Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns schon im Innenausschuss mit dem Gesetzentwurf beschäftigt, und wir haben im Plenum vor vier, fünf Wochen schon über diese Angelegenheit beraten. Ich kann nur feststellen: Wesentliche neue Erkenntnisse ergaben sich bei den Beratungen im Innenausschuss nicht.
Ich möchte darauf verweisen, dass mein Kollege Hillebrand damals gesagt hat: Wir halten das Anliegen der SPD-Fraktion für durchaus diskussionswürdig, und wir sind auch bereit, in die Diskussion einzusteigen. Denn wir denken, dass es durchaus überlegenswert ist, zu sagen: Bei einem Mann oder einer Frau – so muss ich vorsichtigerweise immer sagen –, der oder die in einer privaten Gesellschaft eine Führungsaufgabe wahrnimmt, muss geprüft werden, ob es Hinderungsgründe im Sinne von § 29 der Gemeindeordnung gibt. Das könnte durchaus sein; das will ich gar nicht abstreiten. Aber wir müssen darüber hinaus sehen, dass im Hinblick auf § 29 über mehr diskutiert werden muss als nur über diesen Teil. Wir wollen § 29 der Gemeindeordnung also global diskutieren.
Ich habe mir vorhin extra noch einmal das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2000 – Fall Freudenstadt – durchgelesen und gesehen: Danach gibt es auch in anderen Bereichen – vielleicht in der anderen Richtung, dass wir mehr Freiheit geben sollten – enormen Handlungsbedarf, zu dem ich mich durchaus bekennen will. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, jetzt keine Änderung vorzunehmen.
Der wichtigste Grund, dass wir sagen: „Wir sollten jetzt keine Änderung vornehmen“, ist der, dass wir mitten im
Verfahren der Aufstellung der Listen für die Kommunalwahl sind. Es macht keinen Sinn, eine solche Änderung ein halbes Jahr vor einer Kommunalwahl vorzunehmen. Andernfalls würden wir den Vertrauensschutz der Damen und Herren, die sich dafür zur Verfügung stellen wollen – auch wenn nach meiner Meinung wahrscheinlich nur wenige davon betroffen wären –, verletzen.
Wir sagen: Lassen Sie uns nach der Kommunalwahl den gesamten § 29 der Gemeindeordnung in aller Ruhe beleuchten. Ich erkläre, dass wir dazu bereit sind. Aber in der gegenwärtigen Situation lehnen wir Ihren Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, ab. Den können wir nicht mittragen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Von dieser Stelle aus ein letzter, wenngleich vermutlich auch vergeblicher Versuch, Sie von der Richtigkeit und der Notwendigkeit unseres Gesetzentwurfs zur Änderung der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung zu überzeugen, zumindest diejenigen, die sich schon jetzt dazu aufraffen könnten.
Ziel unseres Gesetzentwurfs war und bleibt, bei den Grundsätzen, die die Mitwirkung in den kommunalen Gremien regeln, gleiche Maßstäbe anzulegen, das heißt, nicht die einen von der Mitwirkung auszuschließen, andere jedoch, bei denen im Gemeinderat oder im Kreistag objektiv dieselben Interessenkonflikte bestehen, mitwirken zu lassen.
Es geht, wie wir bereits bei der Ersten Beratung und auch im Innenausschuss erörtert haben, darum, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die bisherigen Formulierungen in § 29 der Gemeindeordnung bzw. in § 24 der Landkreisordnung nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten auf örtlicher Ebene genügen.
Wenn man es, meine Damen und Herren, nach wie vor für richtig erachtet, aufgrund eventueller Interessenkonflikte Beamte, Angestellte von Gemeinden und Landkreisen, von Körperschaften des öffentlichen Rechts oder von Stiftungen bis hin zu Beschäftigten von Volkshochschulen, die in kommunaler Trägerschaft organisiert sind, von der Mitwirkung im Gemeinderat bzw. im Kreistag auszuschließen, dann kann man doch nicht die Auffassung vertreten, dass Geschäftsführern oder anderen Führungspersonen von kommunalen Unternehmen, die aus dem öffentlichen Bereich ausgegliedert sind, diese Mitwirkung ermöglicht werden sollte.
Die in den bisherigen Diskussionen vorgebrachten Gegenargumente – so auch heute – vermögen uns wenig zu überzeugen. Es entspricht erstens nicht den Tatsachen, wenn Sie, Herr Heinz, behaupten, in vielen Gliederungen wären die Nominierungen bereits abgeschlossen, die Änderung käme jetzt also zu spät.
Zweitens würde, falls eine von unserem Gesetzentwurf betroffene Person tatsächlich schon nominiert wäre, dies nicht die Gültigkeit dieser Liste insgesamt infrage stellen, und drittens ermöglichen unsere Wahlgesetze bzw. Wahlordnungen andererseits die problemlose Nachnominierung eines anderen Kandidaten oder einer anderen Kandidatin. Und was Ihr wiederholt vorgebrachtes Argument betrifft, die Gemeinde- und die Landkreisordnung sollten nicht oder nicht nur für Einzelfälle geändert werden, so haben dies doch die Regierungsparteien – ich wiederhole mich da – in der Vergangenheit schon selbst dadurch ad absurdum geführt, dass sie mit ihren Mehrheiten ausschließlich für parteipolitische Interessen Änderungen im Landtag herbeigeführt haben.
