Protokoll der Sitzung vom 26.11.2003

Punkt 1 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD – Ministerialdirektoren im Wirtschaftsministerium und in der Landesvertretung – Drucksache 13/2641

dringlich gemäß § 57 Abs. 3 GeschO

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Abg. Drexler das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Land muss im kommenden Haushalt sehr viele Streichungen vornehmen. Der Herr Finanzminister hat heute im „Mannheimer Morgen“ gesagt: „Ich suche zusammen mit den Ressortministern nach weiteren Sparmöglichkeiten.“ Herr Oettinger hat erst neulich die rote Laterne herausgehängt und gesagt, das Land befinde sich in einer ganz schwierigen Situation; verheerend für das Land wäre es, wenn es keinen verfassungsgemäßen Hauhalt mehr zustande bekäme.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wohl wahr!)

Wir befinden uns in einer Situation, in der wir all das in unserem politischen Alltag bedenken müssen.

Herr Döring hat sich heute Morgen in der „Stuttgarter Zeitung“ verwundert gezeigt, dass der Landtag überhaupt über die Personalie diskutiere.

(Minister Dr. Döring: Allerdings!)

Dass der Landtag darüber diskutiert, ist sicherlich außergewöhnlich. Aber in Artikel 27 der Landesverfassung steht, dass wir die Exekutive zu kontrollieren haben. Normalerweise ist die Regierung für die personelle Besetzung in den Ministerien allein zuständig. Nur: Wenn wir merken, dass die Grundsätze, die überall für das Sparen gelten – die Haushaltsstrukturkommission hat schon ungewöhnlich stark im sozialen Bereich gespart, sie hat bei den Familien und bei der Bildung kräftig gekürzt –, nicht beachtet werden, und wir dann feststellen, dass man zwar draußen Wasser predigt, aber bei den eigenen Personalentscheidungen reichlich Wein trinkt, muss dieser Landtag bei einer B-9dotierten Stelle rechtzeitig diskutieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Deswegen appelliere ich auch an die CDU und an die FDP/ DVP, diese Überwachungsfunktion des Landtags heute zu stärken. Helfen Sie bei der heutigen Debatte mit, dass diese Regierung zum Pfad der Tugend zurückkehrt und das tut, was sie selber immer in der Öffentlichkeit sagt! Sorgen Sie mit dafür, dass eine Möglichkeit besteht, eine hoch dotierte Stelle einzusparen!

Der Herr Finanzminister hat immer gesagt, so einfach seien Stellenstreichungen nicht, die Stellen seien ja besetzt, die Streichungen seien nur langfristig möglich. Wir haben aber in der Landesvertretung einen Ministerialdirektor, der im Übrigen erst auf diese Stelle als Ministerialdirektor gesetzt wurde, als eine der Koalitionsfraktionen feststellte, sie brauche noch einen Posten. Erst dann wurde die Position geschaffen.

Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass die badenwürttembergische Landesvertretung mit 60 Personen im Vergleich zu durchschnittlich 35 Personen in den Vertretungen aller anderen Bundesländer überbesetzt ist.

(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Ich gebe zu, dass wir eines der wichtigsten Länder in der Bundesrepublik Deutschland sind

(Zuruf: Das wichtigste!)

das wichtigste – und unsere Landesvertretung mehr Personal benötigt als Sachsen-Anhalt; das ist auch klar. Aber eine Besetzung mit 60 Personen im Vergleich zu 35 Personen im Durchschnitt sei absolut zu viel, hat der Rechnungshof gesagt.

Der Rechnungshof hat ferner gesagt, der Landtag solle sich vor allem die hierarchische Struktur der Landesvertretung anschauen. Da muss ausgebeint werden. Nun ist eine Ministerialdirektorenstelle im Wirtschaftsministerium frei.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wird frei!)

Der bisherige Amtsinhaber wechselt zu einer Bank. Nun fragen wir uns: Warum befolgen wir nicht das, was der Rechnungshof sagt,

(Abg. Schmiedel SPD: Genau!)

und setzen denjenigen, der die B-9-Stelle in der Landesvertretung in Berlin hat, auf die B-9-Stelle im Wirtschaftsministerium und sparen dadurch eine B-9-Stelle ein, die das Land – ohne Beihilfe und ohne Pensionsansprüche – immerhin 105 000 € pro Jahr kostet? Warum machen Sie das nicht?

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich hätte noch Verständnis, wenn es sich um einen CDUMann handeln würde, den Herr Döring als Ministerialdirektor nicht will, oder wenn er überhaupt keiner Partei angehören würde, weil der Ministerialdirektor im Ministerium auch eine Vertrauensperson ist. Aber es handelt sich um einen FDP/DVP-Mann. Ich möchte heute von Ihnen wissen, warum Sie diese ganz einfache Möglichkeit nicht wahrnehmen, dem Land Geld zu sparen. Geht es hier wieder nur um Postenschieberei zulasten des Steuerzahlers? Darüber werden wir uns nachher noch unterhalten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hauk.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir in Berlin die Landesvertretung gebaut haben, haben wir ganz bewusst das größte Gebäude aller Landesvertretungen gebaut.

(Zurufe von der SPD)

Wir haben ganz bewusst ein Gebäude gebaut, das der Bedeutung Baden-Württembergs Rechnung trägt.

(Lachen bei der SPD – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut!)

Wir haben ganz bewusst in unseren Haushalts- und Stellenentscheidungen eine Stellenausstattung gewählt, die der politischen Repräsentanz eines Bundeslandes mit 10,5 Millionen Einwohnern angemessen ist.

(Abg. Drexler SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Vertretung muss repräsentativ ausgestattet werden, weil wir allein schon aufgrund unserer geographischen Situation einen exzellenten und guten Auftritt in Berlin brauchen, nicht nur für die Politik, sondern genauso für die Wirtschaft und die Kultur unseres Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Es ist doch ganz klar, dass im Gegensatz zu unserer früheren Vertretung in Bonn, in einer Kleinstadt, das Auftreten in einer Weltstadt bei einem reichhaltigen und konkurrierenden Angebot anders sein muss.

(Zurufe der Abg. Schmiedel und Dr. Caroli SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb ist die Zahl der Veranstaltungen gestiegen. Diese Zahl der Veranstaltungen muss auch von einer höheren Zahl von Mitarbeitern gemanagt und durchgeführt werden.

Ein zweiter Punkt, der ein Stück weit die B-9-Stelle begründet, die damals in diesem Zusammenhang und auch aus anderen Gründen geschaffen wurde,

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

ist die Kontinuität der Amtsführung. Wenn wir Spitzenpersonal, qualifiziertes Personal in unserer Landesverwaltung wollen, dann kann es nicht sein, dass unsere guten Beamten und Spitzenbeamten sich über Jahre oder Jahrzehnte in der Landesvertretung in Berlin aufhalten. Wir wollen ein rollierendes System.

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Spitzenbeamte müssen diese Laufbahn mit durchlaufen. Wir wollen Spitzenbeamte, die in Berlin waren, wieder nach Baden-Württemberg zurückholen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Stickel- berger SPD: Spitzenbeamte, ja!)

Meine Damen und Herren, dies bedarf dann aber einer hohen Kontinuität der Amtsführung.

(Abg. Stickelberger SPD: Sehen Sie die gewahrt?)

Eine Kontinuität in der Amtsführung und der entsprechenden Dienstgeschäfte ist das Entscheidende.

Ein Weiteres, meine sehr verehrten Damen und Herren: Baden-Württemberg hat seit Jahr und Tag,

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was soll das jetzt heißen?)