Protokoll der Sitzung vom 04.02.2004

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hauk CDU: Das schadet doch allen, Herr Kollege Palmer!)

Herr Kollege Hauk, jetzt rechne ich Ihnen vor, weshalb das nicht so ist. Wenn Sie eine Maßnahme wie den Umbau eines Bahnsteigs für 500 000 € haben, dann steigt die – –

(Abg. Hauk CDU: Das reicht nicht mehr!)

Doch, das reicht.

(Abg. Hauk CDU: Nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, reichen 500 000 € nicht! Im Schnitt 1 Million €!)

Wenn es nachher im Vollzug 600 000 € sind, ist das nicht entscheidend.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU – Gegenruf des Abg. Göschel SPD: Wir reden nicht in allen Fällen von Bahnstationen!)

Tatsache ist: Wenn es um 500 000 € geht, dann zahlt eine Kommune in Zukunft etwa das Dreifache: deutlich über 200 000 € gegenüber etwa 70 000 € bis 80 000 €, die sie bisher bezahlt hat. Das heißt, solche Maßnahmen sind kaum mehr finanzierbar. Diese kleinen Maßnahmen sind gerade die, die – wenn überhaupt – im ländlichen Raum durchgeführt werden können.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU – Gegenruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Es geht doch nicht immer um S-Bahnen!)

Bei großen Maßnahmen wie dem Stadtbahntunnel in Karlsruhe oder den Stadtbahnmaßnahmen in Stuttgart liegt der Selbstbehalt von 500 000 € irgendwo im Promillebereich. Das spielt überhaupt keine Rolle. Deswegen ist das eine Benachteiligung des ländlichen Raums. Das müssen Sie einfach einmal nachrechnen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Göschel SPD)

Herr Kollege Hauk, beim Straßenbau haben Sie das ja erkannt. Warum haben Sie denn beim Straßenbau eine Formel ausgewählt, die genau dieses Problem umgeht, indem sie für kleine Maßnahmen einen kleinen Selbstbehalt

(Abg. Hauk CDU: Genau!)

und für große Maßnahmen einen großen Selbstbehalt festsetzt? Dann machen Sie eine solche Regelung doch auch beim ÖPNV-Ausbau – genau wie beim kommunalen Straßenbau.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wenn es denn so einfach wäre!)

Dann hätten Sie unserer Kritik etwas Korrektes entgegengesetzt. Vielleicht sind Sie da noch zu Verbesserungen bereit.

Der dritte Punkt in aller Kürze, Herr Kollege Mappus: Wettbewerb. Da können Sie einfach nicht ausweichen. Sie haben 49 Millionen Zugkilometer bei der DB bestellt, davon sind 32 Millionen bis 2016 garantiert. 8 Millionen haben Sie bereits wieder an die DB vergeben. Das heißt, es bleiben Ihnen – von heute bis zum Jahr 2016 – noch 10 Millionen Zugkilometer übrig für Ausschreibungen, von denen die DB auch wieder etwas gewinnen wird. Damit haben wir im Jahr 2016 – darum geht es mir, nicht um heute – die Situation, dass noch immer etwa 80 % des Verkehrs von der DB erbracht werden.

(Abg. Schebesta CDU: Aber zum Teil im Wettbe- werb! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP)

Ihr Argument – das heute richtig ist –, dass Sie keine Wettbewerber finden, weil die Unternehmen zu klein sind, wird im Jahr 2016 immer noch gelten.

Meine Damen und Herren von der FDP/DVP, wenn Ihnen Wettbewerb etwa ab dem Jahr 2030 ausreichend erscheint, dann haben Sie Ihren marktwirtschaftlichen Anspruch schon lange an der Garderobe abgegeben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ihre Milchmännerrechnung geht einfach nicht auf!)

Das Wort erhält Frau Abg. Schmidt-Kühner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines, was ich vorhin nicht angesprochen habe, weil ich nicht ganz klein-klein werden wollte, will ich noch ergänzen. Ich denke, wir müssen die Situation betrachten, die die Verkehrsbetriebe im Moment gerade trifft. Die Karlsruher Verkehrsbetriebe haben beispielsweise signalisiert bekommen, dass sie in den kommenden fünf Jahren pro Jahr höchstens noch 8 Millionen € GVFGMittel vom Land erhalten werden. Das bedeutet, dass die Karlsruher Verkehrsbetriebe nichts anderes mehr machen können als gerade den Schuldendienst zu bedienen, weil sie die Maßnahmen nämlich vorfinanziert haben. Das sind Gelder für Maßnahmen, die längst abgeschlossen sind und jetzt weiter finanziert werden. Das heißt, die Zwischenfinanzierung der Baumaßnahmen durch die Verkehrsverbünde wird gestreckt werden müssen.

Genau diese Dinge passieren bei den Kürzungen, die Sie jetzt vornehmen, eben auch. Das betrifft nicht nur die strukturellen Veränderungen, sondern es führt auch noch zur Verlängerung der Zwischenfinanzierungszeiten.

