Wir haben eine Gesamtpauschale für die Unterbringung, die medizinischen Kosten – darauf komme ich gleich noch
Frau Utzt, in einem Punkt empfinde ich sehr viel Sympathie für das, was Sie gesagt haben: Bei der Pauschalierung der medizinischen Kosten habe ich ein bisschen Bauchweh. Wir haben darüber bereits im Vorfeld diskutiert. Dennoch bin ich der Meinung: Es sind Zahlen, die auf bisherigen Ergebnissen beruhen.
Wir sollten das einmal versuchen. Im schlimmsten Fall würde ich auch der obligat kommenden Revision vertrauen. Gegebenenfalls muss dann an der Stellschraube gedreht werden. Ich habe da ein bisschen Bedenken, zumal auch der Fortschritt in der Medizin in diesen Jahren – es geht bei der Erhebung ja immerhin um einen Zeitraum von etwa fünf Jahren – möglicherweise zu einer Verteuerung führt.
Meine Damen und Herren, die kommunalen Landesverbände begrüßen die Pauschalierung. Aber es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass man jetzt ums liebe Geld streitet, sprich um die Höhe der Pauschalen. Bei der Erhebung dieser Pauschalen hat sich gezeigt, dass es eine sehr große Streubreite bei den Ausgaben der Kommunen für die jeweiligen Leistungen gab. Das gilt nicht nur für die Verwaltungskosten, sondern auch für andere Bereiche. Wenn Sie ein arithmetisches Mittel nehmen und das mit 100 % gleichsetzen, dann ergibt sich, dass manche das mit 50 % geschafft haben und andere mit 250 %, also die einen um den halben Preis und die anderen um den zweieinhalbfachen Preis. Man ist natürlich eher bereit, das Geld auszugeben, wenn man es nur weiterreichen muss und mit dem Land abrechnet. Ich denke, dass die Novellierung auch ein sanfter Zwang ist, der zu einem sparsamen Umgang führen wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zwei Punkte anschneiden, die mir wichtig sind. Der eine ist die Revision. Der Innenminister hat bereits darauf hingewiesen. Ich halte es für absolut wichtig, dass wir in einem gebührenden Nachlauf eine Revision machen, um zu sehen, ob die tatsächlichen Ausgaben in etwa den Pauschalen entsprechen.
Und der letzte Punkt: Wir nehmen die Sorge der Wohlfahrtsverbände sehr ernst, die befürchten, die Stadt- und Landkreise könnten jetzt hergehen und das Geld in großem Maße für die Verwaltung verbraten und die Betreuungsaufgabe würde zu kurz kommen. Es stand auch der Wunsch im Raum, möglicherweise zwei Pauschalen auszuwerfen. Wir denken, mit der Lösung, diese Aufgaben dezidiert in das Gesetz und nicht nur in den Anhang zu schreiben, haben wir einen Kompromiss gefunden, der dieser Sorge Rechnung trägt.
Meine Damen und Herren, wir sehen in dieser Novellierung eine hervorragende Chance für einen Bürokratieabbau und werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion GRÜNE lehnt den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Reform der Flüchtlingsaufnahme und der Eingliederung von Spätaussiedlern ab.
Die Landesregierung verspricht – wir haben es ja eben gehört –, mit dieser Reform sei keine Mittelkürzung verbunden und die Bedingungen für Aufnahme, Unterbringung und Betreuung blieben unverändert. Die Landesregierung behauptet auch, es gehe lediglich um Entbürokratisierung, um Synergieeffekte und um Vereinfachung für alle. Genau das Gegenteil ist der Fall: Einfacher wird es mit dieser Reform nur für die Landesregierung. Für die Migranten und die Stadt- und Landkreise selbst wird es schwieriger, und die Belastungen werden größer.
Was bedeuten die Änderungen im Konkreten? Der eine wichtige Punkt ist hier schon angesprochen worden: Mit der geplanten Pauschalierung spart das Land, auch wenn Sie es anders darstellen, auf Kosten der Stadt- und Landkreise. Sie können uns doch hier in diesem Haus nicht vormachen, wie man Politik mit Haushaltsansätzen und mit der realen Ausschöpfung von Haushaltsansätzen macht. Das müssen Sie uns nicht erzählen; das wissen wir hier sehr genau. Das wissen auch die Stadt- und Landkreise. Es wird sich herausstellen, dass die Befürchtung nicht nur ernst zu nehmen ist, sondern stimmt: Hier wird auf Kosten der Stadt- und Landkreise in einem ganz relevanten Umfang gespart.
