Wenn dies mit einem Gesetz der rot-grünen Mehrheit in Berlin, aber natürlich jetzt auch mit unserem Landesgesetz noch einmal besonders betont wird, wenn wir dadurch den Gedanken des Stiftungswesens noch stärken wollen, ist das eine gute Sache. Ich bin dankbar dafür, dass dies übereinstimmend in diesem hohen Hause so gesehen wird.
Meine Damen und Herren, es war ein interessanter Wettbewerb um die kürzeste Redezeit. Ich gebe die Tabelle bekannt: Herr Pauli sprach 31 Sekunden, Herr Dr. Noll 56 Sekunden, Herr Oelmayer 1 Minute und 2 Sekunden und Herr Junginger 2 Minuten und 21 Sekunden. Es gab das seltene Ereignis, dass die Regierung wesentlich kürzer gesprochen hat als Abgeordnete, nämlich 1 Minute und 29 Sekunden. Dies sei zur Nachahmung empfohlen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen deshalb in der Zweiten Beratung zur E i n z e l a b s t i m m u n g.
Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf unverändert zuzustimmen. Nachdem Einigkeit besteht, rufe ich
zusammen auf. – Sie sind damit einverstanden. Wer für die Annahme dieser beiden Artikel ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Den beiden Artikeln ist einstimmig zugestimmt.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das Gesetz ist einstimmig beschlossen.
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Schule braucht Freiheit – Modellprojekt „Selbstständige Schule“ in Baden-Württemberg – Drucksache 13/1476
Das Präsidium hat für die Begründung des Antrags fünf Minuten Redezeit festgelegt; für die Aussprache gelten gestaffelte Redezeiten bei einer Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit vielen Jahren setzen wir Grünen uns bildungspolitisch für eine Qualitätsentwicklung der Schulen durch selbstständige Schulen ein. Das geht natürlich nicht ohne die Stärkung der Rechte von Schülerinnen und Schülern und die aktive Mitarbeit und Mitsprache der Eltern. Dazu müssen auch deren Rechte gestärkt werden.
Deshalb fordern wir Grünen zum Beispiel, dass nicht nur die Schülerinnen und Schüler von Lehrkräften bewertet werden, sondern auch umgekehrt Lehrerinnen und Lehrer und die Qualität ihres Unterrichts von den Schülerinnen und Schülern bewertet werden sollen.
Seit wir unseren Fraktionsantrag in den Landtag eingebracht haben – das war schon vor einem Jahr – sind wichtige erste Schritte auf dem Weg zu selbstständigen Schulen in Baden-Württemberg eingeleitet worden. Ich nenne hier nur die Kontingentstundentafeln, die Kerncurricula, die Bildungsstandards und die Vorgaben zur Evaluation. Das sind aber nur erste Schritte. Immer noch sind die Kerncurricula zu umfangreich; sie sind wieder Konvolute geworden. Die Bildungsstandards in Baden-Württemberg sind schulformabhängig und zementieren damit das selektive Bildungswesen, obwohl wir wissen, dass es im Bereich der Schülerleistungen riesige Überlappungen über die Schularten hinweg gibt.
Meine Damen und Herren, wie kommt es, dass sich die Schulen und Lehrkräfte überall im Land trotz der Zunahme größerer pädagogischer Freiräume gegängelt und drangsaliert fühlen? Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass
die Schulen in Baden-Württemberg immer noch von oben bevormundet, mit bürokratischen Regeln überfrachtet und mit ständigen Neuregelungen konfrontiert werden,
zu denen sie in der Regel ja nur Ja und Amen sagen können. Bei den wirklich entscheidenden Dingen haben die Schulen tatsächlich immer noch nichts zu sagen.
Weder bei der neuen Oberstufe noch bei der Konzeption des achtjährigen Gymnasiums wurde die Kritik der Eltern und Schüler ernst genommen. Zu den neuen Bildungsstandards und den Kerncurricula konnten zwar Kommentare im Internet abgegeben werden, ein echter Diskussionsprozess war aber nicht erwünscht und nicht zugelassen.