Im Innenausschuss, meine Damen und Herren, haben Sie jetzt zwar nach mehrmaligem Drängen seitens der Grünen und auch durch uns – und nachdem Ihnen der Herr Innenminister ein wenig unter die Arme gegriffen hat – eine Änderung der Gemeindeordnung, eine Diskussion über die Gemeindeordnung insgesamt angekündigt, dabei aber völlig offen gelassen, in welchen Bereichen Sie Änderungen erwägen. Ich sage dazu: Groß ist unsere Hoffnung hierbei nicht, haben Sie in der Vergangenheit doch bereits deutlich gemacht, was Sie von mehr Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger halten und wie Sie zu dem Thema „Bürgermeister in den Kreistagen“ stehen.
Ist Ihnen aufgefallen, dass ich vorhin nicht gesagt habe, wir würden uns gegen Einzelfalländerungen wehren? Ich habe gesagt, mir wäre es recht, wenn wir den § 29 der Gemeindeordnung insgesamt diskutierten. Das ist nach meiner Meinung ein großer Unterschied.
Nein, Herr Heinz. Es ist mir freilich aufgefallen, wie Sie formuliert haben, aber ähnliche oder gleich lautende Formulierungen haben Sie bei anderer Gelegenheit, als wir Grundsätze der Gemeindeordnung oder der Landkreisordnung diskutiert haben, ebenfalls schon gebracht,
(Abg. Stickelberger SPD: Und nichts ist passiert! – Gegenruf des Abg. Heinz CDU: Das ist eine andere Baustelle!)
aber es ist nichts passiert. Wir bleiben deshalb bei unserem Gesetzentwurf, mit dem die bestehenden Hinderungsgründe auf leitende Beamte und leitende Angestellte von juristischen Personen oder sonstigen Organisationen des öffentlichen und privaten Rechts, an denen die Gemeinde bzw. der Landkreis mit mehr als 50 vom Hundert beteiligt ist oder
Meine Damen und Herren, Gleichheit beim aktiven wie beim passiven Wahlrecht ist einer der Grundsätze bei demokratischen Wahlen. Diese Gleichheit besteht gegenwärtig zumindest in diesem Punkt nicht mehr. Die SPD-Fraktion möchte sie gerne wiederherstellen, und wir bitten deshalb um Ihre Unterstützung für unseren Gesetzentwurf.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich richtig, über dieses Thema zu diskutieren. Wir haben das auch intensiv getan, sowohl bei der ersten Lesung als auch im Ausschuss. Meines Erachtens sind keine neuen Argumente hinzugekommen.
Wir wollen nicht, dass das passive Wahlrecht einer Gruppe von Personen unnötigerweise beschnitten wird, obwohl sie in den allermeisten Fällen sonst sehr kompetent mitdiskutieren könnten und nur in wenigen Fällen befangen sind. Wir haben in der Gemeindeordnung eine Regelung bei Befangenheit, und das reicht im Augenblick aus.
Aber, Herr Gall, ich möchte Ihnen durchaus zusagen: Auch wir sind bereit, ganz generell über § 29 der Gemeindeordnung zu diskutieren. Wir wollen die Tür hiermit nicht zuschlagen. Aber im Augenblick, auch im Hinblick auf die Kommunalwahl, können wir diesem Schritt nicht folgen und lehnen den Gesetzentwurf deshalb ab.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben das Thema in der Tat sowohl hier in der ersten Runde bei der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs als auch im Innenausschuss ausführlich diskutiert. Es geht um die Ausdehnung der Inkompatibilität zwischen politischem Mandat, wenn man das so sagen darf, nämlich Gemeinderats- oder Kreistagsmandat, und der Tätigkeit für die Kommune bzw. für den Kreis, gegebenenfalls auch in so genannten privatisierten Tätigkeitsformen.
Es wurde ja auch von der Regierungsfraktion der CDU gar nicht in Abrede gestellt, dass es dort Änderungsbedarf gibt. Es stimmt mich trotzdem traurig, dass wir immer dann, wenn Änderungsbedarf besteht, auf die Zukunft verwiesen werden. Aber ich werde Sie beim Wort nehmen, und wir werden natürlich mit Argusaugen darauf achten, dass die Reform des § 29 der Gemeindeordnung kommt, wenn Sie ihr heute schon in dem kleinen Umfang nicht zustimmen wollen oder können.
Jetzt zum Argument, dass für die Kommunalwahl schon viele Kandidaten nominiert bzw. Listen aufgestellt seien. Wie viele das jetzt sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Für
Ulm kann ich sagen, dass wir dort keine Probleme hätten, denn gerade die CDU in Ulm nominiert mangels Kandidaten erst Ende Januar, wie auch immer.
Insofern sticht dieses Argument, glaube ich, nicht so recht. Aber einen Gedanken möchte ich schon noch äußern. Sie sagen jetzt, man könne das Thema der Befangenheit wahrscheinlich auch mit einer genaueren Einzelfallprüfung abräumen. Meines Erachtens sind aber – ich sage das als jemand, der zehn Jahre in der Kommunalpolitik tätig war und dort Erfahrungen sammeln konnte – zum Beispiel Vorstandsmitglieder einer kommunalen GmbH, deren Etatvolumen nahezu ebenso groß wie das Volumen des städtischen Haushalts ist, dann, wenn es um Geld geht, immer befangen. Denn es gibt immer einen Interessenkonflikt zwischen der privat organisierten Tätigkeit der Kommune und dem städtischen Haushalt.
Insofern bin ich schon der Auffassung, dass der Reformbedarf, den die Sozialdemokratische Partei mit diesem Gesetzentwurf hier in diesem hohen Haus angesprochen hat, besteht. Leider sind Sie jetzt nicht bereit, dem Entwurf zuzustimmen. Ich hoffe aber natürlich, dass Sie, wenn Sie diesen Reformbedarf auch sehen, in Zukunft tätig werden. Wir sind gespannt, wann der entsprechende Gesetzentwurf seitens der Landesregierung hier in den Landtag eingebracht wird.