Herr Heinz hat ja nicht umsonst eben auf die Motivation „Kassenlage“ hingewiesen. Wenn es darum geht, eine Reform angesichts der knappen Kassen durchzuführen, dann wird es wohl auch darum gehen, Geld einzusparen.
Dabei wäre ja grundsätzlich überhaupt nichts dagegen einzuwenden – wir stimmen damit auch überein –, stärker zu pauschalieren. Das wollen wir auch; das will auch der Rechnungshof. Aber an einer Stelle kann man beim besten Willen keine Pauschalierung vornehmen: Das ist bei den Kosten für die Krankenhilfe. Diese Kosten kann man beim besten Willen nicht als Pauschale abrechnen,
ganz einfach deswegen, weil Krankenausgaben von der Sache her nicht pauschalierbar sind. Haben die Kommunen Dialysepatienten, haben sie Aidspatienten, haben sie Behinderte in dieser Reihe, dann werden die Krankenkosten exorbitant steigen.
Es nützt überhaupt nichts, dass im Schnitt zwischen allen Stadt- und Landkreisen schließlich die Pauschalen stimmen. Für die einzelne Kommune wird das zu einem untragbaren Risiko.
Im Übrigen hat der Rechnungshof an dieser Stelle auch schon deutlich darauf hingewiesen, dass man Sonderzahlungen für die Krankenhilfe ins Auge fassen muss.
Nach unserer Berechnung verbirgt sich hinter der Pauschalierung, die Sie vornehmen, eine Kürzung der Landesmittel um mindestens 15 Millionen €. Dazu kommt noch, dass im Haushaltsstrukturgesetz geplant ist, den Kommunen für Sozialhilfeerstattungen für Spätaussiedler weitere knapp 4 Millionen € wegzunehmen. Insgesamt haben wir somit in diesem Bereich eine Kürzung der Mittel für die Kommunen um 19 Millionen € – wohlgemerkt zusätzlich zu den Kürzungen, die wir heute Morgen im Zusammenhang mit dem Haushaltsstrukturgesetz schon diskutiert haben.
Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Sie als Landesregierung immer weitere Lasten auf die Kommunen abwälzen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Glück FDP/DVP: Die 15 Millio- nen haben Sie aber nur gegriffen!)
Die zweite Folge dieser Reformmaßnahme ist auch schon erwähnt worden: Die Sozialbetreuung von Flüchtlingen, Spätaussiedlern und jüdischen Zuwanderern wird sich weiter verschlechtern. Die Rechnung ist ganz einfach; jeder, der eins und eins zusammenzählen kann, kann sie anstellen. Wenn der Kostendruck zunimmt, während die Aufgaben nicht geringer, sondern eher mehr werden – durch die Übertragung zusätzlicher Aufgaben –, muss der Druck irgendwo raus. Das wird die Sozialberatung treffen.
Da nutzen uns auch die frommen Wünsche nichts, auch nicht das Verständnis für die Befürchtungen. Sie kriegen doch selbst mit, dass in den Landkreisen schon Verträge für die freien Träger, die für Flüchtlingsberatung zuständig sind, gekündigt werden.
(Abg. Alfred Haas CDU: Ist doch nicht wahr! Das reden Sie herbei! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Nein, das reden wir nicht herbei!)
Den freien Trägern wird doch schon gekündigt; zumindest wird deren Kündigung schon vorbereitet. Das wissen Sie doch so gut wie ich!
Sie legen mit dieser Maßnahme die Axt an die subsidiären Strukturen, die Sie ansonsten in Ihren Sonntagsreden so gerne loben.
Dadurch wird Integration verzögert und verschleppt. Diese Suppe werden wiederum die Kommunen auslöffeln müssen, die dann nämlich Mehrkosten für Flüchtlinge und Migranten, die länger am öffentlichen Tropf hängen, tragen müssen.
Wenn Sie uns dies nicht glauben, dann fragen Sie doch bitte Ihre Kolleginnen und Kollegen von der CDU in den Kommunen.
(Abg. Alfred Haas CDU: Wir sind doch selbst in den Kommunen! Das ist ein großer Unterschied zu Ihnen! Wir sind in den Kommunen! – Unruhe)
Herr Schuster hat sich vor kurzem mit der Bitte um Unterstützung an meine Kollegin Brigitte Lösch gewandt.