Auch hier könnten wir uns sehr gut eine Bündelung der Zuständigkeit in nur einem Regierungspräsidium vorstellen.
Das Ziel, eine bürgernahe, schlagkräftige, kostengünstige und aufgabenorientierte Verwaltung zu entwickeln, ist für uns Liberale oberstes Prinzip der kommenden Verwaltungsreform im Bereich der gesamten Landesverwaltung, und dabei geht es darum, Bürokratie abzubauen und keine neue zu schaffen.
Klar ist für uns, dass Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes nicht nur von A nach B versetzt werden, sondern entscheidend ist für uns eine gleichzeitige Aufgabenkritik, der sich die jeweiligen Verwaltungen stellen müssen.
Nur so erreichen wir eine weiterhin schlagkräftige Verwaltung, die bereit und fähig ist, sich ihrer zukünftigen Verantwortung und ihren Aufgaben zu stellen.
Wenn man sich die Anfrage und die dazugehörige Antwort der Landesregierung anschaut, muss man sich schon fragen, was Sie eigentlich aus dieser Antwort gelernt haben, wenn Sie so heftig die Verwaltungsreform aus Spaichingen hochloben. Vielleicht müssen Sie es auch. Dafür habe ich ja Verständnis.
Manchmal muss man vielleicht Dinge verteidigen, die man gar nicht möchte. Der Kollege Drautz hat Sie da natürlich bei weitem übertroffen.
Er bricht ja fast in Jubel aus. Das war fast schon ein Trinkspruch – wie wir es bei unserem Besuch in Russland kennen gelernt haben –, was Sie da auf diese Verwaltungsreform abgelassen haben.
Aber ich frage mich wirklich, Kollege Drautz: Wie müsste eigentlich eine echte Reform aussehen? Ich glaube, bevor der Ministerpräsident mit seiner Reform kam, um alles über einen Kamm zu scheren, war der Kollege Stächele schon
wesentlich weiter. Sein Vorschlag, Kompetenzzentren einzurichten – ich wundere mich, Herr Kollege Drautz: Sie als Agrarpolitiker hätte ich eigentlich auf dieser Seite auch erwartet –, war meiner Ansicht nach der völlig richtige.
Hier hätte man die Flurneuordnung, die Vermessung und die Landwirtschaft zusammenführen können. Ich habe diesen Vorschlag von Anfang an unterstützt, Kollege Mappus.
Bloß dass aus unserer Sicht natürlich – das wird bei der jetzigen Landesregierung gerne vergessen – auch der Naturschutz dazugehört. Dann könnten wirklich die Synergieeffekte sinnvoll genutzt werden. Dann gäbe es erhebliche Einsparpotenziale.
Im Übrigen, Kollege Drautz, hat auch der Bauernverband dieses Vorgehen des Ministers unterstützt. Das heißt, man hätte eine breite Mehrheit in der Gesellschaft und eine breite Mehrheit im Parlament gehabt, um eine solche Reform zu machen, die auch sachgerecht gewesen wäre.
Ich frage Sie wirklich: Warum schlucken Sie das so, wie es jetzt gemacht werden soll, zumindest Sie von der FDP/ DVP? Bei der CDU höre ich zumindest auf dem Flur, dass es da ein bisschen mehr Widerstand geben soll.
Jetzt frage ich Sie, Herr Kollege Drautz: Haben Sie zum Beispiel mitbekommen, was Ihr Parteifreund in RheinlandPfalz gemacht hat? Auch dort geht man in Richtung Kompetenzzentren, weil man das als den richtigen Weg erkannt hat.
Sie bzw. der Ministerpräsident können sich von RheinlandPfalz noch eine weitere Scheibe abschneiden. Ihr Parteikollege, der zuständige Landwirtschaftsminister, hat verkündet: „Nach umfangreichen Beratungen mit allen betroffenen Institutionen und Verbänden“ – das ist eine wichtige Voraussetzung, um eine von der Gesellschaft und von den Betroffenen akzeptierte Verwaltungsreform zu machen – „kann das... bereits im November 2002 vorgestellte Konzept jetzt umgesetzt werden.“ Genau das hat man in Rheinland-Pfalz gemacht. Man hat in Rheinland-Pfalz die Aufgabenkritik an den Anfang einer Verwaltungsreform gestellt. Das halte ich für den richtigen Weg.
