Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

und Berufsakademien in der Mehrzahl engagiert und umsichtig, motiviert und überdurchschnittlich ihre Arbeit tun. Dafür möchte ich mich im Namen der SPD-Landtagsfraktion bedanken.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen uns bedanken bei den Professorinnen und Professoren, beim akademischen Mittelbau, bei den Lehrbeauftragten, bei den Verwaltungsangestellten und bei den Studierenden. Dass die baden-württembergischen Hochschulen in den nationalen Rankings jeweils hervorragend vertreten sind, liegt am Engagement ebenjener.

Weil das so ist, Herr Pfisterer, haben wir keine Angst vor der Elitedebatte. Denn wir haben in unserem Land bereits außergewöhnliche Lehr- und Forschungsleistungen zu bieten. Wenn in Fachbereichen, in denen wir Spitze sind, noch Geld vom Bund fließt, dann sind wir sicher die Letzten, die dieses Geld verweigern würden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb sollten wir jetzt auch nicht polemisieren, sondern unseren politischen Beitrag dazu leisten, dass die Exzellenz bleibt und nicht abwandert. Sonst geht es Ihnen und Herrn Frankenberg so wie der Kultusministerin, die zunächst über das Sonderprogramm des Bundes zu Ganztagsschulen gelästert hat und jetzt in überdurchschnittlichem Maße davon profitiert, und die Eltern und Kinder in unserem Lande auch.

(Abg. Hauk CDU: Es war aber trotzdem falsch!)

Unruhe herrscht in unseren Hochschulen nicht nur wegen der heftigen Rotstiftpolitik dieser Landesregierung, sondern auch wegen der Debatte um das neue Hochschulgesetz, dessen diverse Entwürfe vertraulich, halboffiziell, inoffiziell, offiziell kursieren – überall, nur nicht bei den Fraktionen. Was alle, die die diversen Entwürfe kennen, eint, ist die schmerzliche Erkenntnis, dass es ein weiterer Schritt in die Entdemokratisierung unserer Hochschulen sein wird, und die Einschätzung, dass die viel beschworene Autonomie wohl weiter auf der Strecke bleiben wird.

Sie wehren sich gegen die Gängelung aus Berlin, seit Sie dort nicht mehr regieren. Sie wollen seit Jahren aus der ZVS aussteigen, kriegen aber nichts hin, vielleicht jetzt mit Bundeshilfe.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist beschlossen! – Zu- ruf des Abg. Pfisterer CDU)

Hier im Land ist das Ministerium nach wie vor nicht bereit, sich wirklich zurückzunehmen. Abzulesen ist das an dem minimal vorgenommenen Personalabbau im Ministerium in diesem Haushalt.

Ich will mich schwerpunktmäßig mit dem gravierenden Sparbeitrag, den die Fachhochschulen zu erbringen haben, beschäftigen. Ich zitiere dazu den Wissenschaftsminister aus dem Bericht zum Staatshaushaltsplan für 2004, Seite 52:

Die vorgegebene Einsparauflage für die staatlichen Fachhochschulen in Höhe von rund 17,3 Millionen € und die zuzüglich vorgenommene 20-prozentige Investitionsmittelkürzung gegenüber dem Haushaltsansatz 2003 schränken die dargestellten Voraussetzungen und die ordnungsgemäße Abwicklung des Lehr- und Forschungsbetriebs erheblich ein.

Eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen. Ausgerechnet die Fachhochschulen, die anerkannt gute Arbeit leisten und jungen Menschen in kurzen Studienzeiten hervorragendes theoretisches und praktisches Wissen mit auf den Lebensweg geben, ausgerechnet die Fachhochschulen, die gerade für die jungen Menschen attraktiv sind, die über den zweiten Bildungsweg und/oder aus Nichtakademikerhäusern kommen, ausgerechnet die Fachhochschulen, die das preisgünstigste Studienangebot mit den geringsten Verwaltungskosten haben, ausgerechnet die Fachhochschulen, die jetzt wegen der Umstellung der Studiengänge an den Universitäten auf Bachelor und Master und der Überlegungen zur Zukunftssicherung der Berufsakademien unter Druck kommen, ausgerechnet die Fachhochschulen, die mit der anstehenden Besoldungsreform erhebliche Probleme haben, ausgerechnet die sollen massiv bluten. Da ist kein Spielraum für 17 Millionen € Kürzungen. Und wie zusätzlich noch 50 Stellen eingespart werden sollen, das bleibt das Geheimnis des Wissenschaftsministers. Wir werden dies jedoch nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt andere Bereiche im Landeshaushalt, die ohne Substanzgefährdung kürzer treten könnten, in denen Personal gespart werden könnte, ohne dass dadurch wichtige Einrichtungen gefährdet wären. Wir wollen den Ausbau der Fachhochschulen, und das auf dem bisherigen guten Niveau. Wir brauchen dort mehr Studienplätze und gute Studienbedingungen.

