Protokoll der Sitzung vom 30.01.2004

(Beifall bei der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜ- NE: Jetzt endlich! – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Die Leier musste ja noch kommen! – Gegen- ruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ja, es fehlte einem was!)

Die Umwelt- und Verkehrspolitik dieses Landes ist ein Hort der Stabilität, der Rationalität, der Seriosität, der Berechenbarkeit und der Effizienz.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Die Landesstraßen sehen danach aus! – Gegenruf des Abg. Stickelberger SPD: Ein Fall für den Denkmal- schutz! – Abg. Drexler SPD: Dann fahren Sie mal über Ihre Landesstraßen! – Weitere Zurufe)

Ich bin ja ein Mensch, der durchaus zu selbstkritischen Anwandlungen in der Lage ist. Wenn mich je einmal etwas anficht, dann schaue ich einmal nach Berlin, und schon geht es mir wieder ganz hervorragend.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Kümmern Sie sich einmal um das Land Ba- den-Württemberg! – Weitere Zurufe von der SPD und den Grünen)

Ich kann Ihnen nur sagen: Was auf der Berliner Bühne geboten wird, ist ein wunderschönes Kontrastprogramm zu dem, was wir tun.

(Zurufe von der SPD – Unruhe)

Das hat alles Auswirkungen. Es tut Ihnen weh, ich weiß.

(Anhaltende Unruhe)

Ich nehme einmal ein Beispiel der Berliner Politik mit unmittelbarer Auswirkung auf das Land. Nehmen Sie einmal den Monat Januar. Wir sind am letzten Tag des Monats Januar. In diesem Monat hatten wir drei normale Arbeitswochen. Nehmen Sie nur das Thema „Auto und Steuern bzw.

(Minister Müller)

Finanzierung durch das Auto“. Was ist auf der Berliner Bühne in den letzten drei Wochen zu diesem Thema passiert?

Erstens die Maut – eine Symbiose des Versagens!

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD, beim Verlassen des Plenarsaals: Das sind baden-würt- tembergische Betriebe!)

Jetzt bleiben Sie doch noch ein bisschen da, Herr Drexler!

(Abg. Drexler SPD: Nein, das ist ja nicht auszuhal- ten! – Zurufe von der CDU und der SPD)

Das ist nicht auszuhalten, gut. – Das ist eine Symbiose des Versagens zwischen den beteiligten Industrieunternehmen – sehr wohl – auf der einen Seite und der Politik auf der anderen Seite. Es ist fast nicht mehr auszuhalten, und das hat für uns schwerwiegende Folgen.

Zweitens: In denselben drei Wochen hat Herr Clement gesagt, wir sollten eigentlich die Pkw-Maut einführen. Dieses Thema ist innerhalb von drei Tagen wieder aus dem Verkehr gezogen worden. Ein wunderschönes Thema!

Drittens: In denselben drei Wochen hat Herr Trittin gesagt, dass die Kfz-Steuer umgestellt und – so zumindest sein Vorschlag, den er dann aber eilfertig aus dem Verkehr gezogen hat – auch noch kräftig erhöht werden sollte. Es ist doch das pure Chaos, was Sie da anrichten. Da wundern mich Ihre demoskopischen Werte nicht mehr.

Wenn man das alles zusammennimmt, muss man sagen: Der Bundesverkehrswegeplan, der noch gar nicht verabschiedet ist, ist schon heute das Papier nicht mehr wert, auf dem er steht. Er gehört eigentlich grundsätzlich revidiert.

Herr Kollege Drexler, es ist geschickt, dass Sie wieder zurückgekommen sind. Sie wissen ja, dass wir eine Wette eingegangen sind. Zwei Jahre sind schon vergangen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Wir haben gesagt: Wenn die 330 Millionen € einmal in das Land Baden-Württemberg kommen, dann gehen Herr Scheuermann und ich in den Straßenbau.

(Abg. Drexler SPD: Der Herr Scheuermann geht nicht, Sie wollten allein gehen!)

Nein, nein, wir zwei gehen.

(Abg. Drexler SPD: Da gehe ich mit dem Herrn Scheuermann!)

Und wenn diese 330 Millionen € per anno nicht kommen, müssen Herr Göschel und Sie gehen. Und Sie werden gehen!

(Abg. Schebesta CDU: Da wünsche ich viel Spaß dabei! – Weitere lebhafte Zurufe – Glocke des Prä- sidenten)

Herr Minister Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Palmer?

