviert und ist später Professor an der Fachhochschule für Technik geworden. Meine Damen und Herren, wo gibt es denn noch eine solche Durchlässigkeit? Das zeigt, dass wir ein gutes, ein liberales System haben.
Ich bin auf dieses System stolz und möchte zusammen mit der CDU und unserer Kultusministerin, der ich herzlich für Ihre Rede danke, in dieser Art und Weise weiterarbeiten. Fahren wir in dieser fruchtbaren Weise fort!
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP und Abg. Wacker CDU: Sehr gut! – Minister Dr. Christoph Palmer: Bravo! – Abg. Alfred Haas CDU: Herr Kleinmann, das Bei- spiel müssen Sie Herrn Zeller einmal schriftlich ge- ben! Aber der kann es ja nicht lesen! Er kann es nicht erfassen! Das ist das Problem!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme jetzt wieder auf den Ausgangspunkt der heutigen Debatte, auf die Regierungserklärung unserer Frau Kultusministerin, zurück und stelle als Erstes die Frage: Was war die Botschaft Ihrer heutigen Rede, Frau Ministerin?
und die richtigen Maßnahmen bereits eingeleitet seien. Mir kam es eher wie eine Bilanz Ihrer Arbeit vor. Mir kam es ein bisschen vor, als wollten Sie nachweisen, dass Sie Ihre Hausaufgaben in den acht Jahren Ihrer Regierungszeit abgeleistet haben,
bevor Sie sich vielleicht neuen Aufgaben oder Herausforderungen zuwenden können. Das ist aber freilich nur reine Spekulation.
In Ihrer Rede kommt deshalb, meine ich, auch zu kurz, vor welchen großen Herausforderungen unser Bildungswesen jetzt steht. Es ist meine feste Überzeugung, dass es nicht genügt, dieses lediglich weiter zu optimieren, sondern dass es grundlegend reformiert werden muss.
An dieser Stelle möchte ich ganz kurz auch noch auf Ihre Interpretation der PISA-Ergebnisse eingehen. Sie sagen, dass die Leistungen der baden-württembergischen Schülerinnen und Schüler vergleichbar mit denen der Spitzenländer Kanada, Schweden und Australien seien, wenn man die Migrantenkinder herausrechne. Ich betone wieder: Das ist unseriös.
Denn gerade Kanada, Australien und Schweden sind klassische Einwanderungsländer mit hohen Migrantenanteilen,
und deshalb darf man die Migranten nicht herausrechnen und sagen: Wenn wir die nicht hätten, dann stünden wir besser da.
Wir wissen auch, dass in diesen Ländern der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die lediglich das unterste Leistungsniveau erreichen, wesentlich geringer ist als in BadenWürttemberg, wo dieser Anteil bei 20 % liegt.
Meine Damen und Herren, wir sehen, dass der Schlüssel zum Erfolg in den Spitzenländern der PISA-Studie vor allem damit begründet ist, dass die Schulen dort selbstständig sind, dass es dort eine differenzierte Lernkultur gibt, dass auf Selektion verzichtet wird und dass dort klare und einheitliche Bildungsstandards definiert sind, deren Erreichen allerdings immer bewertet und evaluiert wird.
Auch wenn dies ein großer Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik in Deutschland, aber auch in Baden-Württemberg wäre, weil wir wegkommen müssen von einer Topdown-Steuerung unseres Bildungswesens, müssen wir diesen Weg trotzdem beschreiten, wenn wir die kreativen Kräfte der Lehrerinnen und Lehrer in Baden-Württemberg stärker zur Entfaltung bringen wollen.
Schulentwicklung von unten, Frau Kultusministerin Schavan, kann nicht am grünen Tisch des Kultusministeriums gemacht werden, sondern nur von den Betroffenen vor Ort, von den Lehrerinnen und Lehrern mit Unterstützung der Eltern, die in diese Erziehungspartnerschaft aktiv eingebunden werden müssen.
In diesem Zusammenhang begrüße ich das Angebot des Landeselternbeirats, dass sich die Eltern stärker in die Schulen und auch in den Unterricht einbringen wollen. Ich halte dieses Angebot für hervorragend, wenn wir in der Fläche zu einem Ausbau von Ganztagsangeboten in BadenWürttemberg kommen wollen.
Mit „flächendeckend“, meine Damen und Herren, meine ich allerdings nicht 4 100 Ganztagsschulen, nämlich alle Schulen in Baden-Württemberg – es ist klar, Frau Ministerin, dass dies gar nicht zu leisten ist –, sondern Ganztagsschulen an allen Schularten, und hier blockieren Sie. Natürlich ist es richtig, zuerst die Schulen, an denen die Schüler einen besonders großen Förderbedarf haben, zu Ganztagsschulen auszubauen.
Aber der Ausbau darf sich nicht darauf beschränken. Wir sind der Meinung, dass in den nächsten Jahren für alle Kinder – egal, welche Schulart sie besuchen – in erreichbarer Nähe ein Ganztagsangebot geschaffen werden muss.
Im Sinne einer konstruktiven, einer positiven Erziehungspartnerschaft von Eltern und Schule muss allerdings auch, Frau Kultusministerin Schavan, konstruktive Kritik der Eltern ausgehalten werden und muss in einen Dialog mit den Eltern eingetreten werden.
Ich halte das Abkanzeln von Eltern, die Kritik äußern, wie Sie das jetzt im Zusammenhang mit der neuen Oberstufe gemacht haben,