Protokoll der Sitzung vom 26.11.2003

Das Wort erhält Herr Minister Dr. Schäuble.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Sachlage ist ja klar. Es geht einfach um die Frage, ob leitende Angestellte von Gesellschaften, an denen eine Kommune mit mehr als 50 % beteiligt ist, künftig noch für den Gemeinderat oder, je nachdem, auch für den Kreistag wählbar sein sollen. Das ist, Herr Kollege Gall – wie ja auch bei der Ersten Beratung, im Ausschuss und auch heute wieder gesagt worden ist –, mit Sicherheit eine Frage, die man diskutieren muss. Da ist an Ihrem Anliegen etwas dran.

Das ist auch nicht neu. Ich habe bei der Ersten Beratung darauf hingewiesen, dass 1975 schon einmal eine entsprechende Gesetzesinitiative ergriffen worden ist, die dann aus Gründen, die ich im Augenblick nicht mehr nachvollziehen kann, doch nicht zu einem Ergebnis geführt hat. Kurzum: Das Problem ist nicht neu.

Umgekehrt stimme ich dem Kollegen Glück auch zu, dass man es sich natürlich schon dreimal überlegen muss, wenn man bestimmte Gruppen von der Wählbarkeit ausschließt. Herr Kollege Oelmayer, ich will jetzt nicht dem widersprechen, was Sie vorhin zu der Ersatzmöglichkeit gesagt haben, den Weg über die Befangenheit zu gehen. Aber dass

die Rechtslage in Baden-Württemberg schon heute dadurch gekennzeichnet ist, dass bei uns sehr viele Hinderungsgründe für die Wählbarkeit im Gesetz stehen, während andere Bundesländer verstärkt den Weg über die Befangenheit gehen, ist auch einfach eine Tatsache. Auch vor diesem Hintergrund muss man die Gesamtproblematik überdenken und darf nicht nur diesen Einzelfall und diese Einzelsituation sehen. Darauf kommen wir, auch wenn entsprechende Bestrebungen aus dem Landtag heraus kommen, nach der Kommunalwahl gern zurück.

Ich bleibe aber – auch für die Landesregierung – dabei: Jetzt ist es für eine solche Gesetzesänderung zu spät, weil die Vorbereitungen für die Kommunalwahl landauf, landab teilweise bereits auf vollen Touren laufen. Deshalb bitte ich Sie, dieser Gesetzesinitiative zu diesem Zeitpunkt nicht Rechnung zu tragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 13/2600. Der Innenausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Ich lasse über den Gesetzentwurf insgesamt abstimmen. – Sie sind damit einverstanden.

Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 13/2453 ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dem Gesetz wurde mehrheitlich nicht zugestimmt.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

a) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Ministergesetzes – Drucksache 13/2422

b) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Ministergesetzes – Drucksache 13/2542

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses – Drucksache 13/2638

Berichterstatter: Abg. Walter

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache über die beiden Gesetzentwürfe eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Wem darf ich für die CDU-Fraktion das Wort erteilen? – Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Reinhart.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in der Zweiten Beratung der Gesetzentwürfe zur Änderung des Ministergesetzes. Ich möchte deshalb zunächst an die Bera

tungen im Ständigen Ausschuss und auch an die Erste Beratung anknüpfen. Dort haben wir nachvollziehbar dargelegt, warum wir einen eigenen Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP eingebracht haben. Diesen Gesetzentwurf halten wir für angemessen, für ausgewogen

(Abg. Drexler SPD: Oh! – Abg. Stickelberger SPD: Mitnichten! – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig, Herr Kollege!)

und auch vor dem Hintergrund der versorgungspolitischen Herausforderungen für die einzig sinnvolle Lösung.

Im Hinblick auf die Änderungen der Bundesgesetze haben wir gesagt: Aus Gründen der sozialen Symmetrie ist es geboten, bei den Mitgliedern der Landesregierung entsprechende Einschränkungen bei der Höhe des Ruhegehalts vorzunehmen. Das haben wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen getan. Wir sind selbst vom Bund der Steuerzahler für diesen ausgewogenen Gesetzentwurf gelobt worden.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So sind wir halt!)

Darüber hinaus ist es erforderlich, die Regelung in BadenWürttemberg an das für die Zahlung von Ruhegehalt beim Bund und in den meisten anderen Ländern geltende Mindestalter bei einer nur relativ kurzen Amtszeit anzupassen. Auch dieser Herausforderung kommen wir mit der Lösung, die der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP vorsieht, nach.