(Beifall bei der SPD)

Dass angesichts der berechtigten lauten Proteste der Fachhochschulen die Regierungsfraktionen in den Haushaltsberatungen von über 17 Millionen € Kürzungen weniger als 1 Million € zurückgenommen haben, ist ein Affront, keine Verbesserung.

(Beifall bei der SPD Es kam der Quadratur des Kreises gleich, dass die Fach- hochschulen in den letzten Jahren ihre Studierendenzahlen stetig steigerten, aber gleichzeitig mit immer weniger Mit- teln auskommen mussten. Die Fähigkeit, mit extrem niedri- gem Finanzmitteleinsatz extrem gute Leistungen zu erbrin- (Carla Bregenzer)

gen, sollte die Regierung nicht dazu verleiten, die Fachhochschulen dafür zu bestrafen.

Meine Damen und Herren, der überdurchschnittlich hohe Sparbeitrag des Wissenschaftshaushalts ist ein völlig falsches Signal. Um mehr als 91 Millionen € soll abgespeckt werden, obwohl nach der Sparaktion im letzten Jahr gar kein Speck mehr da ist. Dies gibt selbst der Minister zu Protokoll und verfällt bei der Umsetzung der Sparaktion auf so ungewisse Projekte wie die Heraufsetzung der Altersgrenze für C-4-Professoren auf 68 Jahre und die Erhöhung der Lehrverpflichtung.

(Zuruf des Abg. Pfisterer CDU)

Ob das Geld wirklich erwirtschaftet werden kann, ist unsicher. Sicher ist aber, dass damit die Verjüngung der Professorenschaft nicht geleistet wird und der dringend benötigte wissenschaftliche Nachwuchs keine Chance bekommt.

(Beifall bei der SPD)

Motivationssenkend ist die Mehrarbeitsverordnung allemal, und für die Pädagogischen Hochschulen, die aufgrund dieser Aktion auf das Überlastsonderprogramm verzichten müssen, ist es ein herber Schlag. Wie soll mit Rechenspielen wie: eine Stunde Mehrarbeit pro Professor geben soundso viele Stunden mehr Deputat, ergeben soundso viele zusätzliche Stellen, die nicht gebraucht werden, eine gute Lehrerausbildung auf hohem Niveau gewährleistet werden?

Einsparvorschläge, wie sie das Ministerium vorgelegt hat und die von den Regierungsfraktionen nur kosmetisch korrigiert wurden, geben den Studierenden das Gefühl, sie hätten bisher eine Luxusausbildung genossen, und vermitteln der Professorenschaft das Gefühl, ihr außergewöhnliches Engagement werde bestraft.

Das Gefühl, bestraft zu werden – das will ich mit einem Exkurs an dieser Stelle erwähnen –, gilt vor allem für die Universitätskliniken, die mit über 22 Millionen € einen großen Teil der von ihnen selbst erwirtschafteten Mittel an den Finanzminister abtreten müssen.

Darüber hinaus wird mit dem Haushaltsstrukturgesetz den Beschäftigten mit auf den Weg gegeben: Sie werden in Zukunft die gleiche oder noch mehr Arbeit leisten, aber zu niedrigerem Lohn. Die Landesregierung eröffnet den Universitätskliniken, aus Spargründen aus dem Tarifvertrag der Länder auszusteigen, und bricht damit ein gegebenes Wort. Das mehrt nicht nur den Drang zur inneren Emigration, sondern das schürt auch die Politikverdrossenheit. Wir werden dieses Gesetz deshalb ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Ein völlig falsches Signal setzen Sie mit der Streichung der Gelder für die Betreuung ausländischer Gaststudenten. Mit den 200 000 €, die Sie einsparen, richten Sie einen verheerenden Flurschaden an. Bisher war unser gemeinsames Ziel, die Hochschulen in unserem Land so attraktiv zu machen, dass sie über Baden-Württemberg hinaus einladend wirken.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Passiert laufend, jeden Tag, wie Sie wissen!)

