Deshalb ist es absurd, uns vorzuwerfen, wir würden der Deutschen Bahn AG quasi das Geld hinterherwerfen.
Wir haben aber noch anderes vor, meine Damen und Herren: Wir wollen Effizienz und Attraktivität auch durch Innovationen weiter erhöhen. Wir setzen auch auf externe Beratung, allerdings nicht – wie das manch andere machen – auf der Grundlage teurer Millionenverträge. Wir haben vielmehr einen Innovationsbeirat berufen, in dem interdisziplinär – auch aus den Bereichen Flugverkehr, Schwerlastverkehr, Straßenverkehr und natürlich Bahnverkehr – Experten vor allem auch aus anderen Bundesländern arbeiten und uns Tipps geben, was man besser machen und optimieren kann. Wir veranstalten alle zwei Jahre einen Innovati
onskongress, vor allem mit den Kommunen, um mit ihnen zu beraten, wie man es noch besser machen kann. Wir haben ein laufendes Innovationsprogramm mit einem Volumen von 10 Millionen € bis 2006 umgesetzt.
Meine Damen und Herren, jetzt brauchen wir in der Tat eine noch bessere Vernetzung der Angebote. Wir haben in den letzten zehn Jahren eine Ausdehnung der Verbundstrukturen in Baden-Württemberg erreicht, die sehr erfreulich ist. Aber – so viel Selbstkritik können Sie uns durchaus zutrauen – dass die Verbundstrukturen nicht so optimal sind, wie wir uns diese selber wünschen würden, ist unbestritten. Wir haben nur ein kleines Problem, meine Damen und Herren: Im Schnitt bleiben 90 % der Kunden innerhalb des bestehenden Verbundgebiets. Jetzt sind wir uns einig, dass es, wenn man mehr tarifäre Angebote auch verbundübergreifender Natur macht, teurer wird. Das bestreitet niemand. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste: Sie erhöhen die Fahrpreise vor Ort. Dann haben 90 % derjenigen, sage ich Ihnen, die diese Angebote nie nutzen, relativ wenig Verständnis für die Fahrpreiserhöhungen. Die zweite Möglichkeit ist, dass die zusätzlichen Kosten das Land trägt. Aber wir haben das Geld nicht.
Deshalb werden wir etwas anderes tun, meine Damen und Herren. Wir werden andere Tarifpunkte schaffen. Wir werden in Zukunft nur noch rund ein Drittel an Fixbeträgen auszahlen und zwei Drittel, also weit mehr als bisher, leistungsbezogen anbieten. Wir werden ein System implementieren, das in dieser Leistungskomponente vor allem die Frage beinhaltet: Gehen die Verbünde auch tarifübergreifende Strukturen ein oder nicht? Was zum Beispiel der Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis gemacht hat, ist genau das, was wir nicht wollen. Deshalb wird es Leistungsanreize geben, die auch auf marktwirtschaftliche Art und Weise dafür sorgen werden, dass wir bessere Verbundstrukturen und verbundübergreifend mehr Angebote bekommen, die auch transparenter sind, als es bisher der Fall war.
Fazit: Ich glaube, dass der ÖPNV seit der Regionalisierung auf einem exzellenten Weg ist. Es gibt noch eine ganze Menge zu tun. Es gibt keine Streichorgie, wie gerade gesagt, jedenfalls nicht von uns. Ich meine, dass wir die Erfolgsgeschichte gemeinsam voranbringen können, allerdings nicht durch Briefe, die einfach unwahre Argumente unter die Leute bringen, sondern dadurch, dass wir mit guten Ideen neue Wege gehen und den ÖPNV auf einen noch besseren Weg bringen, als das bisher der Fall war. Da bitten wir Sie schlicht und ergreifend um Ihre Mitarbeit und Ihre Unterstützung.
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weiter erteile, will ich bekannt geben, dass die Redezeiten der Fraktionen entsprechend § 83 a Abs. 1 Satz 4 der Geschäftsordnung um jeweils bis zu fünf Minuten verlängert werden.
Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Mappus hat aufgezeigt, dass das Land bei der Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs auch in schwieriger finanzieller Situation verantwortungsvoll und sachgerecht vorgeht. Nach wie vor haben wir ein hohes Niveau der Förderung. Die FDP/DVP-Fraktion steht zu der Notwendigkeit, die Förderbedingungen zu verändern, damit mehr Förderanträge positiv beschieden werden können, als das sonst möglich wäre. Wir meinen, dass der Selbstbehalt einen effizienten Umgang mit den Finanzen fördert. Man ist eben nicht mehr gezwungen, über den Grundbetrag hinauszukommen, damit man alles gefördert bekommt, sondern man weiß, dass man einen bestimmten Teil selbst zu tragen hat.
Für besonders wichtig halte ich, dass Mehrkosten nur noch mit 60 % gefördert werden. Gerade heute las ich in der Zeitung, dass der Umbau eines Bahnhofs an der S 6 um 20 % teurer geworden ist. Wenn man jetzt auch noch bedenkt, dass dieser Bau wesentlich günstiger hätte erfolgen können, wenn man nicht wirklich die höchsten Standardanforderungen gestellt hätte, muss man schon sagen: Da haben wir noch einiges an Hausaufgaben für die Zukunft zu machen.
Ich bin sehr froh, dass jetzt ein Stichtag festgelegt wurde. Ich hatte das im Ausschuss angeregt. Ich finde es positiv, dass man das berücksichtigt hat.
Bei Angebotsausweitungen im ÖPNV können und müssen wir künftig noch stärker berücksichtigen und die Frage stellen: Wie hoch sind die Folgekosten, und wie groß ist tatsächlich der Bedarf, die Nachfrage? Das ist nicht immer einfach festzustellen. Es muss aber mit berücksichtigt werden. Gerade wegen der fortbestehenden Mittelknappheit unterstützen wir die strategische Entscheidung der Landesregierung, Qualitätsverbesserungen vor quantitativen Ausweitungen vorzunehmen.
Markt und Wettbewerb – ich glaube, darin sind wir uns sogar alle einig – sollen mit verstärkter Ausschreibung mehr Gewicht bekommen.
Das soll aber so geschehen, wie es sachgerecht möglich ist. Ich möchte dazu sagen, dass das nicht nur den Schienenpersonennahverkehr, sondern in genau gleichem Maß auch den Busverkehr betrifft. Eigentlich kann es auch nicht sein, dass man bestehende Konzessionen einfach generationsweise weiter verlängert, weil sie schon lange so gelaufen sind. Auch dazu muss einmal eine vernünftige Überlegung angestellt werden und auch wieder eine Ausschreibung stattfinden. Auch hierzu gibt es im Bereich der freien Anbieter Konkurrenz, die sinnvoll wäre, wenn man den Nahverkehr im Sinne der Kunden – das sind die Fahrgäste – kostengünstig anbieten wollte.
Ich weiß, dass das nicht allen gefallen wird. Aber auch das EuGH-Urteil wird dazu einiges bewirken. Es wird langfristig positive Wirkung haben. Bei der Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs wird es mehr Rechtsklarheit und mehr Rechtssicherheit geben. Außerdem wird es mehr
Transparenz und Vergleichbarkeit geben. Dieses Urteil sieht ausdrücklich die Option der marktorientierten Direktvergabe vor.
Allerdings müssen wir darauf achten – darauf weist der WBO zu Recht hin –, dass das so gestaltet werden muss, dass es auch buskompatibel ist.
Gerade wir in Baden-Württemberg müssen darauf achten, dass auch kleinere Betriebe nach wie vor eine Chance haben, am Wettbewerb teilzunehmen.
Wir befürworten die kontinuierliche Fortsetzung des Controllings auf allen Kursbuchstrecken im Land. Herr Palmer, Sie haben Recht: Wir müssen das Geld richtig einsetzen. Das ist wirklich ein wichtiges Anliegen. Das Controlling ermöglicht das. Erst wenn ich diese Zahlen habe, kann ich nachprüfen.
Auch müssen wir insbesondere die DB verstärkt darauf drängen, dass sie wieder mehr Wert auf Pünktlichkeit legt. Dabei wird ein wichtiger Punkt sein, dass die Vertaktungen nicht mehr so knapp kalkuliert werden wie bisher.
Das Umsteigen muss auch für Menschen, die vielleicht mit Aktentaschen oder Einkäufen schwer bepackt sind oder einen Kinderwagen dabei haben, problemlos möglich sein.
