Ist das eigentlich ein geeignetes Instrument? Ich glaube, nein. Deswegen ist die Wirtschaft in weiten Teilen – ich kann sehr fein differenzieren – mit Ausnahme der mittelständischen Brauereien und des Getränkefachhandels – bis zur Stunde, sage ich einmal; darauf komme ich gleich noch zu sprechen – übereinstimmend der Auffassung, dass wir das Pfand vermeiden sollten.
Jetzt sage ich einmal ganz konkret: Dazu zählt der Handel, dazu zählen mittlerweile die Mineralbrunnen in BadenWürttemberg. Sie standen noch bis vor einem halben Jahr in einer Allianz mit den Brauereien und setzen mittlerweile auf PET. PET ist ökologisch ein sehr interessantes Verpackungsmittel, PET-Mehrweg ohnehin. PET-Cycle wird wahrscheinlich der Trend in die Zukunft sein. Das alles fangen Sie damit gar nicht ein.
Herr Dr. Caroli, weil Sie vorhin so hübsch davon gesprochen haben: „Den Winzern droht das Pfand“, sage ich: Es würde bei dem alten Pfand drohen. Es ist interessant, dass Sie da den Begriff Pfand oder die Einführung des Pfandes als ein Problem sehen. In der Tat, das wäre ein Problem für die Winzer,
aber nicht nur für die Winzer. Am Beispiel der Winzer sehen wir: Jeder scheut sich davor. Auch Herr Trittin hat sie ausgenommen, weil er keinen Ärger mit ihnen haben wollte. In der Logik seines Systems liegt das nicht. Ich kritisiere ihn dafür nicht. Ich möchte die Winzer auch freistellen. Nur: Daran zeigt sich die Tücke dieses Instruments.
Wenn wir feststellen, dass wir versuchen sollten, Pfand zu vermeiden, stellt sich die Frage: Was können wir als Alternative an dessen Stelle setzen? Wir sind die Einzigen, die überhaupt noch ein Mehrwegziel formulieren. Trittin tut es nicht mehr. Er hofft, dass sein Instrument wirkt. Wenn es nicht wirkt, haben wir alle miteinander Pech gehabt. Wir formulieren das Ziel. Wir formulieren es jetzt in Form einer Menge und nicht einer Quote.
Warum „Menge“? Weil die Mehrwegmenge gegenüber 1991 gestiegen ist. Nur die Quote ist gesunken. Warum? Weil mittlerweile andere Getränke in anderen Verpackungen hinzugekommen sind. Dabei war von vornherein nie an Mehrweg gedacht. Wenn man den gegenwärtigen Mengenanteil an Mehrweg etwa der mittelständischen Brauereien sicherstellen wollte, würde es genügen, sich am Status quo zu orientieren.
Es ist allerdings wahr – und deswegen besteht Handlungsbedarf –, dass in den letzten zwei, drei Jahren auch die Mehrwegmenge zu sinken begonnen hat, und deswegen brauchen wir eine Messlatte, die den Status quo sichert, und zwar als solchen. Wenn wir da in Absprache mit den anderen Bundesländern auf eine möglichst hohe Zahl kommen, dann soll es mir recht sein. Ich werde mich nie für eine niedrigere Menge einsetzen. Wenn das 22 oder 22,5 Milliarden Liter sind, bin ich sofort dafür zu haben; meinetwegen können es auch 23 sein. Das ist für mich überhaupt nicht das Thema. Da bin ich gespannt, was Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen uns noch sagen werden.
Im Übrigen: Wenn neben dem, was wir heute in Mehrwegverpackungen abfüllen, andere Getränke – Eistee, Softgetränke – nicht in Mehrwegverpackungen abgefüllt werden, dann ist das kein Schaden für das Mehrwegsystem, sondern wir müssen das Mehrwegsystem als solches sichern. Wir tun das.
Damit ist die Messlatte formuliert. Das ist die Änderung gegenüber bisher – nicht Mehrwegquote, sondern Mehrwegmenge –, weil wir auf die Veränderungen am Getränkemarkt reagieren.
