Nein, jetzt müssen Sie auch einmal zuhören. Wir sagen erstens: Zu diesem Zeitpunkt so kurz vor den Kommunalwahlen ist es unsinnig, die von Ihnen begehrten Änderungen vorzunehmen. Zweitens halte ich es für unverschämt, wenn Sie hier sagen, wir verfolgten einen Eigennutz. Haben Sie denn konkrete Fälle, anhand derer Sie das belegen können?
Ich kenne jetzt niemanden, der Mitglied der CDU wäre und auf den das irgendwie zuträfe. Diese Regelung kann doch alle Parteien treffen. Außerdem glaube ich nicht, dass es da unwahrscheinlich viele oder gar Hunderte gibt, die in den entsprechenden Gremien sind. Aber ich persönlich kenne jetzt keinen Fall, der mich dazu bewegen würde, so etwas zugunsten eines Mannes zu machen – um das noch einmal klarzulegen.
Sie sind damit einverstanden, dass wir den Gesetzentwurf nach der Ersten Beratung an den Innenausschuss überweisen. – Es ist so beschlossen.
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Innenministeriums – Transparenz und Öffnung der Arbeit des Landesarbeitskreises Integration – Drucksache 13/1510
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu Beginn dieser Legislaturperiode hat die Landesregierung ein neues Kapitel der Integrationspolitik angekündigt. Es ist gesagt worden, Integrationspolitik werde zur vorrangigen Aufgabe der Landespolitik gemacht. Besonderes Augenmerk werde auf den Einbezug von Migranten gelegt, und dazu solle ein neuer Arbeitskreis ins Leben gerufen werden – der Arbeitskreis Integration –, um die verschiedenen Ansätze im Land zusammenzuführen.
(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE und Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das ist ja auch richtig!)
Bis zur Konstituierung dieses Arbeitskreises ist ein ganzes Jahr ins Land gegangen. Inzwischen ist der Arbeitskreis seit einem Jahr tätig. Nun ist eine gute Gelegenheit, einmal zu schauen: Was ist aus diesem Instrument Ihrer neuen Integrationspolitik geworden?
Heute ist leider nicht der richtige Zeitpunkt, Bilanz über Ihre Integrationspolitik insgesamt zu ziehen, denn das wäre ein eigenes und auch ein außerordentlich trauriges Kapitel, und dann würden Sie heute wahrscheinlich nicht so schnell nach Hause kommen.
Dennoch kann ich Ihnen den Titel dieses Kapitels schon noch nennen. Der Titel Ihrer Integrationspolitik lautet: „Streichkonzert“ oder „Tabula rasa“. In dieser Legislaturperiode ist nichts gemacht worden, außer zu kürzen und sich aus der Verantwortung zurückzuziehen. Zwei Beispiele hierfür will ich Ihnen nennen: Das eine ist das Aus für die Ausländersozialpolitik. Das zweite ist das Flüchtlingsaufnahme- und Eingliederungsgesetz, das Sie zurzeit novellieren und das massive Einschnitte für die Betreuung von Flüchtlingen und von Aussiedlern mit sich bringen wird.
Ich habe ja durchaus Verständnis dafür, dass die Haushaltslage schwierig ist und dass man auch im Bereich der Integrationspolitik kleine Brötchen backen muss. Ich habe allerdings überhaupt kein Verständnis dafür, dass man selbst da nichts tut, wo es noch nicht einmal etwas kosten würde. Genau das ist der Fall beim Landesarbeitskreis Integration. Hier würden ein bisschen guter Wille und ein bisschen Engagement reichen, um große Schritte zu tun.
Der Landesarbeitskreis ist ein Konzentrat an verpassten Gelegenheiten. Er ist eine verpasste Gelegenheit für interkulturellen Dialog und Expertise. In diesem Gremium wird ü b e r Ausländer und deren Integration geredet. Es wird nicht m i t ihnen geredet. Es fehlen zum Beispiel Vertreter der nicht christlichen Kirchen. Es sind keine Vertreter von Migrantenorganisationen außer der Türkischen Gemeinde Baden-Württemberg vertreten.
Der Landesarbeitskreis führt die alte Tradition der Landesregierung fort: die Tradition der Ungleichbehandlung der Belange von Aussiedlern und der Belange von Asylberechtigten. Asylberechtigte, die ja auch eine dauerhafte Perspektive in diesem Land haben, sind nicht vertreten. Kein Vertreter von Asyl- oder Flüchtlingsorganisationen kommt in diesem Gremium vor – deren Themen übrigens auch nicht.