Aus meiner Sicht muss der barrierefreie Ausbau unserer ÖPNV-Anlagen prioritär vorangetrieben werden.
Da ist sehr, sehr viel liegen geblieben. Das Geld, das wir da investieren, zielt eben nicht nur auf die – wie manche sagen – relativ wenigen Menschen mit Behinderung. Nein, genau die Gruppe, die ich vorher angeführt habe, ist betroffen. Ich sage Ihnen ehrlich: Eigentlich bin ich ein sportlicher Typ, aber wenn ich abends sehr müde nach Hause gehe, bin ich auch manchmal froh, wenn ich einen Aufzug habe und nicht unbedingt Treppen steigen muss.
Die DB AG sollte außerdem das im Jahr 2001 aufgelegte 3-S-Programm – das heißt Service, Sicherheit und Sauberkeit –, das sie sehr gut angefangen hat, das aber jetzt stecken geblieben ist, zielorientiert weiterführen. Wir brauchen auch hier einen flächendeckenden Ausbau, um den ÖPNV von dem in manchen Bereichen noch bestehenden Schmuddelimage wegzubekommen. Nur dann besteht Konkurrenzfähigkeit. Das ist das A und O.
Wir dürfen uns mit dem bis heute erreichten Standard nicht zufrieden geben. Es muss noch etliches verbessert werden, vor allem bei der Qualität. Wir müssen konkurrenzfähig werden, wenn wir mehr Fahrgäste zum öffentlichen Personennahverkehr bringen wollen. Wir müssen uns der Konkurrenz mit dem motorisierten Individualverkehr stellen.
Die FDP/DVP-Fraktion unterstützt jede Aktivität, die den öffentlichen Personennahverkehr dem Ziel näher bringt, eine vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr zu sein, so wie es das ÖPNV-Gesetz auch vorsieht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Mappus hat in seiner Rede bewiesen, dass man nicht nur durch Höhen und Tiefen, durch Steigen und Sinken Politik betreiben kann, sondern auch durch einen Zickzackkurs nach rechts und links; denn kennzeichnend in seiner Rede war vor allem ein trickreiches Ausweichen an den kritischen Stellen. Ich will nur auf drei Punkte eingehen.
Der erste Punkt – ich denke, darüber sollten wir hier im Saal doch einmal Einigkeit herstellen –: Herr Kollege Mappus, es ist einfach nicht korrekt, immer wieder zu sagen, die Bundesregierung habe Kürzungen beim öffentlichen Verkehr beschlossen, obwohl Sie genau wissen: Ohne die Initiative der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück hätte es diese Kürzungen nicht gegeben. Außerdem hat auch die Landesregierung von Baden-Württemberg im Bundesrat diesen Kürzungen zugestimmt.
Also entweder spricht man davon, dass alle gleichermaßen dafür verantwortlich sind – dann hätte man sich ein bisschen früher auflehnen können –, oder aber man übernimmt selbst Verantwortung, zum Beispiel für Ihre Kürzung um 30 Millionen € beim GVFG. Aber mit dem Finger auf Berlin zu zeigen und selbst Kürzungen zuzustimmen, kann nicht gleichzeitig passieren.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zurufe der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Schebesta CDU)
Nein, das war eine Schuldzuweisung an die Bundesregierung. Mehrfach wurde von der Bundesregierung gesprochen und die eigene Verantwortung immer wieder ausgeklammert. Das ist Täuschen und Tricksen, aber keine Redlichkeit, wenn ich das noch einmal aufgreifen darf.
Zweiter Punkt: auch beim Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ein klassisches Ausweichmanöver, Herr Staatssekretär Mappus. Frau Kollegin Schmidt-Kühner hat richtig vorgerechnet, dass kleine Maßnahmen aus Sicht der Kommunen durch die Umwandlung des Schwellenwerts in einen Selbstbehalt bis zu dreimal teurer werden.
Da können Sie doch nicht mit den Leistungen des Landes in den letzten zehn Jahren kommen. Was im ländlichen Raum an guten und sinnvollen Projekten realisiert wurde, ist Ihnen ja konzediert. Das ändert aber nichts daran, dass Sie jetzt gerade etwas beschließen, was dem ländlichen Raum massiv schaden wird. Da müssen Sie auf dieses Argument eingehen und dürfen nicht auf andere Leistungen ausweichen.