Wenn man sieht, was dort das Ziel ist – 40 % weniger Personalkosten, 50 % weniger Sachkosten –, dann kann ich nur sagen: Die sind uns einiges voraus. Deswegen, Kollege Drautz, glaube ich, wenn man der Flurneuordnung, die Sie so hochloben – natürlich sind die Konflikte nicht mehr so, wie sie in der Vergangenheit waren; auch dort wird wesentlich ökologischer gedacht als in der Vergangenheit, das will ich nicht in Abrede stellen –, mit Vermessungsämtern und Landwirtschaftsämtern und dem Naturschutz gerecht wer
den will, dann muss man anders denken, als alles in die Landratsämter oder in die Regierungspräsidien zu übertragen. Das halte ich für den völlig falschen Weg. Die Kompetenzzentren, wie sie auf dem Tisch gelegen haben, wären der richtige Weg.
Ja, deswegen. – Sie haben gesagt, es gäbe keine Konflikte mehr mit dem Naturschutz, es gäbe keine Konflikte mehr mit der Ökologie. Es gibt eine sehr neue Untersuchung des NABU für ganz Deutschland. Von der ist auch BadenWürttemberg betroffen. Die zeigt, dass es in der Tat noch erhebliche Konflikte gibt. Flurbereinigungsverfahren werden durchgezogen, bei denen auf dem Papier zwar einiges von Ökologie steht, das hinterher jedoch nicht geprüft wird.
Diese NABU-Untersuchung muss man einmal anhand von Einzelbeispielen nachprüfen. Deswegen sollte man heute nicht alles loben, sondern auch sehen, wo im Detail noch Probleme bestehen.
Ich erwarte von allen, die sich für den Naturschutz und die Agrarpolitik in Baden-Württemberg einsetzen, dass sie der Verwaltungsreform, wie sie der Ministerpräsident vorgeschlagen hat, zumindest für diese Teilbereiche nicht zustimmen werden. Ich erwarte auch den persönlichen Einsatz des Landwirtschaftsministers für seinen eigenen Vorschlag zu Kompetenzzentren. Es wäre schade, wenn er diesen Vorschlag kippen würde. Unsere Unterstützung für seinen Vorschlag wird er haben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal vielen Dank für das durchgängige, fraktionsübergreifende Bekenntnis zur Flurneuordnung. So viel Anerkennung macht schon fast wieder stutzig. Ich gehe davon aus, dass wirklich alle in diesem Hause in ihren Wahlkreisen schon einmal eine Flurneuordnung erlebt haben und dabei selbst erkennen und miterleben konnten, welche Entwicklungsschübe dies für die Gemeinden im ländlichen Raum bedeutet.
In der Tat, die hohe Nachfrage, die weit über das Angebot hinausgehende Nachfrage zeigt, dass da einiges zu tun ist. Ich will die Zahlen einmal nennen, damit Sie diese auch verwerten können: Ende 2002 waren 453 Flurneuordnungsverfahren im Gang mit knapp 400 000 Hektar Bearbeitungsfläche, einem Grundstückswert von 6 Milliarden € und 300 000 beteiligten Eigentümern.
Man muss sehen: Das ist sicher ein Gesamtpaket über Jahre – im Schnitt dauert das ja acht Jahre –, aber mit einem gewaltigen Volumen, das von der Flurneuordnungsverwaltung umgetrieben wird.
Ein Zweites – und das ist die Verantwortung des Hauses in den Haushaltsentscheidungen –: In den letzten 40 Jahren wurden über 1,3 Milliarden € an Zuschüssen in Flurneuordnungsverfahren investiert.
Wer sich so wie das Land Baden-Württemberg engagiert, der ist, glaube ich, über alle Vorwürfe erhaben, man wolle jetzt bei einer verwaltungsorganisatorischen Maßnahme irgendwo der Flurneuordnung ans Leder gehen. Das eine schließt das andere komplett aus. Deswegen einfach von vornherein noch einmal das eindeutige Bekenntnis zur Flurneuordnung als wichtigem Bestandteil der Entwicklung des ländlichen Raums in Baden-Württemberg.