Ich meine, man sollte diesen Weg gehen: Wir müssen ein Leitbild entwickeln. Wie sieht der Bedienstete der Zukunft aus? Welche Chancen können wir bieten? Wie können wir
junge Leute motivieren, in diese Ausbildungsberufe zu gehen? Wenn das geklärt ist, sollten wir für jeden Bereich individuell prüfen, welches Ausbildungsverhältnis infrage kommt. Die guten Erfahrungen mit der Referendarausbildung im Justizbereich geben zu Hoffnung Anlass, aber sie lassen sich unserer Ansicht nach nicht ohne weiteres auf andere Bereiche übertragen.
Ich stimme Ihnen, Herr Kollege Reinhart, zu: Man soll hier sorgsam prüfen und abwägen. Wir sind für die Prüfung offen,
erwarten aber von der Landesregierung Ausbildungskonzepte für eine Zukunft mit einer modernen Verwaltung.
Ich darf zu dem Themenkomplex „Monopol bei den Ausbildungsverhältnissen“ und zu dem Antrag, den die Fraktion der FDP/DVP hier zu Recht von der Landesregierung hat beantworten lassen, einige wenige Vorbemerkungen machen.
Erstens: Wir haben – ich habe extra noch einmal das Protokoll der Plenarsitzung nachgelesen – am 2. April 1998 den Gesetzentwurf der Landesregierung mitgetragen. Wir haben ihn damals deswegen mitgetragen – das betraf die Juristinnen und Juristen sowie die Referendarinnen und Referendare –, weil wir gedacht und gesagt haben: Wenn 90 % der Menschen nicht für das Beamtenverhältnis ausgebildet werden, weil sie hinterher Anwältinnen oder Anwälte werden oder andere Berufe in der freien Wirtschaft ausüben, dann muss die Ausbildungsphase wirklich nicht unbedingt im Beamtenverhältnis stattfinden. Das war die erste Argumentation.
Die zweite Argumentation, die ja auch getragen hat – das sehen wir ja jetzt –, betraf das Einsparpotenzial. Das Einsparpotenzial, das jetzt ca. 5 Millionen € beträgt – damals noch in D-Mark knapp 9 Millionen DM –, hatten wir damals mit Bedenken begleitet, weil wir gesagt hatten: Die Plätze für die Referendarinnen und Referendare reichen nicht aus, weil man sie auf 580 Stellen gedeckelt hat. Zwischenzeitlich sind wir der Auffassung, dass die vorhandenen Plätze ausreichen.
Hinzu kommt, dass durch die Umgestaltung in das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis auch Vorteile für die Referendarinnen und Referendare entstehen. Natürlich gibt
es zunächst einmal Nachteile. Das darf man nicht ganz beschönigen und wegdiskutieren: Das führte natürlich zu einer Reduzierung der Bezüge. Es war und ist eine Unterhaltsbeihilfe, die um ca. 10 bis 14 % unter dem liegt, was ehedem im Beamtenverhältnis gewährt worden ist. Aber immerhin haben jetzt an die 250 Referendarinnen und Referendare aus dem juristischen Bereich die Möglichkeit, dann, wenn sie in kein Arbeitsverhältnis kommen, zumindest Arbeitslosengeld zu beziehen. Das war vorher nicht möglich.
Bei der Stellungnahme des Justizministeriums zu dem Antrag der FDP/DVP-Fraktion ist die Kernfrage: Kann man das, was wir für die Juristinnen und Juristen im Landtag beschlossen haben, auf die Studienreferendare übertragen? Wenn man sich allein von haushalterischen Überlegungen leiten lässt und das Einsparungspotenzial von über 3 Millionen € sieht,
sind natürlich die Begehrlichkeiten zunächst groß. Das steht außer Frage. Wir haben die Haushaltsrede des Finanzministers vorhin gehört. Wir kennen die finanziellen Sorgen und Nöte im Land.
Aber – dazu wurden hier zu Recht einige Fragen gestellt – erstens müssen wir heute nicht darüber entscheiden, und zweitens ist keine ausreichende Entscheidungsgrundlage gegeben, weil Informationen fehlen.