Folgende Maßnahmen haben wir im Gesetzentwurf vorgeschlagen: zum einen die schrittweise Abflachung des Anstiegs der Versorgungsbezüge im Rahmen der nächsten acht allgemeinen Anpassungen der Versorgungsbezüge ab dem Jahr 2003, zweitens die Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes von 75 auf 71,75 %, drittens die Verminderung der den Versorgungsbezügen zugrunde liegenden Ruhegehaltssätze vor dem Vollzug der letzten Anpassung,

(Abg. Walter GRÜNE: Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer Schritt für den Kolle- gen Reinhart!)

nämlich um 4,33 % in einer einmaligen Aktion. Viertens wird die Altersgrenze, bis zu der die Versorgungsbezüge ruhen, auf 60 Jahre angehoben,

(Abg. Drexler SPD: Warum nicht 65?)

sofern die Amtszeit des ehemaligen Regierungsmitglieds keine acht Jahre gedauert hat.

Herr Kollege Drexler, wir haben bewusst nicht dem Vorschlag von 65 Jahren Folge geleistet, weil wir der Meinung sind: Das politische Führungspersonal, das in eine Regierung berufen wird, wird auf Zeit berufen. In der Demokratie wird auf Zeit gewählt. Wir sollten nicht den Fehler begehen, in der politischen Spitze nur noch Analogien zu den Beamten vorzunehmen. Dann können wir in Zukunft Beamte an die Spitze eines Regierungsamtes berufen.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Drexler SPD: Aber draußen erzählen Sie den Leu- ten, sie sollten bis 67 schaffen! Ihr seid schöne Po- litiker! Wie bei Freudenberg vorher!)

Herr Kollege Drexler, genau diese Diskussionen sollten Sie nicht vermengen, weil wir in diesem Zusammenhang einmal sehr, sehr ausgewogen einen Vergleich anstellen müssten.

(Abg. Drexler SPD: Es ist gar nichts ausgewogen! Ihr macht Klientelpolitik, dass es raucht!)

Vielen Dank, Herr Drexler. Ich empfehle Ihnen Folgendes: Schauen Sie sich einmal die SPD-regierten Länder an.

(Abg. Drexler SPD: Wir sind hier für Baden-Würt- temberg zuständig!)

Schauen Sie sich einmal an, welche Regelungen Sie in den Ländern, in denen Sie an der Regierung sind, getroffen haben.

(Abg. Seimetz CDU: Wer im Glashaus sitzt! – Abg. Junginger SPD: Schauen Sie mal, wie es in Schleswig-Holstein ist! – Abg. Drexler SPD: Bay- ern!)

Lieber Herr Junginger, in Schleswig-Holstein haben Sie doch die strukturelle Umwidmung, begonnen bei Frau Simonis – übrigens auch im Rahmen der dortigen Diätendiskussion –, nämlich weniger Versorgung und mehr Bezüge, nicht geschafft. Sie halten das politisch auch nicht durch; das wissen Sie.

(Abg. Junginger SPD: Haben Sie mitbekommen, dass dort die Ministerpensionen gekürzt worden sind?)

Nehmen wir erst einmal die Bundesregelung zum Vergleich. Ich sehe dort: Bei Mitgliedern der Bundesregierung – man höre und staune, und man reibe sich vor allen Dingen ganz erstaunt die Augen – besteht bereits nach zwei Jahren Amtszeit ein Anspruch.

(Abg. Drexler SPD: Das hat doch die CDU be- schlossen!)

In Baden-Württemberg besteht der Anspruch nach fünf Jahren Amtszeit.

(Abg. Drexler SPD: Warten Sie einmal ab! Das hat der Herr Kohl beschlossen! – Gegenruf des Abg. Seimetz CDU: Warum habt ihr es nicht abge- schafft? In sechs Jahren habt ihr Zeit genug ge- habt!)

Mittlerweile haben Sie sechs Jahre lang alle Möglichkeiten gehabt, etwas zu verändern. Nichts ist geschehen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD – Abg. Seimetz CDU: Der Fischer wollte es nicht!)

Ich will Ihnen ein Zweites sagen: Sie haben beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, aber nicht nur dort, Regelungen

(Abg. Drexler SPD: Wer ist denn da gewählt? – Gegenruf des Abg. Seimetz CDU: Noch ist die SPD dran! Bald wird es anders!)

deshalb reden Sie einmal mit dem Kollegen Steinbrück und mit den gewählten Abgeordneten darüber, wie dort die Regelungen sind –,