Im Gegenteil: Wir haben ein Interesse daran, dass die Mobilfunkbetreiber trotz der topographisch schwierigen Verhältnisse in Baden-Württemberg rasch den UMTS-Standard ausbauen können. Wenn ich die Beratungen dieses Themas im Wirtschaftsausschuss richtig in Erinnerung habe, dann waren wir uns fraktionenübergreifend nahezu einig. Ich glaube, bei den Grünen gab es Vorbehalte, aber zumindest von der SPD war die Vorlage akzeptiert und begrüßt worden.
Ich sage dies auch deshalb, weil vor Ort irrtümlicherweise immer wieder der Eindruck aufkommt, als ob über die Landesbauordnung und das Baurecht versucht werden könnte, eine Steuerung der Standorte vorzunehmen. Dies trifft natürlich nicht zu. Wir wollen mit der Änderung der Landesbauordnung in diesem Punkt auch Druck von kommunalen Entscheidungen nehmen.
Lassen Sie mich das nochmals kurz ausführen. Entscheidend für die Frage, ob eine Anlage im Hinblick auf die Zulässigkeitsgrenzwerte bei der Abstrahlung bei möglichen Umwelteinwirkungen errichtet werden kann, ist eben das
Bundes-Immissionsschutzgesetz. Wenn die darin enthaltenen Grenzwerte eingehalten werden, dann muss von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post eben auch eine Standortbescheinigung ausgestellt werden.
Damit haben der Bauherr und der Betreiber das Recht erworben, diese Anlage zu installieren, sofern sie – dies ist natürlich immer vorausgesetzt – den Vorgaben des Bauordnungsrechts entspricht. Deshalb gibt es vor Ort auch überhaupt keinen Ermessensspielraum, egal ob verfahrensfrei oder nicht verfahrensfrei entschieden wird. Diese Anlage muss nach dem Baugesetzbuch und der Landesbauordnung dann genehmigt werden. Es besteht für die Bauherren ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung durch die Genehmigungsbehörde vor Ort.
Zweitens: Ich denke, dass wir in Baden-Württemberg gut daran tun, die Musterbauordnung umzusetzen, um bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen für Investoren zu haben. Baden-Württemberg ist eines der wenigen Länder, die hier eher noch im Verzug sind. Das heißt, wir vollziehen nach, was andere Länder bereits durchgeführt haben, wenn wir unsere Landesbauordnung in dieser Frage an die Musterbauordnung aus dem Jahre 2002 anpassen.
Im Übrigen denke ich auch, dass wir das Thema der Steuerung möglicher Standorte für Mobilfunkanlagen weiterhin in die bewährte Zusammenarbeit zwischen den Betreibern und den Kommunen stellen sollten. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle funktioniert das auch. Aber wir richten auch von hier aus nochmals den Appell an die Mobilfunkbetreiber, sich an die mit den kommunalen Landesverbänden abgeschlossenen Vereinbarungen zu halten, die Städte und Gemeinden frühzeitig unter Offenlegung ihrer Planungen zum Netzausbau einzubeziehen und dort, wo es Probleme gibt, auch Standortalternativen zu erwägen, um eine Entscheidung im Konsens herbeizuführen. Dies ist, wie ich denke, auch künftig wichtig.
Allerdings ist auch klar, dass das Baugesetzbuch bzw. die Landesbauordnung nicht das geeignete Instrument sind, um dies zu steuern, weil vorhabenbezogen und standortabhängig geprüft werden muss und alternative Standorte eben nicht in einem Baugenehmigungsverfahren überprüft werden können.
Insofern sind wir seitens der CDU-Fraktion summa summarum damit einverstanden, dass diese Änderung jetzt eingebracht wird. Wir werden sicherlich auch Gelegenheit haben, uns im Wirtschaftsausschuss nochmals intensiv damit auseinander zu setzen. Wir denken allerdings, dass mit dieser Vorlage eine gute Grundlage auf dem Tisch liegt, über die wir rasch entscheiden können, sodass erstens für die Betreiber Investitionssicherheit herrscht und zweitens auch nochmals deutlich gemacht wird, dass wir an dem bisher bewährten Instrument der Verfahrensfreiheit bei Mobilfunkanlagen mit einer Höhe von weniger als zehn Metern festhalten wollen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion hat sich mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung – so wie man das erwarten darf – intensiv befasst.
Frau Fauser, da lachen Sie. Aber bei Ihnen haben wir gelegentlich den Eindruck, dass Sie sich eben nicht in dem erforderlichen Umfang mit den Gesetzentwürfen befassen.