Ich darf einmal die Differenzen darstellen, die sich zwischen Juristinnen und Juristen und Studienreferendaren ergeben.
Erstens: Juristinnen und Juristen haben zu 90 % die Möglichkeit, in anderen Berufen außerhalb des Staatsdienstes unterzukommen, während Lehrerinnen und Lehrer in aller Regel an staatlichen Schulen beschäftigt werden und eine Wettbewerbssituation mit anderen staatlichen Einrichtungen in diesem Maße nicht besteht. Das ist ein erster und aus unserer Sicht wichtiger Unterschied.
Zweitens: Wir werden als Land Baden-Württemberg natürlich auch für die Zukunft sicherstellen müssen, dass wir genügend Bewerberinnen und Bewerber haben, die ein Lehramt angehen wollen. Da wird eine Frage sein, wie die Referendarzeit von der Vergütung her ausgestaltet sein wird. Darum wäre zunächst einmal wichtig zu wissen: Wie sieht der Bestand aus, und wie viele Studienreferendare brauchen wir in Zukunft? Wie viele müssen wir in Zukunft ausbilden? All diese Fragen wurden in diesem Antrag natürlich noch nicht beantwortet, aber man wird sie klären müssen.
Daran schließt sich drittens an: Nachdem im zweiten Vorbereitungsjahr bei Studienreferendaren tatsächlich eine effektive Arbeit von mindestens acht Wochenstunden geleistet wird und dies nicht unbedingt 1 : 1 mit der Tätigkeit von Juristinnen und Juristen vergleichbar ist, kann man überlegen, ob man diese Vergütung differenziert.
Meine Damen und Herren, wir sind gerne bereit, über diese Sparvorschläge und das Sparvolumen bei Studienreferendaren und auch bei den anderen Bewerberinnen und Bewerbern in Bereichen, in denen der Staat eine Monopolausbildung vornimmt
Die Umwandlung darf nicht zum Nachteil der Bildung und Ausbildung von Studienreferendaren gereichen, und es darf nicht sein, dass wir das Bildungspotenzial in unserem Land, an den Schulen unseres Landes aus diesem Grund nicht erhalten können. Wenn die Fragen klar und eindeutig beantwortet sind, werden wir über einen entsprechenden Antrag diskutieren können und müssen uns auch entscheiden. Für die Diskussion sind wir offen, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Justiz Baden-Württembergs ist einmal mehr bundesweit vorangegangen
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Theurer FDP/DVP: Sehr gut! – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Zeller SPD: Das haben wir aber schnell gelernt!)
und hat als Erste von der statusrechtlichen Öffnungsklausel des Beamtenrechtsrahmengesetzes Gebrauch gemacht.
Diese Klausel ermöglicht in den Monopolausbildungsgängen die Ersetzung des Beamtenstatus der Anwärter durch ein so genanntes öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis. Wir haben diese Statusänderung 1998 vollzogen. Ich kann heute sagen, dass sich dieser Schritt bewährt hat und dass die damit angestrebten Ziele erreicht worden sind.
Die Zielsetzung hatte damals drei Kernpunkte. Die Maßnahme sollte erstens ein Beitrag sein, den Beamtenstatus überall dort, wo er von der Sache her nicht zwingend geboten ist, durch ein anderes, adäquates Statusverhältnis zu ersetzen. Hierfür bieten sich die Monopolausbildungsgänge an, die nicht nur der Ausbildung des eigenen Nachwuchses dienen, sondern auch – und in der Juristenausbildung sogar überwiegend – auf Berufe außerhalb des Staatsdienstes vorbereiten.
Es hatte sich zudem gezeigt, dass das Beamtenrecht mit seinen streng formalisierten Strukturen den Gegebenheiten der Ausbildung nicht immer gerecht geworden ist und insbesondere nicht die in Personalangelegenheiten erforderliche Flexibilität besitzt.
