Protokoll der Sitzung vom 17.07.2003

Das begrüßen wir. Wir wollen all jenen Einhalt gebieten, die bereit sind, alle Quellen – beste Quellen, ertragreiche Quellen, Quellen von Lourdes bis Fatima und Wigratzbad – der Liberalisierung anheim zu stellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Hillebrand.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich kann es – nicht zuletzt mit Blick auf die vorgerückte Zeit und auf die große Übereinstimmung in diesem Haus – kurz machen. Wir alle in diesem hohen Haus – ich schließe die FDP/DVP ausdrücklich mit ein –

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wenns stimmt!)

und maßgebliche Kreise darüber hinaus – es stimmt, Herr Palmer –, der Bundestag, die Innenministerkonferenz, die Umweltministerkonferenz und die kommunalen Spitzenverbände auf Bundes- und auf Landesebene, alle sind sich darin einig, dass die Wasserwirtschaft in unserem Land speziell in der Form, wie sie hier in Baden-Württemberg seit Jahrzehnten von Städten und Gemeinden, von kleinen, mittleren und großen Zweckverbänden hervorragend organisiert ist, Zukunft hat.

Auslöser der heutigen, von der SPD beantragten Diskussion, Herr Kollege Haller, ist die von der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission proklamierte Liberalisierung des Wassermarkts. Dass es bei einem geschätzten riesigen Absatzmarkt im Volumen von rund 80 Milliarden € auf dem Wassermarkt Begehrlichkeiten gibt, liegt auf der Hand. Ich bestreite auch nicht, dass es in Europa wasserwirtschaftlich unterentwickelte Regionen gibt, die von einer Liberalisierung des Wassermarkts profitieren würden.

Wasser ist indessen – da schließe ich mich dem an, Herr Kollege Haller, was Sie gesagt haben – keine Ware, die zur Disposition des Marktes gestellt werden kann. Wasser ist schlechthin das Lebensmittel Nummer 1, das unseren Bürgern von rund 1 300 Wasserversorgungsunternehmen in Baden-Württemberg überaus preiswert und bestens aufbereitet und kontrolliert zur Verfügung gestellt wird. Dies soll auch in Zukunft so bleiben.

Garant hierfür sind unsere Städte und Gemeinden, unsere kleinen, mittleren und überregionalen Wasserversorgungsunternehmen und die von den Koalitionsfraktionen dieses Hauses getragene Landesregierung.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Oi, oi, oi!)

Dieses hohe Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat seinen politischen Willen 1998 in der Novellierung des Wassergesetzes zum Ausdruck gebracht. § 43 dieses Wassergesetzes sieht den Vorrang der örtlichen Wasserversorgung vor und ergänzend überall da, wo Bedarf ist, die regionale oder eine Fernwasserversorgung. Dazu stehen wir von der CDU nach wie vor.

Wir werden auch in Zukunft alles dafür tun, dass Trinkwasser nicht einem zwangsliberalisierten Wassermarkt zum Fraß vorgeworfen wird.

(Beifall bei der CDU)

Besser gesagt, um im Bild zu bleiben: Wir werden alles dafür tun, dass sich profitorientierte, supranational agierende Großwasserversorger nicht einen kräftigen Schluck aus der Pulle der baden-württembergischen Wasserwirtschaft genehmigen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Göschel SPD)

In diesem Sinn, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen: Gewachsene, erfolgreiche und preiswerte Strukturen dürfen im Interesse unserer Bürger nicht zerstört werden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Jahr 2003 wurde von den Vereinten Nationen zum „Internationalen Jahr des Süßwassers“ bestimmt, und das mit gutem Grund. Im Einführungsbeitrag von Herrn Haller wurde schon erwähnt, dass es tatsächlich Gegenden auf der Welt gibt, in denen es mit dem Wasser wesentlich mehr Probleme gibt als bei uns. Aber auch uns ist natürlich klar, dass Wasser das wichtigste Lebensmittel überhaupt ist. Denn jeder von uns weiß: Man kann etliche Tage leben, ohne etwas zu essen, aber nur wenige Stunden, ohne etwas zu trinken.