Insbesondere haben wir – das wurde schon angesprochen – einerseits die wirtschaftlichen Interessen, andererseits aber auch die Sorgen und Ängste unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die mit Mobilfunkmasten einhergehen, diskutiert und entsprechend gewichtet.
Lassen Sie mich deshalb ausdrücklich betonen: Wir stehen hinter der wirtschaftlichen Notwendigkeit des flächendeckenden Ausbaus der Mobilfunknetze auch in unserem Bundesland, weil wir unter anderem – das wurde schon gesagt – beim Ausbau der UMTS-Netze nicht ins Hintertreffen geraten dürfen und weil wir an den formulierten Versorgungszielen festhalten wollen. Wir nehmen aber auch Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst, die – ob Handybenutzer oder nicht – zum Teil erhebliche Vorbehalte gegen Mobilfunkmasten zumindest in Wohnortnähe haben. Sie alle kennen doch die Diskussionen bei der Errichtung solcher Anlagen in der Nähe von Schulen, Kindergärten oder gar auf Kirchendächern.
Meine Damen und Herren, diese Sorgen nimmt man nicht, indem man geltendes Recht ändert oder indem man versucht, geltende Rechtsprechung durch geänderte Rechtsgrundlagen zu unterlaufen. Akzeptanz schafft man nicht durch Änderungen der Bauordnung, sondern durch Überzeugung und Darlegung von Sachverhalten. Deshalb will ich Ihnen sagen: Wir teilen die Auffassung zum Beispiel der Weltgesundheitsorganisation und der staatlichen Strahlenschutzkommission bei der Betrachtung und bei der Auswertung der Gesamtheit aller wissenschaftlichen Untersuchungen bezüglich der gesundheitlichen Gefahren, dass durch die Strahlung solcher Antennen eine Gesundheitsgefährdung bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nicht gegeben ist. Wir meinen aber auch: Hieraus darf man nicht den Schluss ziehen, durch eine Änderung der Bauordnung etwas zu erreichen. Wenn wir Baugenehmigungsverfahren für geringfügige Bauüberschreitungen von Nebenanlagen,
für die Einfriedung von Grundstücken usw. für notwendig erachten – das tun wir, sonst würden wir die Landesbauordnung auch in diesem Sinne ändern –, dann dürfen wir nicht alle Mobilfunkanlagen genehmigungsfrei machen.
Wir möchten, dass sich die Genehmigungsbehörden und die zu hörenden Gemeinden auch zukünftig mit der Problematik auseinander setzen und in eventuellen Diskussionen – nebenbei bemerkt ist es beileibe nicht so, dass es allerorten Widerstände gibt – versuchen, Vertrauen zu schaffen und Ängste zu nehmen. Meine Erfahrungen in meiner Kommune zeigen mir, dass dies funktioniert, weil die Widerstände häufig auf Unkenntnis beruhen.
Wir möchten weiterhin, dass sich die Netzbetreiber in ausreichender Weise, Herr Staatssekretär, an die freiwillige Vereinbarung mit den kommunalen Landesverbänden halten und einen intensiven Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen sicherstellen. Häufig sind es nämlich nicht lange Genehmigungs- oder Erörterungsverfahren, wie oft behauptet wird, die die Errichtung von Mobilfunkmasten verzögern, sondern es sind auch die Netzbetreiber selbst, die für eine unzureichende Umsetzung ihrer Planungen – so sie vorhanden sind – verantwortlich sind.
Ich darf Ihnen ein Beispiel aus meiner Gemeinde nennen: Im Mai 2000 – das haben wir natürlich erst im Nachhinein erfahren – kam die Anfrage eines Netzbetreibers beim Eigentümer des gewünschten Standorts. Im Dezember 2001 erfolgte der Abschluss eines vorläufigen Mietvertrags – 17 Monate später.
Die erste Kontaktaufnahme mit der Gemeinde per Fax – so viel zur intensiven Beteiligung der Kommunen – war im März 2002, also drei Monate später. Baugesuch eingereicht am 12. November 2002 – acht Monate später. Jetzt passen Sie auf: Baugesuch genehmigt am 23. Januar 2003 – fünf Wochen später. Diese lange Bearbeitungszeit bei unserer Genehmigungsbehörde hängt sicherlich auch mit den Weihnachtsfeiertagen zusammen. Baubeginn war dann im September dieses Jahres, also noch einmal neun Monate später.
Meine Damen und Herren, da kann man doch weiß Gott nicht ernsthaft behaupten, das Genehmigungsverfahren hinge mit dieser langen Zeit der Umsetzungsphase zusammen.