Jetzt komme ich zu den Sanktionen: Wir haben vier Sanktionen hintereinander; von zweien war noch gar nicht die Rede. Die ersten beiden Sanktionen, die wir vorschlagen, sind auch nicht von einer Zielverfehlung abhängig, sondern treten sofort ein.
Erstens: Wir wollen eine deutlich erhöhte Verwertungsquote. Das haben wir in den Bundesratsanträgen schon formuliert. Damit leisten wir natürlich auch einen Beitrag gegen das Littering-Problem und einen ökologischen Beitrag.
Zweitens: Wir erwarten von der Wirtschaft – ich schildere gleich noch, was ich mit dem Wort „erwarten“ bezüglich der Verbindlichkeit meine; wir erwarten nicht nur, sondern wir wollen das schriftlich haben –, dass sie zur Bekämpfung der Landschaftsvermüllung, zur Erforschung von Mehrweg und zur Werbung für Mehrweg pro Jahr 250 Millionen DM zur Verfügung stellt, und zwar nicht als Strafaktion, sondern vom ersten Jahr an.
Jetzt stellen Sie sich mal vor, was wir schon für Mehrwegkampagnen hatten, und da haben wir mal über 10 000 DM gesprochen. Wir sprechen jetzt über einen dreistelligen Millionenbetrag, den wir zur Verfügung haben, um einen höheren Mehrweganteil zu erreichen. Also, wir tun etwas gegen die Vermüllung der Landschaft und für die Erhöhung der Verwertungsquote.
Jetzt sage ich nur noch einmal nebenbei: Das Thema „Vermüllung der Landschaft“ spielt in dem Maße eine Rolle, in dem man gemerkt hat, dass das Pfand zur eigentlichen Zielsetzung, nämlich zur Mehrwegsicherung, möglicherweise nicht geeignet ist. Also bringt man ein neues Argument, nämlich die Vermüllung der Landschaft. Die zu vermeiden ist natürlich ein Pfand geeignet – das ist klar; kein Mensch wird Geld in der Landschaft herumliegen lassen –
keine Frage –, aber ob ich damit einen höheren Mehrweganteil bekomme, ist doch eine ganz andere Frage; aber das ist das eigentliche Ziel.
Dann sagen wir: Diese Mehrwegmenge, die wir festschreiben, muss die Wirtschaft gewährleisten. Tut sie es nicht, kommt eine weitere Etappe von Sanktionen: erstens eine Strafzahlung von 250 Millionen DM bei Unterschreitung der Menge um weniger als 1 Milliarde Liter, zweitens eine Strafzahlung von 500 Millionen DM bei Unterschreitung um mehr als 1 Milliarde Liter. Das ist – sehen Sie es mal so
eigentlich nichts anderes als eine privat erhobene Abgabe, eine Abgabe, die bei ungefähr 2,7 Milliarden Bierdosen, die es gibt, einen erheblichen Pfennigbetrag pro Dose ausmacht und die Kosten der Dose, wenn sie auf die Dose umgelegt würden, um mehrere zig Prozent erhöhen würde.
Dahinter steht – zum Schluss – auch für uns die Pfandpflicht. Wenn alles nichts mehr hilft, fällt auch mir leider nichts Besseres ein. Warum machen wir aber – scheinbar – diesen Umweg? Ich glaube, dass wir der Wirtschaft eine letzte Chance geben sollten, diesmal in einer Konstellation, wie sie zehn Jahre lang nicht vorgelegen hat,
das ungeliebte Pfand zu vermeiden. Und wenn es dann kommt, dann ist es zwar immer noch falsch und problematisch, aber dann fällt auch mir nichts Besseres mehr ein.
