(Abg. Carla Bregenzer SPD: Was haben Sie denn im Kopf? Haben Sie den Kopf mit Heu gefüllt? – Gegenrufe von der CDU)
Nein, nein. Passen Sie auf! Ich möchte jetzt nicht meinen Blick in eine bestimmte Richtung schwenken.
Wir haben genau geprüft, wo gekürzt werden kann und welche Programme, auch wenn es wehtut, ersatzlos gestrichen werden müssen, um den verbleibenden Programmen wenigstens die Existenz zu sichern.
Wenn ich hier Kollegen Wieser anschaue: Uns hat es sehr geschmerzt, manche Programme zu streichen, weil alle Programme im Sozialbereich letztendlich auf eine Initiative der CDU-Fraktion zurückgehen. Wir können es uns nicht so einfach machen wie Sie in Berlin und sagen: Das stammt alles noch von der Vorgängerregierung.
Meine Damen und Herren, die Botschaft ist klar: Lassen Sie uns mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auch weiterhin eine vernünftige Sozialpolitik und eine an den Bedürfnissen orientierte Familienpolitik machen.
(Anhaltender Beifall bei der CDU und Abgeordne- ten der FDP/DVP – Abg. Dr. Lasotta CDU: Sehr gut! Bravo! – Abg. Seimetz CDU: Das war eine der besten Reden! Frenetischer Beifall! – Gegenruf des Abg. Fleischer CDU: Man müsste in die Geschäfts- ordnung aufnehmen, dass die Zeit des Beifalls dem Nachfolgenden von der Redezeit abgezogen wird! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das war knapp an der Büttenrede vorbei!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Kollege Klenk hat wohl jetzt gerade die Umsetzung des vom Herrn Ministerpräsidenten heute Morgen proklamierten Wortes „von der Hand ins Hirn“ versucht.
Ich muss Ihnen allerdings sagen: Es hat, wenn man es in die Realität übersetzt, schon eher den Anschein des Bildes von den Sonntagsreden und den dazu nicht passenden Alltagstaten.
Es ist völlig unbestritten, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, dass wir in diesem Land in der Familienpolitik eine der herausragenden Zukunftsaufgaben haben. Herr Minister Repnik, es besteht überhaupt kein Anlass, sich darauf auszuruhen, dass bei uns die Zahl der Geburten die Zahl der Sterbefälle übersteigt. Denn das ändert nichts daran, dass auch bei uns jede Elterngeneration nur noch zu zwei Dritteln durch ihre Kinder ersetzt wird. Das heißt, wir haben ein massives Problem damit, dass wir zu wenig Kinder haben. Deshalb ist der Grundsatz, junge Menschen dazu zu ermutigen, ihre Lebensvorstellung, als Familie mit Kindern zu leben, wieder zu realisieren. Das ist die Messlatte.
Sie haben ja – wie heißt es? – Ihre Familienwerkstatt oder Kinderwerkstatt, Zukunftswerkstatt. Wie passt dazu, dass Sie bei einem der entscheidenden Gesetze in diesem Bereich, nämlich bei dem neuen Kindergartengesetz, defensiv auf zurückgehende Kinderzahlen setzen? Das kann nicht die richtige Antwort sein.
Wir verfolgen für den Haushalt 2004 zwei familienpolitische Ziele. Das eine Ziel ist, neue Belastungen und Einschnitte für die Familien hier im Land zu vermeiden. Deshalb sind wir für die Rücknahme der Einschnitte beim Landesfamilienpass und dafür, das, was Sie so schleichend angelegt haben, nämlich den Auszehrungsprozess beim Programm „Mutter und Kind“, zu stoppen. Diese beiden Einschnitte müssen zurückgenommen werden.
Sie haben auch bei den Beratungen im Finanzausschuss bewiesen, dass das Sonntagslob für die Familien nicht mit den Taten im Alltag zusammenpasst: Sie waren im Finanzausschuss nicht bereit, diese familienpolitischen Sündenfälle zurückzunehmen.
Unser zweites Anliegen bei diesen Haushaltsberatungen ist, dafür zu sorgen, dass die zwei großen, herausragenden Ziele für die Landesfamilienpolitik, die aber auch bildungspolitisch, wirtschaftspolitisch und bevölkerungspolitisch wichtig sind, angepackt werden. Das heißt: Verbesserung des Kinderbetreuungsangebots und Stärkung des Bildungsauftrags unserer Kindergärten. Das war für uns die Leitschnur.
Lassen Sie mich zur Klarheit einfach einmal ein paar Zahlen nennen. Damit wir nicht immer über Zahlen reden müssen, die die einen behaupten, verständigen wir uns auf die Zahlen, die von einer neutralen und sicher auch von Ihnen akzeptierten Stelle genannt werden. Die Familienwissenschaftliche Forschungsstelle des Statistischen Landesamts hat uns im Dezember 2003 die neuesten Zahlen für die Kinderbetreuung genannt. Im Dezember 2003 liest man:
In Baden-Württemberg leben fast 311 000 Kinder unter drei Jahren. Für ihre Betreuung standen in Tageseinrichtungen 7 321 Plätze zur Verfügung.
Das heißt, in Baden-Württemberg landen wir dort, wo andere Bundesländer schon vor fünf Jahren waren. NordrheinWestfalen hatte schon 1998 für 2,5 % der Kinder Betreuungsplätze, Hessen für 2,6 % der Kinder.
Ich denke, für die Weiterentwicklungen in diesem Land ist es notwendig, einfach eine nüchterne und realistische Grundlage zu nehmen und sich nicht immer von Schönfärberei gekennzeichneter Zahlen zu bedienen.
Genau das Gleiche gilt für Betreuungsplätze für Schulkinder. Da haben wir für 2,3 % der Kinder ein Angebot. Ganztagsplätze im Kindergarten gibt es für 7,4 % der Kinder, wobei das ganz stark auseinander geht, je nachdem, ob Sie eine Stadt oder eine ländliche Region anschauen. Auf dem Land haben Sie für knapp 2 % der Kinder ein Angebot.
Ich sage nicht, dass Kinderbetreuung alles ist. Aber es tut gut, wenn man sich ideologiefrei – das sind wir, lieber Herr Kollege Klenk – in anderen Ländern umschaut. Was machen die Länder, die höhere Kinderzahlen haben, denn anders? Mit unserer Geburtenrate liegen wir unter den Ländern dieser Erde auf dem elftletzten Platz.
Man kann feststellen, dass eine gut ausgebaute, qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsinfrastruktur einer der zentralen Schlüssel dafür ist, dass sich Familien wieder für mehr Kinder entscheiden. Lassen Sie uns also diesen Weg gehen.
Über die Qualität eines Bildes kann man streiten. Aber der Ansatz, zu sagen: „Wir müssen in Humankapital, nämlich in Bildung, investieren“, müsste eigentlich Allgemeingut sein. Das war ein Lernprozess, den wir in den letzten Jahren alle durchlaufen haben, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir müssen beim Fundament anfangen und in die Elementarbildung investieren. Der Herr Ministerpräsident hat vor dem Kompromiss über das neue Kindergartengesetz seinen kommunalen Partnern zugesichert, das Land werde sich an der Sprachförderung beteiligen.