Zusammengefasst: Wir möchten, dass auch zukünftig diejenigen, die sich vor Ort verantworten müssen, nämlich die örtlichen Behörden und die kommunalen Mandatsträger, an die die Sorgen und Nöte herangetragen werden, ein Mindestmaß an Mitentscheidung und Mitgestaltung haben. Meine Damen und Herren, denen wird es nämlich nicht helfen – das wissen doch viele von Ihnen, zumindest diejenigen, die auch noch kommunale Mandate innehaben –, wenn auf Nichtzuständigkeit verwiesen wird.
Auch wenn wir – ich sagte es eingangs – den flächendeckenden Ausbau der Mobilfunknetze für notwendig erachten, möchten wir dies nicht durch Streichung der bescheidenen Mitwirkungsmöglichkeiten der kommunalen Ebene erreichen. Denn wir wollen das umsetzen, was die Landesregierung als Stellungnahme zu einer Petition im Zusammenhang mit Mobilfunkmasten erklärt hat und was in Drucksache 13/541 nachzulesen ist: Es wird empfohlen,
... die Exposition der Bevölkerung mit elektromagnetischen Feldern aus Mobilfunkanlagen so weit zu begrenzen, wie dies mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. Insofern
ist es sinnvoll, auch alternative Standorte auf ihre Eignung zu prüfen und darauf zu achten, dass zum Beispiel Kindergärten und Schulen nicht im Hauptstrahl der Sendeanlage liegen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, diese Stellungnahme wirklich ernst gemeint haben, dann muss man auch die tatsächliche Möglichkeit haben, dies zu erreichen, und dies geht, soweit mir bekannt ist und nach meiner praktischen Erfahrung, nur durch Baurecht. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der Landesregierung ab.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Statisch-konstruktiv – da sind wir uns einig – bräuchte man keine Genehmigung, und eigentlich würde man sofort sagen: Die Vorteile liegen auf der Hand. Warum dann nicht Deregulierung, warum dann nicht Verminderung des Verwaltungsaufwands und weniger Kosten? Warum das alles nicht? Dagegen könnte nur dann etwas sprechen, wenn über die Genehmigung eine Steuerungsmöglichkeit für die Kommune bestehen würde; denn in der Tat ist es auch nach unserer Ansicht so: Die Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren zu schützen, und sei es auch nur, der Besorgnis entgegenzutreten, ist genauso wichtig wie die Mitwirkung an einer Infrastruktur, die Wirtschaft und Bürgern eine störungsfreie Nutzung der Netze gewährleistet.
Beides ist gleich wichtig, aber jeder weiß – Sie können es überall nachlesen –, dass mit der Genehmigungspflicht aber auch nicht die geringste Steuerungspflicht verbunden ist, was gesundheitliche Gefahren anbelangt,
weil das bei der Erteilung der Standortbescheinigung geprüft wurde und weil darüber hinaus dann eine Genehmigungspflicht besteht.
Wider besseres Wissen falsche Tatsachen vorzuspiegeln und bei der Bevölkerung einen Irrtum zu bewirken ist ein Teil eines Betrugstatbestandes.
Die Sorgen der Bürger nimmt man nicht wahr, indem man ihnen etwas vormacht und nachher einen besonderen Frust sowie Enttäuschung und Argwohn erntet, wenn man doch genehmigen muss, sondern dadurch, dass man ihnen klipp und klar sagt, wie die Situation ist.
In der Praxis, meine Damen und Herren, ist es übrigens so – ich kenne mich ja da auch einigermaßen aus –: Die Kommunen können den Bürgern ja nicht klar machen, warum eine Genehmigungspflicht keine Steuerungsmöglichkeit bietet. Denn die Bürger sagen: „Wir glauben euch das nicht. Sonst bräuchte es doch keine Genehmigung.“ Da sage ich: Eben. Sie werden doch gesteuert. Warum denn da der Auf
wand einer Genehmigung? Dies kannst du bei den Bürgern gar nicht wegbekommen. Das verstehe ich auch. Die reagieren ja ganz normal, denke ich, wenn sie fragen: Warum den Aufwand? Da gehen nun die Kommunen dazu über, einfach die Genehmigung abzulehnen und sich lieber über die Gerichte verklagen zu lassen. Dann wird die Genehmigung erteilt, und sie können dem Bürger sagen: „Wir waren es ja nicht.“ Dafür kann ich Ihnen zig Beispiele nennen. Die Kommunen nehmen lieber einen Verwaltungsaufwand und Kosten hin. Das ist nicht der richtige Weg, wie man mit den Sorgen der Bürger umgeht.