Deswegen kann ich Ihnen jetzt sagen: Die Reaktion aus der Wirtschaft ist positiv – mit Ausnahme der beiden genannten Verbände. Ich kann es Ihnen ganz konkret sagen: Bezüglich dessen, was wir als öffentlich-rechtliche Vereinbarung – –
(Abg. Pfister FDP/DVP: Also, ich verstehe es! Ich habe es gut verstanden, Herr Minister! – Gegenruf des Abg. Bebber SPD: Pfister glaubt, es verstan- den zu haben! – Weitere Zurufe)
Jetzt machen wir eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung. In der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung wollen wir alle diese Punkte fixiert haben, und zwar mit den Zahlen. Damit sind die Dinge verbindlich. Wir haben die Zusage des Bundesverbands der Ernährungsindustrie und des Bundesverbands der Handelsverbände, dass sie diese Vereinbarung unterzeichnen werden. Das heißt, kein Hoffen und kein Glauben, sondern wir haben die Gewissheit, dass es zu dieser Vereinbarung kommt.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zum Schluss noch etwas zur politischen Bewertung sagen. Wir haben eine Vereinbarung unter den unionsregierten Ländern in der Überzeugung zustande gebracht, dass wir diesen Versuch der letzten Chance für die Wirtschaft wagen sollten. Wir haben nach einigem Hin und Her auch die Zustimmung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz dafür gewonnen. Es kommt jetzt in der Tat auf das Bundesland NordrheinWestfalen an. Nun ist das Bundesland Nordrhein-Westfalen politisch gleich gefärbt wie die Bundesregierung. Es liegt in deren Hand, ob es diese letzte Chance jenseits des Pfandes geben wird. Wenn es nicht dazu kommt, werden wir in der Tat vermeiden müssen, dass die jetzige Regelung in Kraft tritt. In der Tat bin ich auch der Auffassung, das Pfand von Töpfer, um es einmal so zu sagen, ist schlechter als das, was Trittin entwickelt hat. Das will ich
überhaupt nicht bestreiten. Wenn wir vor der Alternative stehen – das hat der Kollege Scheuermann gesagt –, werden wir nichts anderes tun können, als das schlechtere Pfand gegen ein etwas besseres Pfand auszutauschen.
Wenn wir es aber vermeiden können – Entschuldigung, wenn ich so sage –, zwischen Teufel und Beelzebub wählen zu müssen, und einen dritten Weg gehen können, sollten wir diesen Versuch im Interesse des Mehrweganteils, im Interesse einer Lösung, die versucht, das Ziel mit möglichst wenig Nebenwirkungen zu erreichen, unternehmen. Das ist unsere Position.
Herr Minister, Sie sind ja bekannterweise als Umweltminister in erster Linie für die Umwelt zuständig. Sie haben sich jetzt aber in erster Linie den Kopf über die Getränkeindustrie zerbrochen. Sie sind aber auch für Müll zuständig. Da muss ich Sie jetzt einmal fragen: Es gibt doch außer dem Pfand überhaupt kein wirksames Instrument, um die Vermüllung der Landschaft zu verhindern. Sie als Umweltminister müssten sich doch schon aus diesem Grund zum Fürsprecher dieser Lösung machen. Sie können hier doch nicht einfach eine Bewerbungsrede für das Wirtschaftsressort halten. Dafür sind Sie einfach nicht zuständig, sondern Sie sind der Umweltminister.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Wie- ser CDU: Das hat doch der Döring bestellt! – Abg. Schmiedel SPD: Was tun wir gegen die Vermül- lung?)
Herr Kretschmann, ich sage gerade als Umweltminister: An dem Ziel der Erhöhung des Mehrweganteils müssen wir festhalten. Wenn wir es schaffen, dieses Ziel mit einem anderen Instrument zu erreichen, wollen wir das versuchen. Wenn nicht, dann nicht. Das ist unsere Position.
Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen: Hätten Sie Ihrem eigenen Umweltminister Trittin beigebracht, dass er sich in dieser Frage vor einem Jahr durchgesetzt hätte, hätten wir die Debatte jetzt nicht.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das war jetzt kurz und klar!)
Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/33, abstimmen.