Jawohl, bitte schön.

Herr Minister Müller, könnten Sie so freundlich sein, mir den Titel im Einzelplan Ihres Haushalts zu benennen, auf den sich die soeben von Ihnen getätigten Ausführungen bezogen haben.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Sie meinen, weil ich mich jetzt ein bisschen mit der Bundespolitik befasse?

(Abg. Drexler SPD: Ja, ein bisschen!)

Das ist klar. Es gibt einen Unterschied zwischen Buchhaltern und Politikern. Jetzt bin ich gerade bei der politischen Abteilung.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Ich kann Ihnen nur sagen: Dieses Scheitern der Bundesverkehrspolitik hat natürlich Auswirkungen auf das Land Baden-Württemberg. Wir brauchen dringend eine Ersatzfinanzierung. Nehmen Sie nur einmal die Agonie, in der sich das Bundesverkehrsministerium befindet.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Bekommen die irgendeine Entscheidung zu dem Thema Kleinlastertempolimit heute noch hin, oder vertagen sie alles? Ich kann Ihnen meine persönliche Einschätzung dazu sagen. Sie lautet, dass wir sehr wohl ein Tempolimit in diesem Bereich brauchen.

Ich nehme einen zweiten Komplex neben der Verkehrspolitik zum Aufzeigen des Kontrastes zwischen Land und Bund. Das ist das Thema „Klimaschutz- und Energiepolitik“, wobei Sie glauben, dort wahnsinnig stark dazustehen. Ich will Ihnen jetzt einmal sagen, was die wirklich bewegenden Faktoren der Klimaschutz- und Energiepolitik der Bundesregierung sind, wobei da nicht alles falsch ist. Es ist bei uns nicht alles richtig, und bei Ihnen ist nicht alles falsch, aber in der Regel ist es gerade umgekehrt.

Die Klimaschutz- und Energiepolitik des Bundes ist von zwei Elementen geprägt: von grüner Ideologie und roter Pro-Kohle-Politik. Das sind die eigentlichen bewegenden Faktoren.

Nehmen Sie das Thema „Zertifikatehandel beim Klimaschutz“ – ein ungemein kompliziertes Gebilde, auf das ich nicht im Einzelnen eingehen will. Wie die Verteilung dieser Zertifikate im Moment als geheime Kommandosache und unter höchstem Zeitdruck stattfindet – eine Sache, die für den Wirtschaftsstandort und für den Klimaschutz von entscheidender Bedeutung ist –, das spottet jeder Beschreibung.

Nehmen Sie das Thema Endlagerproblematik. Wir haben in Niedersachsen eine neue Landesregierung. Sie ist so mutig, sich erneut zum Schacht Konrad und zu Gorleben zu bekennen.

(Abg. Teßmer SPD: Die haben aber eine andere Verwaltungsreform gemacht als Sie!)

(Minister Müller)

Diese Regierung knüpft wieder da an, wo Albrecht seinerzeit aufgehört hat. Sie besitzt diesen Mut.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Es gibt eine andere Vereinbarung!)

Die Bundesregierung trägt ihren Teil dazu bei, die Endlagerproblematik unlösbar zu machen. Interessanterweise – ich weiß nicht, ob Sie den „Focus“ in dieser Woche gelesen haben – beschäftigt sich mittlerweile der Bundesrechnungshof mit dieser Trittin’schen Endlagerpolitik, indem er sagt, hier würden Milliarden von öffentlichen Geldern und Milliarden aus potenziellen Schadenersatzansprüchen in den Sand gesetzt, weil man eine bestimmte ideologische Politik vertritt.

(Beifall der Abg. Hauk und Schebesta CDU)

Nehmen Sie das Thema „Terrorismusgefahr in Bezug auf die Kernkraftwerke“, das zufällig gerade in diesen Tagen – ich verstehe nicht, weshalb – wieder hochkommt. Seit einem Jahr gibt es eine Untersuchung der GRS, der Gesellschaft für Reaktorsicherheit, und dem Bundesumweltminister beliebt es, obwohl er ein Jahr lang nichts tut, dieses Thema wieder einmal aus der Versenkung zu holen und mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen. Er könnte sehr wohl einen Beitrag dazu leisten – –

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wie? Sagen Sie ein- mal, wie!)

Ich könnte das jetzt im Einzelnen ausführen.