Das heißt, bevor ich eine neue Klasse eröffne, muss ich die Möglichkeiten der bestehenden Einheiten nutzen. Aber ich komme gleich noch auf die Zahlen zu sprechen.
Wenn also, liebe Kolleginnen und Kollegen, die duale Bildung das Herzstück der beruflichen Bildung ist, dann muss zunächst einmal alles getan werden, um diesen Bereich, der in Deutschland in einer dramatischen Lage ist, zu stabilisieren. Dafür gibt es viele Ursachen. Frau Rastätter hat ja mit ihrer Aussage Recht, dass die Ursachenanalyse den Jugendlichen nicht hilft. Aber die Ursachenanalyse hilft der Politik, weil sie wissen muss, wo Impulse notwendig sind, damit der Ausbildungsmarkt wieder zum Florieren kommt.
Das wissen Sie auch. Ich vertiefe das heute überhaupt nicht. Wir haben die nächsten zwei Tage noch genug Zeit dafür, uns zu streiten. Deshalb sage ich das mit großer Gelassenheit. Es ist doch wirklich nicht nur eine Nachricht aus CDU-Pressestellen, dass für die dramatische Lage auf dem Ausbildungsmarkt vor allem die dramatische Lage der deutschen Wirtschaft ausschlaggebend ist.
Herr Wintruff, Sie wissen sehr genau, dass es da in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ein Auf und Ab gegeben hat.
Ich habe doch das Wort „SPD“ noch gar nicht ausgesprochen. Bleiben Sie ganz ruhig. Sie brauchen Ihre Nerven noch.
(Abg. Seimetz CDU: Aber doch nicht der Wintruff! – Abg. Blenke CDU: Die sprechen doch nur mit Gewerkschaften!)
Deshalb wissen Sie: Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist ein hochsensibler Indikator für die Lage der Unternehmen und für die Frage, was wir uns noch leisten können.
Ein Unternehmen, das den Eindruck hat, das nächste Jahr nicht zu überleben, wird keine neuen Ausbildungsplätze schaffen.
Deshalb sollten wir auch am politischen Konsens darüber arbeiten, dass für Verbesserungen der Zukunftschancen junger Menschen wirtschaftspolitische Perspektiven und Impulse zwingend notwendig sind. Allein mit der Bildungspolitik schaffen wir das nicht.
Frau Ministerin Schavan, ist Ihnen bekannt, dass gemäß einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft vier von fünf Betrieben als Hauptgrund dafür, dass sie nicht ausbilden, die mangelhafte Qualifikation der Jugendlichen nach dem Schulabschluss angeben?
(Abg. Schmiedel SPD: So ist es! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Aha! – Abg. Wintruff SPD: Darauf habe ich auch schon hingewiesen! – Gegenruf des Abg. Wacker CDU: Das hat nur keiner verstan- den!)
Ja, auch ich habe Zeitung gelesen. Dort steht heute über diesen Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft – erste Aussage –, es gebe überhaupt keine dramatische Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Alle Zahlen, die Sie zitiert haben, würden in diesem Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft nicht bestätigt.
Da wird nicht von 100 000 fehlenden Lehrstellen gesprochen, von denen Frau Bulmahn gestern noch gesprochen hat. Da wird auch nicht von dem Rückgang um 13 % gesprochen, von dem wir sprechen und von dem wir bis heute ausgehen, sondern das Institut der deutschen Wirtschaft sagt: Zum Schuljahresbeginn werden in Deutschland maximal 20 000 bis 30 000 Lehrstellen fehlen. Auch die davon betroffenen Jugendlichen werden bis zum Jahresende integriert werden.
Zweite Aussage: Als Hauptursache für diesen Rückgang – der deutlich niedriger geschätzt wird, als wir es tun, wobei man sich über solche Schätzungen gar nicht zu streiten braucht; man muss sehen, wie sich die Fakten in den nächsten Monaten entwickeln – benennt das Institut der deutschen Wirtschaft die dramatische Lage der Betriebe in Deutschland. Ich kann es Ihnen wörtlich zitieren:
Grund für das abnehmende Lehrstellenangebot sind vor allem eine fehlende wachstumsfördernde Wirtschaftspolitik und die lahmende Konjunktur.
Nein, ich bringe das jetzt zu Ende. Dann kann Herr Wintruff aus seinem Zeitungsartikel zusätzlich fragen.
Weiterhin wird gesagt, dass ein Teil der Bewerber zum Zeitpunkt der Bewerbung nicht genügend auf die Lehrstelle vorbereitet sind. Das ist schon seit 30 Jahren ein Thema.
Das nehmen wir ernst. Deshalb haben wir genau im Hinblick auf die Gruppe schwacher Schüler und Schülerinnen viele zusätzliche Angebote geschaffen, um sie auf eine qualifizierte Ausbildung vorzubereiten, weil sie nach der regulären Schulzeit noch nicht so weit sind. Aber genau das war eben schon einmal Streitpunkt.
Mit Blick auf die Risikogruppe hat es in den vergangenen Jahren eine Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gegeben, Stichwort – unter anderem – Garantiefonds.
Eben ist darüber gestritten worden, ob richtig ist, was Herr Wacker gesagt hat. Es ist richtig; und ich kann Ihnen jetzt auch genau vorlesen, was von der Arbeitsverwaltung über das Jahr 2003 gesagt und für 2004 angekündigt worden ist.
Bezüglich des Jahres 2004 ist völlig klar: Mittel gibt es überhaupt nur noch für diejenigen, die nicht berufsschulpflichtig sind. Das heißt, selbst SPD-regierte Länder bezweifeln doch nicht, sondern beklagen dies umgekehrt, dass diese wichtige Unterstützung des Bundes über kurz oder lang wegfällt und schon jetzt stagniert und in Zeiten, in denen es besonders wichtig wäre, Impulse des Bundes für schwache Schüler und Schülerinnen ausbleiben. Das sind die Fakten in Deutschland.