Ferner erhalten Schulen, die sich strukturell weiterentwickeln wollen, dazu keine Genehmigung, wie zum Beispiel die neue Sekundarschule in Tübingen, die ein modernes Lernkonzept für den Umgang mit Heterogenität entwickelt hat. Bislang ist es nur einer einzigen Schule in Baden-Württemberg gelungen, als Versuchsschule eine Genehmigung zur strukturellen Weiterentwicklung zu erhalten. Dies ist das Ländliche Schulzentrum in Amtzell im Allgäu. Dort werden Schülerinnen und Schüler inzwischen nicht mehr sortiert, sondern es wird für alle Begabungen eine individuelle Förderung an einer Schule ermöglicht,
Ein weiteres Beispiel, das zeigt, wie rigoros darauf geachtet wird, dass die Schulstrukturen nicht angetastet werden: Die Hans-Thoma-Grundschule in Karlsruhe bekommt keine Genehmigung für die fünfte und sechste Lese-RechtschreibKlasse, die sie schon seit 20 Jahren hat. Die Schüler und Schülerinnen dieser Klassen müssen statistisch an einer Hauptschule, mit der die Schüler nie etwas zu tun haben, geführt werden, und zwar nur deshalb, damit ja nicht der Anschein erweckt wird, es handle sich eventuell um eine sechsjährige Grundschule.
Ein weiteres Beispiel: Schulleiter werden häufig noch gegen den Willen der Schulgemeinde von oben installiert. Zum Beispiel wurde neulich an einem Gymnasium ein Rektor eingesetzt, der für seinen autoritären Führungsstil bekannt ist
und der bereits an einer Auslandsschule gescheitert war. Erst nach anhaltendem Widerstand wurde diese Entscheidung von Ihnen, Frau Ministerin, revidiert.
Deshalb fordern wir heute mit unserem Entschließungsantrag, der Ihnen vorliegt, dass die Schulen endlich Freiräume
und Entscheidungskompetenzen dort erhalten, wo immer noch die zentrale Steuerung dominiert. Ich will die Punkte noch einmal kurz umreißen, die wir Ihnen heute in unserem Entschließungsantrag vorgelegt haben.
Erstens: Es gibt überhaupt keinen Grund, warum die Schulen ihre Lehrkräfte nicht grundsätzlich selbst einstellen können. Die so genannten schulscharfen Einstellungen, die wir übrigens auch schwer erkämpfen mussten – ich erinnere mich an manche Debatte im Schulausschuss –, sind immer noch an eng begrenzte Bedingungen geknüpft. Wer eigenständige Schulprofile bejaht, muss den Schulen auch das Recht geben, ihre Schulteams pädagogisch passend zusammenzustellen.
Zweitens: Wenn Schulen ihre Lehrerstellen als Gesamtbudget erhalten, können sie auch selbst entscheiden, inwieweit sie andere pädagogische Kompetenzen einbeziehen, zum Beispiel einen Sonderpädagogen oder einen Sozialpädagogen, je nach Bedarf der Schule. Wie gut dies funktioniert, sehen wir zum Beispiel an den skandinavischen Ländern oder auch an anderen in der Bildung erfolgreichen Ländern. Wir wollen auch, dass im Rahmen der Budgets die Schulen ihre schuleigenen Fortbildungsbudgets erhalten und somit selbst entscheiden können, welche Angebote sie entsprechend ihrem Fortbildungsbedarf einkaufen.
Wenn Schulen sich entscheiden, Lernkonzepte zu entwickeln, die die gesamte Bandbreite der Begabungen umfassen, dann müssen die Schulen auch die Möglichkeit erhalten, längere gemeinsame Schulzeiten zu haben. Ich denke dabei an neun- oder zehnjährige Basisschulen, die dann mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen beendet werden können.