Protokoll der Sitzung vom 02.10.2003

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Sehr gut!)

Ich möchte mir, Herr Minister, allerdings eine Bemerkung erlauben zu Ihrer Anmerkung, dass sich beim Übergang von der Fremdsteuerung zur Eigenverantwortung auch die Mentalität ändern müsse. Damit haben Sie sehr Recht. Ich bitte allerdings zu bedenken, dass das in solchen Fällen regelmäßig auf beiden Seiten notwendig ist. Auch ein Entlassen in die Freiheit erfordert eine gewisse Führungskunst, wie Eltern von erwachsen werdenden Kindern wissen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der Grünen – Zuruf von der SPD: Meinen Sie sich sel- ber, Frau Berroth?)

Ich denke, für eine Behörde ist es vielleicht gar nicht so einfach, eine solche Umstellung durchzuführen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr gut!)

Ich werde dies gespannt beobachten.

Im Antrag wurde speziell die Universität Ulm angesprochen. Wir haben heute Morgen schon gehört, dass es dort inzwischen eine Kanzlerin gibt, der eine hohe Qualifikation im Umgang mit der Kosten- und Leistungsrechnung attestiert wird. Insofern hoffe ich, dass diese Frage damit als erledigt zu betrachten ist.

Bleibt die Frage, wer in diesem Zusammenhang die Wissenschaftslandschaft beschädigt. Sehr geehrte Frau Bregenzer, ständiges Schlechtreden wiegt aus unserer Sicht da sehr viel schwerer, weil es das Klima insgesamt vergiftet.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Wer redet denn hier schlecht? – Abg. Pfisterer CDU: Der ganze Antrag war so!)

Ich verweise nur auf das Beispiel Ihrer stetigen Unheilsmeldungen zu den Privatuniversitäten in Baden-Württemberg. Mich würde durchaus interessieren, wie viele Studierende hierdurch unsicher geworden sind und nicht dort studiert haben.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: So ein Schwachsinn!)

Damit haben Sie vielleicht Ihr Ziel erreicht, den Privatuniversitäten Knüppel zwischen die Beine zu werfen, aber es war nicht im Sinne der Studierenden und nicht im Sinne unserer Wissenschaftslandschaft, der Wettbewerb durchaus gut tut.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Eine letzte Bemerkung: Auch Opposition ist kein Freibrief. Auch da hat man Verantwortung zu tragen, und das sollten Sie sich bei solchen Anträgen überlegen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Pfisterer CDU: Sehr gut! Alles, was privat ist, wird hier negativ gesehen! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Kurz und knackig!)

Das Wort erhält Frau Abg. Bauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich will es kurz machen angesichts der fortgeschrittenen Zeit und des Alters dieses Antrags. Die konkrete Begebenheit, die damals Anlass für den Antrag war, liegt ja nun wirklich lange genug zurück und hat sich auch geklärt.

Dennoch gibt es natürlich eine interessante Verbindung, wenn man die Diskussion von heute Morgen betrachtet. Heute Morgen war sozusagen die Zeit der Sonntagsreden über Autonomie. Heute Nachmittag ist die Presse weg; jetzt befinden wir uns im Alltagsgeschäft.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das war kon- krete Autonomie!)

Man kann genau sehen: Wenn es nichts kostet, redet man schön und gut und gerne über Autonomie. Wenn es konkret wird, merkt man schon, wo es sich reibt und wo es schwierig wird.

Heute Nachmittag haben wir es mit zwei Seiten von Autonomieskeptikern zu tun. Als wir im Wissenschaftsausschuss über das Thema geredet haben, hat unser Wissenschaftsminister sehr bemerkenswerte Äußerungen über die Autonomiefähigkeit unserer Hochschulen gemacht, und in der Tat wurde in einer bemerkenswerten Weise deutlich, wie begrenzt sein Zutrauen ist, dass die Hochschulen tatsächlich in der Lage und willens sind, Autonomie auszuüben.

Aber andererseits muss man auch sagen, wenn man sich Ihren Antrag anschaut, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Ihr Zutrauen in die Autonomie der Hochschulen ist gewiss kein bisschen weiter entwickelt.

(Abg. Fischer SPD: Aber eures!)

Man spürt die Häme, die aus jeder Zeile heraustrieft, dass Autonomie nicht funktioniert.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Carla Bregenzer SPD: So ein Unsinn! – Abg. Regina Schmidt-Küh- ner SPD: Macht doch gleich auf Schwarz-Grün! – Abg. Pfisterer CDU: Alles, was privat ist, ist nega- tiv!)

Ihr Verhältnis zum Solidarpakt und zu leistungsorientierter Mittelvergabe ist ungeheuer zwiespältig. Heute Morgen haben Sie die Instrumente noch gelobt. Heute Nachmittag kritisieren Sie dieselben als Chaotisierung der Finanzbeziehungen. Da weiß ich wirklich nicht, wo Sie stehen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Regina Schmidt- Kühner SPD: So ein Unsinn!)

