Nein, die Ausbildungsplatzabgabe ist der falsche Weg. Sie ermöglicht vielen Unternehmen, vor allem finanzstarken Unternehmen, sich von der gesamtgesellschaftlichen Pflicht zur Ausbildung zunehmend freizukaufen. Wir erleben dies ja auch in anderen Bereichen, Herr Kollege Schmiedel.
Die Behindertenabgabe ist ein Beleg dafür, dass eben nicht mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Behinderte zur Verfügung gestellt werden und dass sich viele Unternehmen von dieser Pflicht freikaufen. Genau so wäre es auch bei der Ausbildungsplatzabgabe.
Im Übrigen: Dass diese Abgabe in der gegenwärtigen Situation kontraproduktiv ist, zeigt sich doch auch daran, dass ab 2007 deutlich geringere Schülerzahlen zu erwarten sind und das Potenzial an Nachwuchs für eine Ausbildung damit sinkt. Wir müssten eigentlich das Gegenteil machen und heute alle Ausbildungsbetriebe belohnen, die bereit sind, zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Denn sie leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass der Ar
beitsmarkt von heute und von morgen gesichert bleibt und dass wir am Standort Deutschland eben auch Wertschöpfung und Arbeitsplätze sowie Qualifikation vorfinden.
Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen. Ich denke, wir tun gut daran, bei diesem wichtigen Thema weiterhin auf die Freiwilligkeit der Tarifpartner zu zählen. Ich glaube, hier sind Appelle an die Bereitschaft und die Motivation zur Ausbildung deutlich besser als jede Pflichtabgabe.
Wir haben schon derzeit eine Höchstgrenze an Steuern und Abgaben für die Unternehmen erreicht. Das gilt insbesondere für die mittelständischen Unternehmen im Land. Es gibt sehr zu denken, wenn ein Drittel der mittelständischen Betriebe mittlerweile ohne Gewinn arbeiten und wenn mehr als die Hälfte der Mittelständler mit einem Umsatz von 5 Millionen € ohne Eigenkapital oder mit nahezu null Eigenkapital ausgestattet sind.
Da ist es doch überhaupt kein Wunder, dass die Ausbildung zunehmend als Kostenbelastung, als Kostenfaktor empfunden wird, dass die Unternehmen nicht nur nicht mehr über den eigenen Bedarf hinaus ausbilden, sondern dass sie auch nicht mehr die finanziellen und die wirtschaftlichen Spielräume haben, um entsprechend auszubilden.
Vor diesem Hintergrund gehören die Pläne für eine Ausbildungsplatzabgabe in die sozialistische Mottenkiste. Sie spiegeln damit eine Scheingerechtigkeit vor.
der bei diesem Thema sicherlich dichter an der Wirtschaft ist als gewerkschaftsnahe, ideologische Kreise der SPD. Nehmen Sie die Entwürfe für eine Ausbildungsplatzabgabe zurück. Kassieren Sie den Beschluss Ihres Bundesparteitags auf Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe, und lassen Sie dieses Thema auslaufen. Sie würden damit der Wirtschaft einen großen Dienst erweisen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst gilt mein Dank all jenen Betrieben, die sich
auch in diesem Jahr für die Sicherstellung der notwendigen Zahl von Ausbildungsplätzen eingesetzt haben.
Das waren die Betriebe, die ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen haben. Wir haben leider auch Betriebe, die das nicht getan haben.
Aber ich glaube, dass wir in der Frage der Ausbildung auch ein paar Gemeinsamkeiten haben. Diese möchte ich gern festhalten.
Erstens: Die duale Berufsausbildung ist unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Sie ist die beste Vorbereitung auf das Berufsleben. Ich glaube, Herr Birk und Herr Hofer, da sind wir uns sicherlich einig.
Zweitens – und ich glaube, Herr Dr. Birk, dass wir uns auch da einig sind –: Die Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen liegt bei der Wirtschaft. Die Wirtschaft hat diese mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts seit 1980 als ihre ureigenste Aufgabe angenommen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Fischer SPD: So ist es! – Abg. Hofer FDP/DVP: Das können wir auch gern dort belassen!)
Die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen – und ich hoffe, da sind wir uns immer noch einig – ist keine Freiwilligkeitsleistung der Wirtschaft,
sondern sie ist konstitutiv für das duale System. Es gibt kein duales System ohne die Freiwilligkeitsleistung der Wirtschaft. Und funktioniert dies, wie es im Osten der Republik in Teilen der Fall ist, nicht, dann muss der Staat diese Ausbildung übernehmen. Ich hoffe, dass dies nicht in unserem Interesse ist, sondern dass wir die duale Ausbildung stärken wollen.
Herr Dr. Birk, noch einmal – man kann es ja im Wirtschaftsausschuss diskutieren, aber ich frage mich, wie viel ich noch reden muss, damit das begriffen wird –: Die Zahl der Ausbildungsplätze hat in Baden-Württemberg besorgniserregend abgenommen, und zwar seit 1992;
das haben wir geklärt. Der größte Rückgang erfolgte bis zum Jahr 1998, und das hat nicht allein mit der Regierung zu tun,
sondern das weist auf ein strukturelles Problem hin. Seit 1992 – bitte kapieren Sie das einmal – wurde die Zahl der Ausbildungsplätze von 138 000 auf 75 000 fast halbiert.
(Abg. Schmiedel SPD: So, Herr Birk! – Abg. Drex- ler SPD: Das sind Fakten! – Abg. Hauk CDU: Herr Präsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage?)
Darin sehen wir einfach ein großes Problem, das unabhängig von der konjunkturellen Lage die duale Ausbildung gefährdet.
Frau Kollegin Weckenmann, könnte es sein, dass dieser Rückgang auch damit zu tun hat, dass die Gewerkschaften unterproportional ausbilden?