Protokoll der Sitzung vom 01.10.2003

Können Sie den Nachweis führen, dass es die geringste Steuerungsmöglichkeit gibt? Sie können in einem baurechtlichen Verfahren nicht einmal Alternativstandorte prüfen. Da prüfen Sie nur den vorgelegten Antrag; alles andere ist überhaupt unzulässig.

(Abg. Hillebrand CDU: So ist es!)

Wenn Sie mir sagen, was da falsch ist, können wir darüber reden. Aber Sie sollten uns nichts vormachen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Hofer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Winkler?

Gern. Dann würde ich im zweiten Teil darauf zu sprechen kommen, wie man richtigerweise – und das machen viele Kommunen sehr gut – auf die Besorgnisse eingeht und auch wirklich etwas erreicht.

Bitte schön.

Herr Kollege, Sie sagten, bei der Genehmigungspflicht gäbe es nicht die geringste Steuerungsmöglichkeit.

Stimmen Sie mir zu, dass im unbeplanten Innenbereich sehr wohl eine Steuerungsmöglichkeit über das Baurecht besteht?

Nein, ich stimme Ihnen nicht zu, und ich gehe jede Wette ein, dass das, was Sie sagen, nicht richtig ist. In der Frage der gesundheitlichen Beeinträchtigung, die Sie prüfen müssen – unser Recht ist durch materielle Baufreiheit geprägt –, müssen Sie nachweisen, wo es eine Einschränkung gibt. Die gesundheitliche Frage ist durch die Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post so geklärt, dass die Gemeinde nicht den geringsten Einfluss darauf hat. Lesen Sie die letzte Ausgabe der „Gemeindezeitung“ nach! Alle kommunalen Landesverbände – und sie verstehen davon etwas – sagen das klipp und klar.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Das ist die Frage des Einfügens!)

Die Frage des Einfügens hat mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht das Geringste zu tun; denn die gesundheitliche Frage ist abschließend geprüft. Glauben Sie

es mir! Sie machen den Bürgern – ich hoffe, nicht wider besseres Wissen, dann wäre es noch schlimmer, aber in Unkenntnis, weil Sie sich nicht hineinvertieft haben – etwas vor, und das ist der schlechteste Ratgeber.

Ich hoffe, dass mir diese Antwort nicht auf meine Redezeit angerechnet wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich komme nun zum zweiten Teil; die zwei Minuten, die ich noch habe, nütze ich auch.

Zwei Minuten.

Ja. – Zunächst zu den Mitwirkungsmöglichkeiten. Hier gibt es eine Vereinbarung. Danach können Sie regelmäßige Informationen über alle Ausbaupläne verlangen. Sie können Standortdaten verlangen. Sie können die Beteiligung bis zur einvernehmlichen Festsetzung eines Standorts verlangen, und Sie können bündeln.

Viele Kommunen praktizieren das auch. Balingen hat sogar einen Ratgeber herausgebracht. Dort wurde nicht nach Grenzwerten gefragt. Es ist auch völlig sinnlos, in einer Diskussion mit Bürgern über Grenzwerte zu sprechen. Sie sind besorgt; das verstehe ich auch. Sie können mit ihnen auch nicht über Sinn und Zweck des Mobilfunks diskutieren – das wäre bei 50 Millionen Handys in unserem Land eine lächerliche Diskussion –, sondern es geht ausschließlich um die Akzeptanz von Standorten, und da hat man sich geeinigt.

Ich lese Ihnen abschließend vor, wie man das macht und was der richtige Weg ist. Ich habe mich in der letzten Woche bei der Stadt Rottenburg erkundigt und gebe wieder, was mir dort gesagt worden ist:

Die Zusammenarbeit mit den Mobilfunkbetreibern läuft perfekt. Die Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber des Jahres 2001 wird in jeder Hinsicht berücksichtigt. Jeder neue Standort für Mobilfunksender wird mit der Stadt besprochen. Im Einvernehmen mit der Stadt werden die Mobilfunkmasten erstellt. Die Mobilfunkbetreiber selbst achten bereits akribisch darauf, dass Schulen und Kindergärten von Mobilfunkmasten nicht tangiert werden.