Wir sind beim Import von Landeskindern aus anderen Bundesländern bisher nicht gerade Spitze.

(Abg. Pfister FDP/DVP: 4 % mehr als im letzten Jahr!)

Ja, aber wir liegen auch auf einem niedrigen Niveau.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Bei einem niedrigen Niveau sind 4 % natürlich nicht besonders viel. Aber richtig gut sind die Hochschulen in unserem Land bisher bei der Gewinnung ausländischer Studierender.

(Abg. Hauk CDU: Das ist entscheidend!)

Da waren wir bisher Spitze. Die sind Gradmesser für die Qualität und den internationalen Ruf unserer Hochschulen. Jetzt streichen Sie die Gelder für die dringend notwendige Betreuung.

Die Hochschulen erhöhen in ihrer Finanznot die Gebühren für Kurse. Über kurz oder lang wird auch die Betreuung reduziert werden, und im Verein mit fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten wegen der immer noch herrschenden Wohnraumnot für Studierende werden die ausländischen Studierenden wegbleiben oder wieder weggehen, wie das in den letzten Semestern immer wieder passiert ist. Ist das die Internationalisierung, die Sie anstreben? Wir streben so etwas nicht an.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema Forschung, zu den Kürzungen der Forschungsmittel und zu dem, was andererseits die Bundesregierung tut, hat gestern unser Fraktionsvorsitzender bereits das Nötige gesagt. Wir lassen uns da auch nicht mit den Mitteln vertrösten, die Sie aus der Landesstiftung für die Forschung einsetzen. Das ist kein Ersatz für ordentliche Mittel aus dem Landeshaushalt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Wir sind froh, dass wir sie haben! – Abg. Pfisterer CDU: Das ist viel Geld!)

Werter Kollege Pfisterer – und ich denke, ich werde das heute auch von den anderen Kollegen noch hören –, Sie behaupten, wir hätten weitaus weniger Schwierigkeiten, wenn uns die Bundesregierung erlauben würde, Studiengebühren zu erheben, und Sie hoffen auf das Bundesverfassungsgericht.

(Abg. Hauk CDU: Das Hochschulrahmengesetz muss weg!)

Ich sage Ihnen voraus: Selbst wenn Sie Studiengebühren einführen, werden die Hochschulen nicht lange ihre Freude daran haben, aber der Finanzminister. Die Erfahrungen anderer Länder zeigen doch: Sobald eine neue Finanzierungsquelle – hier Gebühren – aufgeht, reduziert der Finanzminister eine bestehende Quelle aus seinem Hause.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Die Frau Bulmahn macht das! Die SPD braucht mehr Geld als wir!)

Dass wir das entscheiden würden, ist ein Ammenmärchen. Selbst der Präsident der Eliteuniversität Cambridge sagt: „Wir haben in den letzten Jahren ein fließendes Ausschlei

chen der Förderung des Staates erlebt.“ Das ist gewiss kein Sozialdemokrat.

Sie machen doch dasselbe schon heute, indem Sie Finanzierungsquellen, die sich die Hochschulen selbst erarbeiten, abschöpfen. Jedes Jahr erwirtschaften Einrichtungen Eigenmittel. In Globalhaushalten gehen sie sparsam mit dem Geld um, um etwas für größere Anschaffungen oder außergewöhnliche Aktionen auf der Seite zu haben. Sie müssen jedes Jahr mit dem Finanzminister darum kämpfen, ob sie etwas von dem selbst erwirtschafteten Geld behalten dürfen und wie viel. Sie selbst nehmen den Universitätskliniken heute 22 Millionen € weg. Und da glauben Sie, Sie selbst würden dem Druck standhalten, dass man sich, wenn Studiengebühren in die Hochschulen fließen, darauf auch dann verlassen kann, wenn der Finanzminister Geld braucht? Das glauben Sie doch selber nicht.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Pfisterer CDU)

Wer wie die Regierung und die die Regierung tragenden Fraktionen freiwillig und ohne Not