Protokoll der Sitzung vom 17.07.2003

im Leben, in der freien Wirtschaft und in der Politik. Diesen Anachronismus, der in unserer Gemeindeordnung noch enthalten war, haben wir gemeinsam weggeräumt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Fischer SPD: Ach so! Das hätte man auch vorher machen können!)

Auch dies war keine Kungelei.

Jetzt liegt ein Gesetzentwurf auf dem Tisch, der gemeinsam abgesprochen und beraten wurde. Die CDU-Fraktion schloss sich der Anregung des Koalitionspartners an. Gegenseitiger Respekt und gegenseitiger Rat festigen die Koalition.

(Lachen bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Ist sie in Gefahr?)

Vor allem kleinere politische Gruppierungen werden vom neuen Gesetz profitieren. Darüber sollten gerade die Grünen nachdenken: Dadurch haben auch kleine Parteien weitere Chancen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wir sind selber stark!)

In diesem Sinne: Die CDU-Fraktion steht hinter diesem Gesetzentwurf. Wir tragen den Gesetzentwurf gemeinsam mit der FDP/DVP.

(Abg. Fischer SPD: In voller Stärke!)

Ich meine, es wird am Schluss eine gute Sache für die Zukunft.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Nagel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute mit Teil 2 der Serie „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“.

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD und Abgeordne- ten der Grünen – Abg. Pfister FDP/DVP: Herrlich! – Abg. Hauk CDU: Wir haben keine kabarettisti- sche Veranstaltung!)

Ich freue mich aufrichtig, dass ich heute hier wieder vertraute Gesichter von CDU-Innenpolitikern sehe. Einen Teil von Ihnen habe ich bei der Sondersitzung des Innenausschusses vermisst.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Gott sei Dank hat man Sie offensichtlich nur zeitweise ausgesperrt.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Zu Ihren Bemerkungen, Herr Kurz. Ihr Parteifreund, der ehemalige Oberbürgermeister von Stuttgart, Herr Rommel,

hat einmal gesagt: Wenn Sie schon wissentlich Unrichtiges vortragen müssen, dann sollten Sie wenigstens undeutlich sprechen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Da hat er Recht!)

Ich habe bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs die Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion vorgetragen. Was hat sich nun seit dieser ersten Lesung getan? Die kommunalen Landesverbände haben sich im Rahmen der Anhörung schriftlich geäußert und all das bestätigt, was ich damals bereits für die SPD-Fraktion vorgetragen habe. Der Landkreistag, der Gemeindetag, der Städtetag: Alle lehnen die geplante Veränderung des Kreistagswahlrechts vehement ab.

Der Gemeindetag führt unter anderem aus – ich zitiere aus der Stellungnahme vom 3. Juli 2003 –:

In der Abwägung der Nachteile und Vorteile der mit dem Gesetzesvorschlag verbundenen Abweichung vom geltenden Wahlsystem gibt der Gemeindetag jedoch der Beibehaltung der starken Persönlichkeitselemente im Kommunalwahlrecht den eindeutigen Vorzug

(Abg. Pfister FDP/DVP: Daran ändert sich ja gar nichts!)

und spricht sich deshalb ausdrücklich gegen die vorgesehene Gesetzesänderung aus, nicht zuletzt auch deshalb, weil nicht einzuschätzen ist, ob Wählerinnen und Wähler solche Wahlrechtsänderungen akzeptieren oder diese eher geeignet sind, die Wahlmüdigkeit zu verstärken.

Soweit der Gemeindetag.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Der Städtetag führt unter anderem aus – ich zitiere aus dessen Stellungnahme –:

Die durch den Gesetzentwurf bezweckten Änderungsvorhaben, Wahlbewerbern bei Kreistagswahlen Doppelkandidaturen innerhalb desselben Landkreises sowie – als notwendige Folge – Kandidaturen unabhängig von deren Hauptwohnort in beliebig bestimmbaren Wahlkreisen zu ermöglichen, würden zu einer Schwächung der Persönlichkeitswahlelemente zugunsten von Verhältniswahlmechanismen führen. Weder aus der kommunalen Praxis noch aus dem Gesetzentwurf sind Gründe ersichtlich, welche diese Verschiebung notwendig oder gar vorteilhaft erscheinen lassen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Ich zitiere nun noch aus der Stellungnahme des Landkreistags. Dort wird unter anderem ausgeführt:

Die vorgesehene Option der Mehrfachbewerbung widerspricht dem Prinzip der Persönlichkeitswahl. Bisher konnte sich ein Wähler darauf verlassen, dass ein erfolgreicher Bewerber das Mandat annehmen und ausüben muss. Da nur ein Mandat angenommen werden

kann, müssten sich all diejenigen Wähler getäuscht fühlen, die den Bewerber gewählt haben, der in ihrem Wahlkreis zwar gewählt wurde, das Mandat dann aber nicht ausübt.

(Abg. Fischer SPD: Ja! – Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Dessen Stimmen sollen nach den Vorstellungen der FDP den anderen Bewerbern der Liste zugute kommen. Es ist zu befürchten, dass derartige Manipulationen am Wahlrecht die Wahlmüdigkeit verstärken....

Aus den dargestellten Gründen bittet der Landkreistag dringend, von dem Gesetzesvorhaben Abstand zu nehmen.

Blattschuss, meine Damen und Herren von der FDP/DVP und von der CDU.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Aber auch wenn man die Presse studiert, kann man Interessantes finden.

(Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Lesen Sie nicht nur die Zeitung vor!)

Entschuldigen Sie bitte, ich habe noch nicht einmal 10 % der Zitate gebracht, die der Ministerpräsident in einer Rede im Normalfall anführt.

(Heiterkeit – Abg. Blenke CDU: Der hat auch kei- ne Redezeitbegrenzung! – Abg. Dr. Glück FDP/ DVP: Eigene Gedanken, nicht nur Zitate!)

Die „Ludwigsburger Kreiszeitung“ schreibt am 28. Juni 2003 unter der Überschrift „Doppelter Weng“ – gemeint ist Ihr Kollege Weng von der FDP/DVP –:

Das doppelte Lottchen ist seit Erich Kästner eine literarische Gestalt. Doch bald gibt es auch den doppelten Weng. Allerdings als kreispolitische Figur. Weil es den 61-jährigen Gerlinger Apotheker unbedingt in den Kreistag zieht, muss das Wahlrecht vom Landtag geändert werden. Nicht dass der Gerlinger von einer Kandidatur ausgeschlossen wäre – nein, aber in seinem Wahlkreis Gerlingen/Ditzingen hatte die FDP noch nie den Hauch einer Chance.... Wenn nun die CDU/ FDP-Koalition im Landesparlament aber so genannte Doppelkandidaturen zulässt,

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

dann darf sich Wolfgang Weng einen ihm passenden Wahlkreis aussuchen...

Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt!

(Abg. Scheuermann CDU: Herr Nagel, das können wir auch anders lesen!)

Andreas Müller hat in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 8. Juli 2003 einen denkwürdigen Kommentar unter der Überschrift „Schindluder“ geschrieben. Ich zitiere daraus einige Zeilen:

Ist der FDP eigentlich überhaupt nichts mehr peinlich?