Protokoll der Sitzung vom 17.07.2003

Dann rufe ich die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. I n g e U t z t S P D – Z u r ü c k s t e l l u n g v o n E i n b ü r g e r u n g s a n t r ä g e n

Frau Abg. Utzt, Sie erhalten das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich frage die Landesregierung:

a) Trifft es zu, dass das Regierungspräsidium Freiburg einbürgerungswilligen italienischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern rät, ihren Einbürgerungsantrag bis zur Klärung der Frage einer eventuell vorübergehenden Doppelstaatsangehörigkeit zurückstellen zu lassen?

b) Sind der Landesregierung ähnliche Vorgehensweisen bei anderen Regierungspräsidien bekannt?

(Abg. Teßmer SPD: Das ist ein dicker Hund!)

Das Wort zur Beantwortung dieser Mündlichen Anfrage erhält für die Landesregierung Herr Staatssekretär Rech.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Frau Kollegin Utzt, im Namen der Landesregierung darf ich Ihre Mündliche Anfrage wie folgt beantworten:

Zunächst einmal eine Vorbemerkung. Man könnte versucht sein, die Frage formal mit Nein zu beantworten, weil weder das Regierungspräsidium noch etwa das Innenministerium Kontakt mit Antragstellern haben.

(Abg. Teßmer SPD: Na, na, na!)

Sie können solche Ratschläge also nicht erteilen.

(Abg. Inge Utzt SPD: Soll ich Ihnen die Korres- pondenz zeigen?)

Aber so einfach machen wir es uns natürlich nicht, und die Antwort wird Sie – so hoffe ich jedenfalls – zufrieden stellen, denn die Verfahrensweise, die ich jetzt gleich schildere, ist ein Entgegenkommen den Antragstellern gegenüber.

Ich will Ihnen das begründen. Es gibt ein Übereinkommen vom 6. Mai 1963 über die Verringerung der Mehrstaatigkeit auf der einen Seite und zur Wehrpflicht von Mehrstaatern auf der anderen Seite. Das Innenministerium hat nun die Regierungspräsidien und die Einbürgerungsbehörden

(Staatssekretär Rech)

mit Schreiben vom 10. Februar dieses Jahres über die Kündigung dieses Übereinkommens informiert und hat dargestellt, dass nach unserer Auffassung keine Gegenseitigkeit im Sinne des § 87 Abs. 2 des Ausländergesetzes besteht.

Das heißt, französische und italienische Einbürgerungsbewerber erhalten eine Einbürgerungszusicherung. Dementsprechend verfahren die Einbürgerungsbehörden nicht nur im Regierungsbezirk Freiburg – wie Sie anfragen –, sondern auch in den übrigen Regierungsbezirken.

Antragstellern, Frau Kollegin Utzt, die dies nicht möchten – nämlich zunächst eine Einbürgerungszusicherung zu erhalten –, wird angeboten, die Bearbeitung ihres Antrags bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Revisionsantrag von Bayern zurückstellen zu lassen.

(Abg. Teßmer SPD: Das klang wie eine Drohung!)

In einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht haben sowohl das Verwaltungsgericht Ansbach als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München eine andere Auslegung des § 87 Abs. 2 des Ausländergesetzes vertreten, als das Land Bayern sie vertritt.

(Abg. Inge Utzt SPD: Und Baden-Württemberg!)

Und auch Baden-Württemberg; Sie wissen dies. Wegen der grundlegenden Bedeutung dieser Sache hat der VGH – wie immer in solchen Fällen – die Revision zugelassen. Bayern hat auch fristgerecht Revision eingelegt. Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird im Laufe des nächsten Jahres gerechnet.

Deswegen ist die Verfahrensweise ein Entgegenkommen gegenüber den Antragstellern und geschieht nur mit deren Zustimmung. Wenn die Antragsteller beides ablehnen, nämlich Einbürgerungszusicherung und Zurückstellung ihres Antrags, also auf Entscheidung bestehen, dann muss der Antrag abgelehnt werden – nebenbei bemerkt: mit entsprechender Kostenfolge. Um dies zu vermeiden, bieten wir diesen Weg an.

Zusatzfrage, Frau Abg. Utzt.

Ist der Landesregierung bewusst, dass es durch die von Ihnen beschriebene Praxis italienischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern quasi unmöglich ist, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, weil das italienische Staatsangehörigkeitsrecht eine auch nur vorübergehende Staatenlosigkeit nicht zulässt?

Die tritt ja nicht ein, wenn der Antrag zurückgestellt wird.

(Abg. Inge Utzt SPD: Eben!)

Zweite Zusatzfrage.