Das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis vermeidet diese Nachteile. Es konnte, da keine weiteren Vorgaben zu beachten waren, beim Erlass des Juristenausbildungsgesetzes spezifisch an den Bedürfnissen des Vorbereitungsdienstes ausgerichtet werden.
Der Wegfall des Beamtenstatus hat auch in den Bereichen, in denen Rechtsreferendare bei Gerichten und Behörden selbstständig in hoheitlichen Funktionen mitarbeiten, zum Beispiel bei der Wahrnehmung des Sitzungsdienstes der Staatsanwaltschaft, keine Probleme aufgeworfen. Auch bei strenger Auslegung der verfassungsrechtlichen Vorgaben wird von keiner Seite in Zweifel gezogen, dass diese Funktionen auch in einem nicht beamtenrechtlichen Ausbildungsverhältnis wahrgenommen werden können.
Eine zweite Zielsetzung war die bessere soziale Absicherung der Rechtsreferendare. Solange der Vorbereitungsdienst im Beamtenverhältnis abgeleistet wurde, hatten Absolventen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung, die nicht sogleich eine Anstellung fanden, allenfalls – und dies nur bei Nachweis der Bedürftigkeit – Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Dieser Anspruch ist später im Rahmen der Sozialrechtsreform weggefallen. Daher war es notwendig und konsequent, die Rechtsreferendare in die Arbeitslosenversicherung einzubeziehen, was nur durch Aufhebung des Beamtenstatus möglich war. Die schlechte Arbeitsmarktlage, gerade auch für Juristen und Juristinnen, bestätigt die Richtigkeit dieser Maßnahme. Nicht wenige sind heute auf das Arbeitslosengeld – zumindest als Überbrückung bis zur Begründung eines festen Arbeitsverhältnisses – dringend angewiesen.
Drittens und nicht zuletzt war Zweck der Statusänderung, Einsparungen bei den Anwärterbezügen zu erzielen. Darum geht es heute vor allem. Der Weg der Justiz kann wie folgt aufgezeigt werden: Die Schaffung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses ermöglichte die Abkopplung der Referendarbezüge vom Bundesbesoldungsrecht. Auf diesem Weg wurde die Bruttovergütung nach heutigem Stand abgesenkt. Gleichzeitig wurden das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld gestrichen. Insgesamt ergab sich hieraus eine jährliche Einsparung von nahezu 2 500 € bei den Bezügen eines einzelnen Rechtsreferendars. Bei einer durchschnittlichen Zahl von 2 200 Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren ergibt sich daraus insgesamt eine Einsparung von 5,161 Millionen €.
In diesen Einsparungen ist der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung bereits berücksichtigt. Es konnte in der Rentenversicherung eine Regelung gefunden werden, die Mehrausgaben vermeidet. Die Referendare erhalten quasi in Nachwirkung ihres früheren Beamtenstatus die Zusage für eine beamtenrechtliche Versorgung.
Die Versorgungsanwartschaft hat Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung zur Folge. Sie bedeutet, dass, wie früher schon im Beamtenverhältnis, nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes eine Nachversicherung nur für diejenigen Absolventen notwendig ist, die anschließend nicht als Richter oder Beamte in den öffentlichen Dienst eintreten. Umgekehrt entsteht für diejenigen, die später in den Staatsdienst übernommen werden, kein zusätzlicher Aufwand durch verlorene Beitragszahlungen in die Rentenkasse.
Abschließend darf ich bemerken, dass zwischenzeitlich auch die Mehrzahl der anderen Bundesländer das Modell
des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses für den juristischen Vorbereitungsdienst übernommen hat. Soweit Erfahrungsberichte vorliegen, sind dort keine Probleme mit dem neuen Status aufgetreten.
Zusammenfassend kann ich also feststellen, dass sich der eingeschlagene Weg bei den Rechtsreferendaren gelohnt und insbesondere auch gerechnet hat.
Ich darf am Schluss sagen: Vielleicht sind sich ja Lehrer und Juristen ähnlicher, als man meint. Ein Spruch aus dem Volksmund lautet: Die einen wissen immer alles, die anderen wissen immer alles besser.