Der Landesarbeitskreis ist auch eine verpasste Gelegenheit für die Einbeziehung ernsthafter Beratungsexpertise. Wenn man sich die Tagesordnungen dieses Gremiums ansieht – und es ist schwer genug, an diese heranzukommen –, erkennt man: Grundsätzliche Fragestellungen werden nicht beraten. Relevante und wichtige Themen kommen, wenn sie überhaupt auf die Tagesordnung gelangen, unter dem TOP „Verschiedenes“ vor und werden als Mitteilung der Landes
Bestes Beispiel hierfür ist die letzte Sitzung des Landesarbeitskreises vom 8. Oktober. Da wurden unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ Informationen zum Sachstand des Gesetzgebungsverfahrens für ein Eingliederungsgesetz gegeben. Bei dieser Gesetzesnovelle werden die Pflöcke zum Thema „Betreuung von Aussiedlern und Ausländern“ eingerammt. Doch im Arbeitskreis Integration wird noch nicht einmal Gelegenheit gegeben, darüber zu diskutieren.
Der Landesarbeitskreis ist auch eine verpasste Gelegenheit, Impulse für interkulturellen und für interreligiösen Dialog in der Gesellschaft zu geben. Die aktuelle Kopftuchdebatte zeigt ja, dass wir genau davon mehr bräuchten.
Aber dieses Gremium tagt hinter verschlossenen Türen. Es sucht nicht das Licht der Öffentlichkeit, sondern es wird versucht, möglichst wenig Aufsehen zu erregen, selbst gegenüber dem Parlament.
Denn auch das Parlament bekommt bis heute keinerlei Berichte aus diesem Gremium, aus Ihrem neuen Instrument der Integrationspolitik.
Zusammenfassend kann man sagen: Dieser neue Landesarbeitskreis Integration zeichnet sich erstens dadurch aus, dass die Betroffenen nicht beteiligt werden, zweitens dadurch, dass die Beteiligten nicht wirklich mitreden dürfen, und drittens dadurch, dass die politisch Verantwortlichen nichts davon erfahren sollen. Dieser Landesarbeitskreis ist damit nichts anderes als das integrationspolitische Feigenblatt dieser Landesregierung. Notdürftig verdeckt es die nackten Tatsachen, dass nämlich nichts dahinter steckt.
In der Stellungnahme zu unserem Antrag verweisen Sie vage auf zwei Berichte, die das Parlament zum Thema Integration bekommen soll, nämlich den Bericht der Ausländerbeauftragten – unsere neue Ausländerbeauftragte hat aber bislang noch keinen vorgelegt – und den Bericht an den Innenausschuss, in dem Sie Bilanz über die integrationspolitischen Projekte ziehen wollen, auch diejenigen, die über die Landesstiftung gefördert werden. Dem Innenausschuss ist in diesem Jahr noch keinerlei Bericht zum Thema Integrationspolitik zugegangen. Deshalb beantrage ich, dass wir heute nicht über den vorliegenden Antrag entscheiden, sondern das Anliegen an den Innenausschuss überweisen, um da noch einmal gründlicher über die Bilanz Ihrer Integrationspolitik und des Landesarbeitskreises Integration beraten zu können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte geglaubt, wir könnten diesen Punkt zur fortgeschrittenen Stunde mit wenigen Sätzen erledigen, aber, Frau Bauer, Sie haben hier auf die Teilnehmer dieses Arbeitskreises einen Angriff gestartet,
In dem Arbeitskreis sind über 35 Leute vertreten. Ich wollte mir ersparen, Ihnen das einmal zu zeigen. Vielleicht ist es aber auch für alle anderen interessant. Es sind 19 Sitze für die gemeinsame Vertretung von Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern vorgesehen: Landkreistag, Städtetag, Gemeindetag. Außerdem ist auch die Liga der freien Wohlfahrtsverbände vertreten. Wir von der CDU haben doch die Forderung erfüllt. Sie sagten: Machen Sie eine gemeinsame Liga „Landesarbeitskreis Integration“. Ihre Forderungen haben wir doch alle erfüllt. Jetzt sagen Sie, das sei ineffektiv. Das Einzige, was Sie eingeräumt haben und was Ihnen entgegenkommt, ist, dass die Türkische Gemeinde BadenWürttemberg vertreten ist; aber Sie haben die anderen nicht erwähnt. Deshalb erzähle ich das, damit die Leute einmal sehen, was Sie hier vortragen.
Ich weiß auch gar nicht, wer da alles mitreden soll. Ich sage Ihnen: Im Landesarbeitskreis ist auch die Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Ausländervertretungen vertreten. Frau Bauer, ich selbst bin im Integrationsausschuss; früher hieß er Ausländerausschuss. Spätestens seit das Problem der Integration durch die Spätaussiedler auftrat, haben wir gesagt: Wir bilden einen Integrationsausschuss.
Verstehen Sie den Unterschied zwischen den Formulierungen „reden über Ausländer“ und „reden mit Ausländern“? Auch wenn Sie selber dem Ausschuss angehören, sehen Sie mir nicht so aus, als wären Sie ein Ausländer und könnten aus eigener Erfahrung über die Problematik sprechen.