Gerade aufgrund Ihrer Antwort, Herr Staatssekretär: Ist der Landesregierung bekannt, wie viele Einbürgerungsanträge italienischer Staatsangehöriger aufgrund der von Ihnen beschriebenen Praxis zurückgestellt, zurückgenommen oder vorsorglich erst gar nicht gestellt worden sind?

Über die Anzahl der erst gar nicht gestellten Anträge können wir natürlich keine Erkenntnisse haben.

(Heiterkeit bei der CDU – Abg. Inge Utzt SPD: Das ist klar!)

Insoweit bewege ich mich auf sehr sicherem Eis.

Die Zahlen zu der anderen Frage müsste ich in der Tat erheben lassen. Ich weiß nicht, ob es darüber eine Statistik gibt. Das müsste in jedem Regierungsbezirk jetzt einzeln abgefragt werden. Einbürgerungsbehörde ist nicht das Regierungspräsidium. Aber ich kann der Frage gerne nachgehen. Wenn Erkenntnisse darüber vorliegen, werde ich Ihnen die genauen Zahlen gerne nennen.

Ich weiß nicht, ob es gestattet ist, dass auch der Gefragte eine Frage stellt, eine ganz harmlose, Frau Kollegin Utzt.

(Abg. Inge Utzt SPD: Ich lasse eine Frage zu! – Heiterkeit)

Frau Utzt wird nicht die Möglichkeit haben, solche Fragen zu beantworten.

Es liegt ja angeblich ein Gutachten zu dieser Frage vor. Dieses ist dem Innenministerium aber nicht bekannt. Deswegen könnten wir uns vielleicht bilateral darüber verständigen, dass wir das Gutachten in die künftige Handhabung mit einbeziehen.

(Abg. Inge Utzt SPD: Ich werde Ihnen das Datum des Gutachtens nennen! Ich habe es drüben in mei- nem Büro! – Heiterkeit)

Kein Problem. Vielen Dank.

Damit ist die zweite Anfrage erledigt.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 3 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. B o r i s P a l m e r G R Ü N E – V e r k e h r s v e r t r a g d e s L a n d e s m i t d e r D e u t s c h e n B a h n

Das Wort zur Verlesung seiner Anfrage erhält Herr Abg. Boris Palmer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Welche Zugleistungen des in der vergangenen Woche unterzeichneten Verkehrsvertrags des Landes mit der Deutschen Bahn sind vor Ablauf der Vertragsdauer im Jahr 2016 für eine Vergabe im Wettbewerb vorgesehen (vorgesehene Vergaben mit Umfang in Zugkilometer und Euro pro Jahr sowie vorgesehenem Jahr der Betriebs- übergabe) ?

b) Wie stellt sich die Landesregierung einen kontinuierlichen Übergang in den Wettbewerb mit einer Stärkung neuer Schienenverkehrsanbieter vor, wenn zwei Drittel des Vergabevolumens von 350 Millionen € pro Jahr der Deutschen Bahn bis zum Jahr 2016 garantiert werden und dann auf einen Schlag neu zu vergeben sind?

Das Wort zur Beantwortung der Anfrage erhält Herr Staatssekretär Mappus.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage des Herrn Abg. Palmer wie folgt:

Zu a: Ausgehend von bisher 49 Millionen Zugkilometern werden während der Vertragslaufzeit Leistungen in Höhe von rund 17 Millionen Zugkilometern bzw. rund 35 % der Gesamtleistung aus dem Vertrag herausgelöst.

Folgende Leistungen werden während der Vertragslaufzeit auslaufen: S-Bahn Rhein-Neckar, erste Stufe, mit 2,71 Millionen Zugkilometern zum 15. Dezember 2003, Hausach– Freudenstadt mit 0,32 Millionen Zugkilometern im Jahr 2004, Heilbronn–Öhringen mit 0,26 Millionen Zugkilometern im Jahr 2005, Nordschwarzwald–Pforzheim–Horb–Tübingen mit 1,24 Millionen Zugkilometern im Jahr 2005, Schwarzwaldbahn mit 3,59 Millionen Zugkilometern im Jahr 2006, Südbahn mit 1,96 Millionen Zugkilometern im Jahr 2011, Verkehrsnetz Nordwürttemberg mit 2,15 Millionen Zugkilometern im Jahr 2012, S-Bahn Rhein-Neckar, zweite Stufe, mit 3,9 Millionen Zugkilometern im Jahr 2015. Hinzu kommen verschiedene Grenzverkehre mit einem Volumen von 1,28 Millionen Zugkilometern, abhängig von Ausschreibungsaktivitäten in Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern.