Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten.

Es bleiben dann also gerade einmal 18 Millionen € im Landeswohnungsbauprogramm an originären Landesmitteln. Gemeinsam mit den Bundesmitteln wird dies eine Halbierung des Umfangs des Wohnungsbaus und eine Katastrophe für das Bauhandwerk bedeuten.

Um dies nicht eintreten zu lassen, haben wir wiederum unseren Antrag gestellt, die Wohnungsbaumittel um 200 Millionen € zu erhöhen. Nun ist uns immer gesagt worden, das gehe nicht, das sei rechtlich nicht möglich. Nachdem das nun auch der Herr Landwirtschaftsminister vorgeschlagen hat, wird es plötzlich geprüft. Ich wundere mich nur, wieso Sie erst so spät zum Prüfungsauftrag kommen. Diese Prüfung hätten Sie schon vor drei Jahren durchführen können. Da haben wir diesen Antrag nämlich zum ersten Mal gestellt.

Im Übrigen ist es dafür ein bisschen spät. Ich vermute, es geht nicht darum, dass Sie rechtliche Bedenken bei diesem 200-Millionen-€-Programm haben, sondern darum, dass der Wohnungsbau Ihnen schlichtweg nicht am Herzen liegt und Ihnen egal ist und Sie deswegen nie auf diesen Programmteil eingegangen sind.

Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zur Förderung der Wohnungsmodernisierung machen. Dieser Punkt ist ja nun auch schon fast eine Lachnummer. Zunächst hat das Wirtschaftsministerium angekündigt, es werde die Förderung der Wohnungsmodernisierung zum 31. Dezember völlig einstellen. Nun wird verkündet, sie werde wieder aufgenommen. Ich habe ausgerechnet: Für die Wohnungsmodernisierung werden dieses Jahr 0,7 Millionen € zur Verfügung stehen. Diese Mittel reichen für ungefähr 300 Maßnahmen. Nach den Angaben Ihres Ministeriums zum Umfang modernisierungsbedürftiger Wohnungen und zu der Frage der Beseitigung von Dreckschleudern in Baden-Württemberg würde es, wenn Sie in der bisherigen Geschwindigkeit fortfahren, 5 000 Jahre dauern, um den Wohnungsbestand in Baden-Württemberg zu modernisieren.

Sie wissen, dass sich gerade die Wohnungsmodernisierung teilweise selbst finanziert. Jeder Fördereuro – das haben nicht wir erfunden, sondern das hat Ihr Ministerium uns immer dargelegt – mobilisiert das Acht- bis Fünfzehnfache an Investitionen für Handwerk, Beschäftigung und Umwelt. Wir haben ausgerechnet, dass die von uns beantragten 20 Millionen € zu einer Investitionssumme von bis zu 300 Millionen € führen würden.

„Verlassen Sie sich nicht auf die Politik, sonst sind Sie verlassen.“

(Lachen der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Herr Minister, das hat Frau Vizepräsidentin Fauser auf dem Neujahrsempfang in Calw vor Handwerkern geäußert. Die

„Stuttgarter Nachrichten“ fragen süffisant: „Wen hat sie damit gemeint?“ Möglicherweise die Wohnungsbaupolitik der Landesregierung.

(Beifall bei der SPD – Minister Dr. Döring: Das war ja gar nichts! Das war nicht einmal polemisch! – Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Lieber Herr Kollege Gaßmann, wenn Sie dem Minister vorhalten, wie sich in seiner Amtszeit die Welt verändert hat, könnte ich Ihnen vorhalten, dass sich in Ihrer Amtszeit als Vorsitzender des Mietervereins in Stuttgart die Zahl der geförderten Wohnungen ständig verringert hat. Dafür sind Sie möglicherweise mitverantwortlich.

(Zuruf von der SPD)

Daran erkennt man die Unsinnigkeit solcher Vorwürfe.

(Abg. Schmiedel SPD: Was? Der Minister ist doch politisch verantwortlich! Das ist ja unglaublich! – Zuruf des Abg. Birzele SPD)

Der nächste Punkt: Ich gehöre nicht zu denen, die immer alles dem Bund in die Schuhe schieben.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Aber ich bin schon der Meinung, dass man den Bund ja wohl auch nicht ganz ausklammern kann. In der vergangenen Zeit hat der Bund seine Wohnraumfördermittel auf das gesetzliche Mindestmaß von 27 Millionen € gekürzt. Weniger ging nicht. Im Zuge des Vermittlungsverfahrens im Bund hat man nun ein neues Artikelgesetz gemacht, nach dem die bisherige Mindestgrenze auf 12,5 Millionen € reduziert wird. Das sind also noch einmal 50 % weniger.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das darf man nicht verschweigen, auch wenn es einem nicht richtig passt.

Der Kollege Schmiedel, der ja nicht zum Loben neigt – jedenfalls nicht, was die Regierung anbelangt –, hat als Berichterstatter zum Einzelplan 07 immerhin gesagt, es sei anzuerkennen – das steht im schriftlichen Bericht über die Beratung im Finanzausschuss –, dass das Land diese Parallelkürzung nicht vorgenommen habe, sondern bei 26 Millionen € bleibe.

(Minister Dr. Döring: War in Ordnung!)

Jetzt möchte ich Ihnen an dieser Stelle nur sagen

(Abg. Schmiedel SPD: Jetzt muss ich noch einmal ans Rednerpult! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

das geht nicht mehr; meinetwegen könnten Sie gerne noch einmal sprechen –: Wir bedauern zutiefst, dass damit das Volumen des Wohnraumförderungsprogramms auf einen

absoluten Tiefpunkt von 38,5 Millionen € fällt. Das bedeutet, dass statt 2 300 nur noch 1 600 Eigentumswohnungen und statt 900 nur noch 500 Mietwohnungen gefördert werden können.

Alle Sonderprogramme – alle! – sind übrigens vom Bund gestrichen worden, ob sie nun die Förderung von innovativem Wohnen oder von attraktivem Wohnen in der Innenstadt betreffen.

(Zurufe der Abg. Knapp und Ursula Haußmann SPD)

Ich weiß, dass Sie nach dem lateinischen Spruch – Herr Capezzuto wird sich wieder wehren – „Quod licet Iovi, non licet bovi“ vorgehen: Was dem Herrn gebührt und dem Herrn ziemlich ist, ist dem Knecht noch lange nicht billig. So verfahren Sie mit Baden-Württemberg.

Jetzt möchte ich nur noch auf die 200 Millionen € an zusätzlichen Mitteln – –

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Hofer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Birzele?

Ja, natürlich.

Herr Kollege Hofer, handelt es sich dabei um eine Bundesaufgabe, um eine Landesaufgabe oder um einen der Mischfinanzierungstatbestände, die in eine eindeutige Zuweisung – Bund oder Land – getrennt werden sollten?

Herr Birzele, wir können das gerne so finanzieren, dass nur noch das Land zuständig ist.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Nichts dagegen!)

Aber wir wissen doch alle, dass alle gemeinsam unter Finanzierungsproblemen leiden. Das Land ist nicht stinkreich und der Bund nicht bettelarm, sondern wir haben alle unsere Finanzierungsprobleme. Da werden Sie doch sicherlich zugeben, dass man, wenn einer, der bisher immer kofinanziert hat, seine Kofinanzierung dramatisch verändert, das nicht einfach negieren kann.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist doch klar! – Bei- fall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Da braucht man keine semantische oder sonstige Erklärung. Das ist doch einfach für jeden, der kalkulieren muss, eine Binsenwahrheit.

Das war meine Antwort auf die Zwischenfrage.

Jetzt wollte ich nur noch auf diese 200 Millionen € zusätzliche Mittel eingehen, die in jeder Haushaltsdebatte erwähnt werden. Diese wundersame Geldvermehrung von 200 Millionen € bringt Herr Schmiedel in jeder Haushaltsdebatte wie Aladin mit der Wunderlampe. Der Vergleich passt übrigens ganz gut auf Sie. Das wollen wir klären, damit endlich einmal Ruhe ist. Wenn Sie, Herr Gaßmann, dazu im Grunde genommen noch den fliegenden Teppich gebracht haben, klären wir das auch noch. Da gibt es eine ganze Reihe von

Schwierigkeiten. Ich möchte annehmen, dass der Bund uns sagen wird, dass das in dieser Totalität nicht mit dem Wohnraumförderungsprogramm vereinbar ist. Aber wir klären es. Die Anfrage ist gestellt worden. Deshalb kann ich nur sagen: Wenn wir im Nachtragshaushalt Einsparungen erzielen, Herr Witzel, etwa auch bei der Wirtschaftsförderung – ich freue mich, dass der Wirtschaftsminister eigentlich alles dazu gesagt hat –, können wir diese Mittel im Nachtragshaushalt noch gut gebrauchen.

Jetzt möchte ich mich zum Schluss auch noch mit einem Satz bedanken. Beim Wirtschaftsminister tue ich das nicht, weil er selber auftreten kann. Aber ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Herr Schmiedel, ich finde, Sie haben in einer recht unfairen Weise den Herrn Staatssekretär angegangen. Daher möchte ich als Erstes sagen: Nach meiner Meinung hat er hervorragende Arbeit geleistet.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU: Bravo!)

Und wenn er in absehbarer Zeit in den Ruhestand treten wird, werden wir alle Hände voll zu tun haben

(Zurufe von der CDU: Oh! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Aber nicht in den vorzeitigen!)

so ist es; wir werden alle einmal etwas älter –, einen Nachfolger zu finden, der dieses Amt so gut verwaltet, wie er es verwaltet hat.

Ich danke Ihnen.