(Abg. Hauk CDU: Deshalb kürzen wir doch, um den Stau abzubauen!)

Dann regulieren Sie lieber, indem Sie sagen: Es kann jetzt nicht gebaut werden. Signalisieren Sie das lieber ordentlich, und verlagern Sie das nicht auf die Verkehrsbetriebe.

(Abg. Hauk CDU: Nichts dagegen! Aber es waren doch die Karlsruher! Die haben gesagt: Wir fangen an, auch wenn wir jetzt nicht gefördert werden! – Abg. Junginger SPD: Das ist schon ein Zwiege- spräch! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: So ist es!)

Herr Ludwig hat signalisiert, dass es mehr Sinn macht, bei den höheren Fördersätzen zu bleiben, damit die Gegenfinanzierung durch die Kommunen weiter organisiert werden kann, damit die Maßnahmen überhaupt in Gang kommen, als sie abzusenken, wodurch die Maßnahmen dann ganz unterbleiben. Die Alternative ist nämlich nicht, dass sie dann später kommen. Bei 25 % oder 20 % Kofinanzierung unterbleiben die großen Maßnahmen vielmehr ganz. Das hat Herr Ludwig signalisiert. Das müssen wir hier berücksichtigen. Wenn das die Leute sagen, die den ÖPNV machen,

(Abg. Göschel SPD: Gut machen!)

die vor allen Dingen den ÖPNV erfolgreich machen, mit hervorragenden Zuwächsen bei den Fahrgastzahlen, die deutlich über allen anderen liegen, dann müssen wir diese Mahnungen aufgreifen.

Herr Mappus, ich kann Ihnen die Unterstützung unserer Fraktion zusichern bei der Frage der Verbünde und der „goldenen Zügel“, die Sie hier eben in Ihrer Rede angedeutet haben. Da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Wir werden diese Dinge unterstützen. Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal gesagt haben.

(Beifall bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Das Wort erhält Herr Staatssekretär Mappus.

(Abg. Schebesta CDU: Verlängern Sie aber nicht noch einmal! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Er hat immer das letzte Wort! – Abg. Schmiedel SPD: Brave Regierung!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank für das Letztere. Ich bin für jegliche Unterstützung immer sehr dankbar.

(Abg. Göschel SPD: Das haben wir ja schon ge- sagt, als Sie noch gar nicht daran gedacht haben!)

Eigentlich wundert es mich manchmal, dass die SPD in Baden-Württemberg bei Wahlen nicht mindestens 70 % der Stimmen bekommt. Denn ständig höre ich, dass alles, was wir machen, die SPD schon vor 10, 20 Jahren viel besser wusste und es damals schon beantragt hat. Also irgendwann, Herr Kollege, sollte man die Kirche im Dorf lassen.

(Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Gö- schel SPD: Ihr Erinnerungsvermögen reicht halt nicht bis zum Kindergarten!)

Ich gestehe zu, dass es jemanden gab, der den Vorschlag einmal gemacht hat, die Zügel entsprechend anzuziehen, aber von der SPD kam er nicht. Deshalb kann ich nur sagen: Wenn wir die Unterstützung bekommen, soll es mir recht sein. Bisher höre ich von der SPD immer nur, wo man

mehr Geld braucht; ich höre nicht, wo man kürzen kann. Frau Schmidt-Kühner hat wieder ein Beispiel dafür abgeliefert.

Dass Herr Dr. Ludwig, den ich sehr schätze, natürlich dagegen ist,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist nach- vollziehbar!)

dass man die Fördersätze absenkt, meine Damen und Herren, ist wirklich nicht schwer nachvollziehbar. Dass diejenigen, die bisher reichlich aus dem Topf abgesahnt haben, von Kürzungen nicht begeistert sind, kann ich gut nachvollziehen.

(Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Aber, meine Damen und Herren, gerade weil wir einen Antragstau haben – übrigens völlig unabhängig von der Förderquote, unabhängig von dem, was wir an Fördermitteln insgesamt haben –, stellt sich schlicht und ergreifend folgende Frage: Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, wir verteilen das Geld, das wir haben – wie viel auch immer –, mit höheren Fördersätzen auf weniger Empfänger. Oder man verteilt es mit etwas niedrigeren Fördersätzen auf deutlich mehr Empfänger.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Zuruf des Abg. Göschel SPD)

Ich kann nur sagen: Gerade mit Blick auf den ländlichen Raum ist wohl Letzteres der bessere Weg, sodass mit etwas mehr an eigener Belastung mehr Projekte bedient werden können. Das ist die einzige Möglichkeit, wie Sie geringeren Mitteln begegnen können.

Es gab ein paar ganz Intelligente, die gesagt haben: Weil es in den neuen Bundesländern ein Bundesland gibt, das zu 100 % fördert,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: 110 oder so!)

müssen wir vielleicht noch ein bisschen nach oben gehen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Auf Stuttgart 21 kön- nen wir verzichten!)