Gleichzeitig wird unserer Meinung nach durch diese Maßnahme der Meisterbrief als Qualitätssiegel aufgewertet.
Der Meisterbrief kann fakultativ ja jederzeit erworben werden, und ihn wird es daher weiterhin geben. Meine Damen und Herren, wenn ein Frisörgeselle meint, er müsse trotzdem den Meisterbrief erwerben, wird er zum Beispiel durch das Meister-BAföG unterstützt.
Doch, das steht in unserer Novelle. Dann haben Sie sie nicht gelesen, muss ich feststellen. Lesen Sie unsere Novelle!
Im Übrigen geht es bei der großen Novelle überhaupt nicht um die Abschaffung des Meisterbriefes, sondern lediglich um die Aufhebung des Zwangs zur Ablegung der Meisterprüfung in vielen Handwerksberufen.
(Abg. Fleischer CDU: Was ist die Wirkung? Genau die gleiche! – Minister Dr. Christoph Palmer: Das ist faktisch das Gleiche!)
Ich wollte gerade Schluss machen. – Ich gehe darauf im zweiten Teil noch ein, Herr Kollege Fleischer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Der Titel der Debatte lautet: „Der deutsche Meisterbrief“, und ich darf Ihnen ganz kurz und knapp die Position der Grünen dazu darlegen.
Sie heißt: Der deutsche Meisterbrief bleibt erhalten. Der deutsche Meisterbrief ist ein wichtiger Beitrag zur Qualifi
zierung junger Handwerker. Sie erwerben bei der Ausbildung zum Meister wichtige betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Das macht sie dann fit, einen eigenen Betrieb zu führen.
(Minister Dr. Christoph Palmer: Das ist bisher nicht schlecht! – Abg. Fleischer CDU: Bis auf den letzten Halbsatz!)
Worum geht denn der politische Streit, Herr Fleischer? Es geht um die Frage, ob jeder, der einen Handwerksbetrieb gründet, einen Meisterbrief haben muss. Dafür, diesen Zwang zu lockern – ihn nicht abzuschaffen, aber zu lockern –, gibt es drei gute Gründe. Die Stichworte lauten: erstens Europa, zweitens Arbeitsmarkt und drittens Verbraucher.
Das erste Stichwort ist „Europa“. Den Meisterzwang gibt es außer in Deutschland nach meiner Kenntnis nur in Österreich und in Luxemburg.
(Abg. Capezzuto SPD: In Österreich auch nicht mehr! Das Bundesverfassungsgericht hat ihn in Ös- terreich abgeschafft!)
Also noch ein Land weniger. – Deutschland steht mit dem Zwang zum Erwerb des Meisterbriefs in Europa ziemlich allein da.
Das hat dazu geführt, dass ein Handwerker aus Frankreich, der nach Deutschland kommt, hier einen Betrieb gründen kann.
(Minister Dr. Christoph Palmer: Aber das spielt keine Rolle! – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD: Was heißt da „spielt keine Rolle“?)
Er braucht keinen Meisterbrief. Aber sein deutscher Kollege kann den Betrieb nur gründen, wenn er einen Meisterbrief hat.
(Abg. Fleischer CDU: Die 15 italienischen Frisöre machen das Kraut doch nicht fett! – Minister Dr. Christoph Palmer: Das hat doch gar keine Rele- vanz!)
Wir haben heute Vormittag ausführlich über die EU gesprochen, und hier wurde das Hohelied von der europäischen Einigung gesungen. Und jetzt wollen Sie von der CDU und
der FDP/DVP die Diskriminierung von Inländern verteidigen. Das ist absurd. Ich fordere Sie auf, die Ablehnung aufzugeben.
Punkt 2 – darauf hat Herr Kollege Capezzuto schon hingewiesen –: Die geltende Handwerksordnung stellt eine massive Marktzutrittsbeschränkung dar. Sie erschwert Neugründungen und erschwert damit auch die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze.
Die Monopolkommission hat gesagt, bei einer Abschaffung des Meisterzwangs würden eine Million Arbeitsplätze neu entstehen. Herr Fleischer, ich bin mit Ihnen einer Meinung: Diese Zahl ist sicher unrealistisch.
Aber die Abschaffung der Marktzutrittsbeschränkung und mehr Gerechtigkeit beim Zugang zum Arbeitsmarkt würden mehr Dynamik bringen, und eine solche Dynamik kann dazu führen, dass neue Betriebe gegründet werden. Sie führen auch zu Arbeitsplätzen. Wir haben dafür Beispiele in Europa.
Sehen Sie sich beispielsweise Südtirol an, wo es genau deshalb zu einem Zuwachs an Betrieben im Handwerk gekommen ist. Ich kann nur sagen: In der derzeitigen Situation des Arbeitsmarkts müssen wir alles unternehmen, um auch kleine Effekte im Arbeitsmarkt zu realisieren.