Ich halte diese Diskussion aber angesichts zurückgehender Flüchtlingszahlen im Augenblick für nicht unbedingt angemessen.
Nachfolgend nenne ich Ihnen die maßgeblichen Punkte unserer Kritik und auch der Kritik der Kommunen. Wir erwarten bei einer Änderung des FlüAG eine Anpassung der Gesamtpauschalen an die tatsächlichen Kostenentwicklungen. Es ist zu befürchten, dass bei geringeren Einnahmen zuerst
die Sozialbetreuung reduziert wird – mit den vorhersehbaren Folgen für das Umfeld der Flüchtlingsunterkünfte. Der baden-württembergische Städtetag hat diese Befürchtung bereits geäußert.
Wir fordern weiterhin die Spitzabrechnung der Krankenkosten für Asylbewerber und bleibeberechtigte Flüchtlinge. Warum? Ich versuche, Ihnen das am Beispiel einer Stadt zu erklären. Der Oberbürgermeister einer Stadt mit ca. 120 000 Einwohnern hat mir vor kurzem erklärt, dass er rein rechnerisch für die 160 Asylbewerber in seiner Stadt weniger an Krankenkosten erstattet bekommen wird, als in der Stadt bislang für einen einzigen chronisch Kranken gezahlt worden ist. Es gibt vielleicht Kommunen, denen überwiegend Gesunde zugewiesen worden sind und die dann mit der angedachten Pauschale zurechtkommen. Aber allein eine Risikoschwangerschaft bringt den ganzen Kostenplan ins Wanken. Von Dialysepatienten will ich erst gar nicht sprechen.
Flüchtlinge haben in der Regel bereits vor ihrer Flucht unter schlechten Bedingungen gelebt. Sie sind häufig als Folge von Folter traumatisiert. Hinzu kommen die Umstände, unter denen die Flucht stattgefunden hat. Infolgedessen haben sie in der Regel eine höhere Anfälligkeit für Krankheiten. Aus diesem Grunde fordern wir gemeinsam mit den Kommunen, die Krankenkosten weiterhin spitz abzurechnen.
Wir wollen, dass die liegenschaftsbezogenen Aufwendungen insgesamt wie bisher vom Land getragen werden. Es macht in unseren Augen wenig Sinn, die Außenhaut eines Hauses durch das Land in Ordnung zu halten und das Innere den Kommunen zu überlassen. Da sich viele Liegenschaften zudem in einem maroden Zustand befinden, käme bei einer Änderung des Status quo ein nicht kalkulierbares Risiko auf die Kommunen zu.
Wir wollen im Interesse der Flüchtlinge und der Kommunen, dass weiterhin eine Anschlussunterbringungspauschale gezahlt wird.
Wir fordern gemeinsam mit den Kommunen eine gesetzliche Revisionsklausel, die einen verbindlichen kommunalen Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Kosten begründet.
Insgesamt erweckt der Entwurf den Eindruck, als sei er im Finanzministerium und nicht im zuständigen Fachministerium geschrieben worden.
Ich habe Ihnen jetzt unsere Hauptänderungswünsche genannt. Die Einzelheiten werden wir mit Sicherheit bei den weiteren Beratungen benennen.
Wir sind der Ansicht, dass die Kommunen – besonders angesichts der Kürzungen von Landesmitteln in vielen Berei
chen – die ausfallenden Mittel nicht kompensieren können. Ich appelliere an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den die Regierung tragenden Fraktionen: Hören Sie auf Ihre Kommunalpolitiker, wenn Sie unseren Argumenten schon nicht folgen wollen.
Nehmen Sie die Drohung der Oberbürgermeister ernst, die mit einer Klage gegen die Änderung des FlüAG drohen. Dass Änderungen des Entwurfs möglich sind, haben Sie, Herr Innenminister, dadurch bewiesen, dass es in dem heute diskutierten Entwurf Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf gibt – die allerdings längst nicht ausreichen.
Aber nicht nur die Finanznot der Kommunen ist Anlass für unsere Kritik. Es geht auch um Menschen und um die Bedingungen, unter denen diese Menschen bei uns leben. Ich möchte Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Christdemokraten, zum Schluss Matthäus 25, Vers 40 in etwas abgewandelter Form ans Herz legen:
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Seimetz CDU: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! – Abg. Drexler SPD: Der Kollege Kleinmann schämt sich! – Gegenruf des Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Ich wüsste nicht, wofür ich mich schämen sollte!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Utzt, ich bin nicht übermäßig bibelfest, aber Sie haben falsch zitiert.
(Abg. Inge Utzt SPD: Ich habe gesagt: eine kleine Veränderung! – Abg. Stickelberger SPD: Also doch bibelfest! – Zuruf des Abg. Drexler SPD)
(Beifall der Abg. Seimetz CDU und Kleinmann FDP/DVP – Zurufe der Abg. Dr. Vetter CDU und Inge Utzt SPD – Unruhe)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Novellierung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes ist ein sehr guter Schritt in Richtung Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung. Vorweg: Beim Innenminister ist bereits angeklun
denn die 100 Millionen €, die bisher hierfür vorgesehen waren, sind auch weiterhin für die Flüchtlingsaufnahme vorgesehen.
Meine Damen und Herren, wir hatten bisher ein sehr kompliziertes Mischsystem aus Pauschalen und sehr aufwendigen Spitzabrechnungen. Es musste hin- und hergebucht werden, und vor allen Dingen musste man jeden einzelnen Flüchtling minutiös verfolgen, denn bei jeder Statusänderung änderte sich auch die Zuwendung. Das war ein riesiger Aufwand.
Diese Neuregelung spart Verwaltungskosten. Überall wird laut gerufen: „Lasst uns die Verwaltung vereinfachen!“, aber wenn es dann konkret wird, sind die Schreie da. Ich denke, wir sollten dem Rechnungshof folgen.
Meine Damen und Herren, wie sind wir zu den Pauschalen gekommen? Es wurde eine Kostenermittlung über zwei Jahre hinweg bezüglich der in jedem einzelnen Monat anfallenden Kosten gemacht. Ebenso wurde die mittlere Aufenthaltsdauer erhoben. Diese Zahlen wurden fortgeschrieben: für Unterbringung – –
Herr Kollege Dr. Glück, bezeichnen Sie es nicht als einen Taschenspielertrick, wenn Sie eine rein rechnerisch ermittelte Summe in den Haushalt einstellen, die Höhe der ausbezahlten Beträge sich aber an der Zahl der Asylbewerber und Spätaussiedler ausrichtet, die im Land sind?
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Dass ein Taschenspie- lertrick dahinter steckt! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Es ist aber kein Taschenspielertrick. Die dafür vorgesehenen Mittel wurden nicht reduziert, sondern in gleicher Höhe beibehalten.