Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Zweitens: Das Entscheidende ist: Wir wollen die Regierungspräsidien auflösen und eine Dezentralisierung auf zwölf Regionalkreise vornehmen. Das heißt, wirkliche Mammutbehörden werden jetzt in Regionen platziert, und das ist eine Dezentralisierung.

(Beifall bei den Grünen)

Die ist näher für diejenigen, die das brauchen. Aber in die Regierungspräsidien kommt ein normaler Bürger genauso wenig wie zu den Behörden der Regionalkreise, das ist doch vollkommen daneben.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Wer rennt denn zum Regierungspräsidium?)

Da geht es sozusagen um die Verwaltungsakte, die Kontrolle bedeuten, die Aufsicht bedeuten, die die grundlegenden Verwaltungsakte bedeuten. Dazu rennen nicht irgendwelche Unternehmer oder gewöhnliche Bürgerinnen und Bürger aufs Regierungspräsidium oder zu den Behörden der Regionalkreise. Das ist doch völlig abwegig.

(Abg. Drexler SPD: Eben! – Zuruf des Abg. Heinz CDU)

Warum können wir das machen? Nur deshalb, weil wir subsidiär denken, weil wir sagen: Im Rahmen der Schaffung von nur einer Mittelinstanz müssen tatsächliche Kompetenzen auf die Gemeinden herunterverlagert werden. Wir müssen uns zum Beispiel überlegen, was die großen Kreisstädte für alle Gemeinden erledigen können.

(Abg. Drexler SPD: Auch für andere!)

Wir wissen doch, dass wir Angelegenheiten der Jugendhilfe, des Baurechts herunterdelegieren, wirklich dezentralisieren und in die kommunale Selbstverwaltung verlagern können.

(Zuruf des Abg. Zimmermann CDU)

Das ist genau der Gedanke, der dahinter steckt. Daran führt natürlich letztlich gar kein Weg vorbei, wenn man eine Reform, wie wir sie wollen, macht. Das heißt: Wir denken gerade subsidiär und verlagern in diesem Prozess Funktionen herunter an die Gemeinden und Gemeindeverbände.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Wir gehen runter!)

Deshalb können wir auch die Ebene der Regierungspräsidien herunterverlagern.

Jetzt kommt Ihr großer Schwachpunkt – Sie, Herr Ministerpräsident, sind nicht darauf eingegangen, und Herr Pfister ist auch nicht darauf eingegangen –: Natürlich hat es Sie in die Klemme gebracht, wenn wir gesagt haben: 35 Landwirtschaftsämter, 9 Eichämter, 35 Staatliche Vermessungsämter, 9 Gewerbeaufsichtsämter, 19 Ämter für Flurneuordnung, 30 Schulämter, 35 Polizeidirektionen – wollen Sie aus denen immer 44 machen?

(Abg. Alfred Haas CDU: Nein!)

Dazu sagen Sie: „Nein. Wir machen Vor-Ort-Lösungen.“

(Abg. Drexler SPD: Ja was denn? – Abg. Schmie- del SPD: Was ist „vor Ort“?)

Wenn Sie aber Vor-Ort-Lösungen machen, dann macht genau ein Landkreis für andere Landkreise dasselbe mit.

(Abg. Drexler SPD: Das ist doch schon jetzt so!)

Das heißt, es geht haargenau in unsere Richtung: Die Einheiten sind zu klein, sie müssen größer werden. Sie landen dann ganz genau bei unseren Regionalkreisen, aber nicht in Form einer geordneten Verwaltung, sondern Sie landen dort ganz unstrukturiert nach dem Zufallsprinzip, gerade so, wie diese Behörden aussehen. Das ist doch eigentlich ein völlig unsinniges Konzept.

(Beifall bei den Grünen)

So kann man das abschließen.

Herr Hesse hat als Kritik an den Regionalkreisen gesagt, sie würden keine große Chance auf Durchsetzung haben.

(Abg. Drexler SPD: Das ist der Punkt!)

Um das zu sagen, muss man nicht besonders klug sein. Man muss sich nur die Mehrheitsverhältnisse im baden-württembergischen Landtag angucken. Dann weiß man, dass Ihre Reform kommt und nicht unsere.

(Abg. Seimetz CDU: Junge, Junge!)

Wir sind ja schließlich in der Opposition, und Sie sind an der Regierung.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Bis jetzt stimmt alles!)

Es ist aber doch wohl unser Job hier,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Natürlich!)

zu sagen, wie es anders und besser gemacht werden kann. Sie haben es jedenfalls vermieden,

(Abg. Drexler SPD: Heute das zu sagen!)

auf die Widersprüche, die wir hier in Ihrem Konzept aufgezeigt haben, überhaupt einzugehen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ich sehe keinen Wider- spruch!)

Sie konnten nicht darlegen, wie Sie diese Probleme mit diesen kleinen Landkreisen lösen können.

(Abg. Drexler SPD: Nicht einmal erklären! – Abg. Pfister FDP/DVP: Ich sehe keinen Widerspruch!)

Deswegen ist es, glaube ich, richtig, dass wir diese Konzeption hier überzeugend vorgetragen haben. Ich habe am Beispiel der Schulverwaltung noch einmal aufgezeigt – damit möchte ich schließen –: Der Kern einer Verwaltungsreform, die Einsparungen und zugleich Aufgabenerfüllung leisten soll, muss Aufgabenanalyse, Aufgabenkritik und Aufgabenreduktion umfassen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Und Synergien!)

Diese Antwort sind Sie total schuldig geblieben. Sie haben nicht gesagt, was Sie dezentralisieren. Sie haben keinen Bereich dargelegt, in dem Sie eine Aufgabenreduktion durchführen.

(Abg. Drexler SPD: Nichts!)

Deswegen bezweifeln wir, dass das vorgelegte Konzept diese Effizienzreserven schaffen kann. Wir allerdings werden

in den nächsten Jahren – da Ihre Reform kommt und nicht unsere, weil Sie regieren und wir opponieren – zum Schwerpunkt machen, Sie anhand von Aufgabenanalyse, -kritik und -reduktion dazu zu zwingen, die Verwaltung von Baden-Württemberg auch mit Ihrem Konzept tatsächlich effizienter zu gestalten. Das bieten wir jedenfalls konstruktiv an.

(Beifall bei den Grünen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Tagesordnungspunkt 1 ist damit abgeschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15:15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 14:15 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 15:15 Uhr)

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Pensionslasten und nachhaltige Finanzpolitik des Landes Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Ich möchte eingangs der Debatte, auch wenn offensichtlich noch nicht alle Rednerinnen und Redner anwesend sind – von den übrigen Kolleginnen und Kollegen ganz zu schweigen –, noch einmal darauf hinweisen, dass die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten hat und dass die Redezeit der Regierung darauf nicht angerechnet wird. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Redezeit von fünf Minuten. Die Redezeiten können nicht zusammengefasst werden. Ich bitte auch die Mitglieder der Landesregierung, sich an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.