Ob das überall in Baden-Württemberg so ist, weiß ich nicht; es ist auf jeden Fall anzustreben. Aber man soll nicht den Leuten irgendetwas vormachen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Witzel.

(Abg. Wieser CDU: Im Grunde bräuchte nur einer zu sprechen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf zur Änderung der Landesbauordnung hat schon im Vorfeld bei vielen Menschen im Lande Unruhe verursacht.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Eben!)

Es wurden Sorgen um die Risiken des Mobilfunks mobilisiert.

Ich stehe nicht hinter allen Vorwürfen und Bedenken, die dem Mobilfunk gegenüber geäußert werden. Aber wissenschaftliche Institute wie zum Beispiel das ECOLOG-Institut haben klar gesagt: Es gibt zwar noch keine strengen medizinischen Beweise, aber es gibt ernst zu nehmende Hinweise auf gesundheitliche Risiken. Die „Badische Zeitung“ titelte am 16. August 2003: „Krebs durch Handystrahlen ist denkbar“.

(Abg. Hillebrand CDU: Was hat das mit Baurecht zu tun?)

Lassen Sie mich das weiter ausführen. – Auch die Strahlenschutzkommission verweist auf Studien, die auf eine biologische Wirkung unterhalb der geltenden Grenzwerte hinweisen.

Das heißt, wir haben eine Situation – Herr Hofer sagte das zu Recht –, in der Menschen Sorgen haben.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig!)

Diese Sorgen müssen wir aufnehmen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig!)

Das ist ein Grundgedanke, in dem ich mit Ihnen klar und deutlich übereinstimme.

Herr Umweltminister Müller sagte im Juli bei der Vorstellung der Ergebnisse des Funkwellenmessprojekts: Weil es bei den Menschen Sorge gibt und wir alle nicht wissen, wie es wirklich ist, ist beim Thema Mobilfunk Transparenz das oberste Gebot. Ich kann ihm da nur voll zustimmen.

Deshalb brauchen wir Verfahren, die transparent sind. Dazu müssen Bürger in die Standortwahl einbezogen werden. Da ist es gut und richtig, dass die Betreiber und die Kommunen eine Vereinbarung geschlossen haben, nach der die Kommunen frühzeitig informiert werden und selbst Vorschläge für Alternativstandorte unterbreiten können. Aber auch nach dieser Vereinbarung entscheiden letztendlich die Betreiber und bleiben die Kommunen außen vor. Das heißt, die Kommunen sitzen am kürzeren Hebel, wenn sie eine andere Vorstellung haben.

Ich will nicht bestreiten, dass es Einigungen gibt und dass es auf kommunaler Ebene Pläne gibt. In Sinzheim zum Beispiel ist so etwas in Arbeit; dort wird ein Konsens gesucht. Dann ist alles okay. Aber wir müssen Regelungen schaffen: Was ist im Konfliktfall, wenn Kommune und Betreiber nicht auf einen Nenner kommen?

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Da ist die Regelung, wie sie die Landesregierung jetzt anstrebt, aus meiner Sicht kontraproduktiv.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Wenn wir nämlich das Genehmigungsverfahren abschaffen, braucht ein Mobilfunkbetreiber nur mit dem Grundstückseigentümer einen Vertrag zu schließen und kann dann anfangen zu bauen.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Wir wollen aber, dass ein Genehmigungsverfahren bleibt. Denn ein Genehmigungsverfahren eröffnet auch die Möglichkeit, über einen bestimmten Standort zu diskutieren, und im Rahmen des Genehmigungsverfahrens können auch andere Standorte diskutiert und in die Debatte gebracht werden.

Im Sinne der Tatsache, dass wir Transparenz haben wollen, dass die Bürger einbezogen werden und

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

gerade bei umstrittenen Standorten auch andere Vorschläge einbringen können und dass die Betreiber nicht einfach sagen können: „Wir wollen den Standort da und da haben“, sind wir dafür, dass die Genehmigungspflicht im bisherigen Umfang bleibt. Daher lehnen wir den vorgelegten Gesetzentwurf ab.

(Glocke des Präsidenten)