Das ist einfach billige Hau-drauf-Methode. Dennoch: Auch die Regierung muss ihr Verhältnis zum Thema Autonomie klären.

Heute Morgen haben wir über leistungsorientierte Mittelvergabe gesprochen.

(Abg. Fischer SPD: Aber Sie wissen alles, Frau Bauer!)

Ich versuche mein Bestes zu geben.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Da haben Sie noch viel zu tun!)

Zum Thema „leistungsorientierte Mittelvergabe“: Heute Morgen haben wir ein gutes Beispiel dafür bekommen, wie konfus offensichtlich die Relationen zwischen Staat, Parlament und Hochschulen sind. Sie haben das Instrumentarium, Leistungskriterien festzulegen, über die die Hochschulen in Konkurrenz um Mittel treten müssen, und die Definition dieser Kriterien in die Hände derer gelegt, die danach um die Mittel konkurrieren müssen. Hier sieht man die Konfusion und die Unklarheit, wie das Verhältnis zwischen Hochschule und Staat geregelt werden soll. Es ist doch vollkommen klar: Wenn ein solches Instrument funktionieren soll, dann muss die Instanz, die für die Gesamtsteuerung zuständig ist, die Kriterien und die Prioritäten festlegen. Unter diesen Vorgaben konkurrieren die Hochschulen um die Mittel. Wenn man die Kriterien in die Hände derer legt, die danach die finanziellen Konsequenzen zu bezahlen haben, darf man sich nicht wundern, dass das Instrument so heruntergewirtschaftet wird, dass am Ende nichts dabei übrig bleibt.

Wer von Autonomie redet, muss an dieser Stelle klare Linien und klare Prioritäten vorgeben und auch verlässlich und verbindlich sein. Ich meine, dass wir deshalb das Kapitel Solidarpakt noch nicht abhaken können. Auch da wird ein massiver Flurschaden angerichtet, weil Sie sich nicht als verlässlicher und verbindlicher Partner erweisen, sondern den Hochschulen sagen: Wenn es eng wird, dann müssen halt auch die Hochschulen, obwohl wir einen Pakt geschlossen haben, obwohl wir einen Vertrag gemacht haben, sich auf neue Bedingungen einstellen. Damit lässt es sich in diesen Zeiten, in denen auch die Hochschulen keinen Cent übrig haben, tatsächlich nicht wirtschaften.

Deshalb: Wer von Autonomie redet, muss als staatlicher Steuerer verlässliche Rahmenbedingungen setzen. Nur so funktioniert die Pflege einer Hochschullandschaft, in der der Wettbewerb etwas zählt. Ich meine, dass da alle Seiten noch etwas dazulernen müssen und ihren Part dazu leisten müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Seltenreich SPD)

Das Wort erhält Herr Minister Professor Frankenberg.

(Abg. Moser SPD: Er ist doch Doktor!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal wenige Sätze zur Finanzierung der Hochschulen, damit es nicht den Anschein hat, in unserem Land Baden-Württemberg wären die Hochschulen schlechter finanziert als in irgendeinem anderen Land. Das Gegenteil ist der Fall.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Davon war überhaupt nicht die Rede! – Weitere Zurufe von der SPD)

(Minister Dr. Frankenberg)

Es klingt aber so, Frau Bregenzer, wenn man Ihnen zuhört, als lebten wir sozusagen in dem Land, in dem die Hochschulen am schlechtesten finanziert sind.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Ich habe vorgelesen, was Sie uns geschrieben haben!)

Jetzt zitiere ich frei, was ich im Kopf habe.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Darüber hatten wir heute Morgen schon eine Debatte!)

Die Hochschulen in Baden-Württemberg bekommen zusammen mit denen in Bayern pro Kopf der Bevölkerung die höchsten Landesmittel in Deutschland. Die Ausgaben des Landes liegen zum Teil um ein Drittel über denen anderer Bundesländer.

Zweitens: In keinem anderen Land in Deutschland gibt es eine so nachhaltige Finanzierungssicherheit, wie sie durch den Solidarpakt mit den Universitäten und, Frau Bauer, durch die kleinen Solidarpakte mit den Fachhochschulen und den Pädagogischen Hochschulen gegeben ist. Wenn man den Solidarpakt also schon mit einer Weste vergleicht, Frau Bregenzer, dann sollte man ihn in diesen schwierigen Zeiten nicht als Bleiweste, sondern als Schwimmweste bezeichnen.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Schwimmwes- te mit Löchern, damit man untergeht!)

Dennoch kann es auch bei einer solchen Finanzierung zu Finanzproblemen kommen. Wenn man bei staatlichen Systemen im Zusammenhang mit Finanzierungsproblemen von „Konkurs“ spricht, dann ist das natürlich nicht ein Konkurs wie bei einem Wirtschaftsunternehmen. Denn sonst müsste man ja beim Bundeshaushalt schon von „permanent insolvent“ reden.

(Abg. Pfisterer CDU: Ja! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Die Insolvenz wird abgewiesen man- gels Masse! – Weitere Zurufe)