Aber wie ist denn die Lage bei uns? Bei uns ist die Qualität des Wassers top, aber wir sind auch, wie in der FAZ vom 7. Juli dieses Jahres festgestellt wird, bei den Wasserpreisen europaweit Spitze. Eigentlich gehören sowohl die Qualität als auch der Preis zum Verbraucherschutz.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Dass die EU-Kommission aktiv wird, ist deswegen zu verstehen. Allerdings sind wir der festen Überzeugung, dass es so rigide, wie es in der FAZ dargestellt ist, mit Sicherheit nicht kommen kann. Beim Wasser kann es nicht eine

Marktöffnung wie beim Strom geben. Da ist das Lebensmittel als Medium viel zu sensibel. Was wir jedoch brauchen, ist eine stärkere Beteiligung privater Unternehmen – das ist wünschenswert –, auch zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Kommunalbetriebe, wo nun wirklich finanzielle Probleme bestehen,

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

und damit letztlich zum Nutzen der Bürger.

Deshalb unterstützt die FDP/DVP Bemühungen, auch im Bereich Wasser kostengünstige Strukturen zu schaffen, eben mit der Möglichkeit, das Know-how privater Unternehmen für die Kommunen zu nutzen, verbesserte Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Die letzte Verantwortung wird immer bei den Kommunen liegen müssen, und der Fortbestand der kommunalen Wasserwirtschaft muss garantiert werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Jetzt habe ich mich einigermaßen gewundert, dass Sie, Herr Haller, mit Angst vor Liberalisierung offensichtlich wieder einmal Stimmen fangen wollen. Ich habe mich erkundigt, worum es bei der Wirtschaftsministerkonferenz eigentlich ging. Sie haben da ein Riesengespenst an die Wand gemalt.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Ich sage Ihnen, worum es ging. Es ging erstens um eine von der Organisationsform unabhängige steuerliche Gleichbehandlung durch einen einheitlichen ermäßigten Umsatzsteuersatz. Es ging zweitens um eine bundeseinheitliche Regelung von Ausschreibungen, und es ging drittens darum, ein Kennziffernvergleichssystem in der Wasserwirtschaft einzuführen.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Alfred Winkler?

Ich führe meinen Gedanken auf jeden Fall noch zu Ende. – Wo da ein Problem der Gefährdung durch stärkere Liberalisierung liegt, das ist mir nun wirklich nicht erkennbar.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Es sollen lediglich Rationalisierungsmöglichkeiten erkannt und Änderungen, wenn sie gewünscht werden, ermöglicht werden.

Jetzt, Herr Winkler.

Bitte sehr, Herr Abg. Winkler.

Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass bei den WTO-Verhandlungen neben dem Bildungsbereich unter anderem der Vorsorgebereich explizit der Liberalisierung zugesprochen wird, sodass wir auf diesem Gebiet in Zukunft weltweite Konzerne haben und das ein Problem des Welthandels und nicht nur einer Ministerkonferenz der EU ist?

Ich spreche hier zu Ihrem Antrag, Herr Kollege. Darin ist von einem Antrag bei der Wirtschaftsministerkonferenz die Rede, und dazu habe ich gesprochen.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Was die WTO macht, ist, glaube ich, nicht Sache des Landtags von Baden-Württemberg.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Fischer: Doch, ir- gendwann schon!)

Ja, deswegen ziehe ich auch noch ein Fazit.

Ich habe Ihnen gerade gesagt, was die Wirtschaftsministerkonferenz wollte. Wenn Sie dazu deutliche Erläuterungen wollen, erkundigen Sie sich vielleicht als Erstes einmal bei einem Herrn Wolfgang Clement, der im Deutschen Bundestag deutlich gefordert hat, dass die Bundesregierung in Abstimmung mit Ländern, Kommunen und Verbänden der Wirtschaft eine Modernisierungsstrategie für eine nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland entwerfen soll. Genau da stehen nun etliche dieser Dinge drin, die Sie gerade befürchtet haben. Aber ich denke, das braucht man hier gar nicht intensiv zu beantworten.

Ich sage Ihnen nur eines: Die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und die Steigerung der Effizienz sind notwendig und sinnvoll. Dabei müssen aber bewährte Standards beibehalten werden.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Wenn wir es erreichen, das mit weniger Staat zu organisieren, wäre uns das eine wichtige Sache. Das heißt, wir wollen private Aufgabenerledigung ermöglichen. Aber wir müssen selbstverständlich die Versorgungszuständigkeit, die letzte Entscheidung und auch die regelmäßige Überprüfung und Bestätigung bei den Kommunen und beim Staat belassen, weil das einfach zur Daseinsvorsorge gehört.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Insofern ist für irgendwelche Ängste überhaupt kein Raum.