Protokoll der Sitzung vom 05.02.2004

Kurz und gut: Die Weitergabe der Umfrageergebnisse in vollem Umfang würde die Qualität der politischen Arbeit bei allen Beteiligten unterstützen. Mit der Weitergabe der Ergebnisse an alle Landtagsfraktionen – und nicht nur die die Regierung tragenden Fraktionen – wäre das Geld wirk

lich gut investiert, und es würden weitere Steuergelder gespart, da die Notwendigkeit für die Oppositionsfraktionen, eigene Umfragen in Auftrag zu geben, sinken würde.

Dabei ist für mich die Praxis des Bundeskanzleramts übrigens auch nicht entscheidend. Ich bin für Offenheit und Transparenz – sowohl im Land als auch im Bund. Deshalb stimmen wir diesem Antrag, in dem es um die Offenlegung von Umfrageergebnissen geht, frohen Herzens zu.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU: Frohen Herzens?)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Palmer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Manche Themen kommen als Klassiker in jeder Legislaturperiode wieder. Zu diesen Klassikern gehört das Umfragethema – seit fünf Legislaturperioden in jeder Legislaturperiode zweimal Anträge, Debatten. Das sind so die Loch-Ness-Themen, die man, in diesem Fall mit einem Jahr Verzug, wieder zur Sprache bringt. Also gehen wir auf die Argumente ein, aber ohne große Aufregung, denn der Gegenstand ist eigentlich überschaubar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, vermutlich ist es so, dass in den Demokratien der ganzen Welt Meinungsumfragen von Regierungen in Auftrag gegeben werden. Vermutlich ist es in den Demokratien der ganzen Welt genauso, dass die Regierung wesentliche Teile der Erkenntnisse, die aus Umfragen gewonnen werden, als Entscheidungs- und Planungsparameter ihrem Regierungshandeln zugrunde legt. Deshalb gibt es – das sage ich in aller Deutlichkeit – sehr wohl eine verfassungsrechtliche Begründung dafür, dass die Regierung die Umfragen zum Kernbereich der Exekutive rechnet und deshalb nicht über alle Ergebnisse dieser Umfragen Auskunft zu erteilen hat. Es gibt Bereiche, die diesem Exekutivprivileg unterliegen, und dazu zählen ganz sicher auch Umfragen. Das muss ich einmal in dieser Deutlichkeit sagen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das ist doch nur eine Behauptung! – Abg. Göschel SPD: Steht das in der Landesverfassung geschrieben?)

Nun wird gesagt, es habe eine Absprache gegeben. Diese Absprache wird, lieber Herr Kollege Fischer und Frau Kollegin Lösch, immer nur zur Hälfte zitiert. Es ist zwar richtig, dass 1980 in einem Gespräch bei Ministerpräsident Späth mit den damaligen Fraktionsvorsitzenden vereinbart worden ist – damals war übrigens, inklusive Regierung, keiner von denen dabei, die heute hier reden –,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja, das war Hasenclever!)

dass die wichtigsten Ergebnisse zur Verfügung gestellt werden müssen. Man hat es aber sowohl von der Opposition als auch von der Regierung unterlassen, zu interpretieren, was die wichtigsten Ergebnisse sind. Ständige Praxis seit 1980 ist jedoch, auch in den Zeiten der großen Koalition, dass ausschließlich die Ergebnisse der „Sonntagsfrage“ dem Parlament zur Verfügung gestellt werden.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das wird seit 24 Jahren so gehandhabt, egal, in welcher Regierungskonstellation. Das hat übrigens die Opposition immer geärgert. Ich habe ja gesagt, das ist ein Klassiker wie das Loch-Ness-Thema. Es gibt aus der Zeit der FDP/DVPOpposition Anfragen, denen die SPD nicht nur deshalb nicht beigetreten ist, weil sie in der großen Koalition war, sondern auch weil sie als Regierungspartei die gleiche verfassungsrechtliche Interpretation hatte, nämlich dass dies der Kernbereich der Exekutive ist.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Deshalb kann ich nur sagen: Keine Aufregung bei diesem Thema! Es gehört zum normalen Rollenspiel und natürlich auch zur Praxis aller anderen deutschen Bundesländer und der Bundesregierung, dass Regierungen ihre Umfrageergebnisse behalten.

Den zweiten Teil der Vereinbarung haben Sie, wie schon gesagt, gar nicht zitiert. Ich habe ihn dabei und will ihn zitieren. Wir nennen ihn auch in jeder Umfrage.

Sofern sich allerdings Befragungsergebnisse auf die Regierungsarbeit, insbesondere auf landespolitische Planungs- und Entscheidungsvorhaben der Regierung, beziehen, sind diese auch nach dem Ergebnis der Besprechung mit den Fraktionsvorsitzenden vom 3. Juni 1980 von einer Weitergabe ausgenommen.

Das ist der zweite Teil der Vereinbarung, den man mitzitieren muss.

Damit der Streitwert auch überschaubar wird und sich relativiert, nun zu der Frage: Wie oft machen wir diese Umfragen?

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was wird sonst noch gefragt? Wenn Sie schon die Antworten sagen!)

Diese Umfragen werden im Regelfall einmal im Jahr durchgeführt.

Wie viel Geld haben wir zur Verfügung? 1995 hatten wir für wissenschaftliche Beratung noch 800 000 DM zur Verfügung. Man schämt sich ja fast, zu sagen, welche Etatansätze wir jetzt haben. Rund 100 000 € sind für Gutachten, für Beratungstätigkeit, für Umfragen im Etat des Staatsministeriums ausgewiesen und wurden heute Morgen von Ihnen bewilligt.

(Abg. Blenke CDU: Der Bundeskanzler käme da- mit nicht weit!)

Damit kann man keine großen Sprünge machen.

Herr Fischer, die Ausschreibungen und Beauftragungen des Bundes hätte ich in diese Debatte nicht eingeführt. Ich sage das, wie Sie wissen, mit großer Sympathie Ihnen gegenüber. Bei der Bundesregierung beträgt seit 1998 das Volumen für Beratung 170 Millionen €.

(Unruhe bei der CDU)

Vergleichen Sie das einmal mit unseren 100 000 € im Staatsministerium. Mit solchen Zahlen schämt man sich ja fast, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Minister Dr. Christoph Palmer)

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: 170 Millionen € wären ja gar nicht so schlimm, sondern schlimm ist, was dabei herausgekommen ist!)

Im Übrigen ist gesagt worden, wir müssten ausschreiben.

(Abg. Dr. Caroli SPD: NSI!)

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass das Auswahlkriterium für Aufträge an Umfrageinstitute im wissenschaftlichen Bereich deren wissenschaftliche Zuverlässigkeit und Erfahrung ist. Die Aufträge können freihändig vergeben werden, da die VOL/A insofern bei wissenschaftlichen Beauftragungen keine Anwendung findet. Wir haben aber – auch das sei hinzugefügt – bei weitem nicht immer das Allensbacher Institut beauftragt,...

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Gespräche draußen zu führen.

... sondern in der Vergangenheit auch schon Infratest dimap. Wir werden bei den wenigen Umfragen immer diejenigen Institute beauftragen, die durch exzellente, gute Arbeit auch eine Gewähr für eine sehr gute Qualität der Umfrage erbringen.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden auch in Zukunft Umfragen machen und verantwortungsbewusst und sparsam die Stimmungslage der Baden-Württemberger in Bezug auf das Regierungshandeln für das Land abbilden.

Eine letzte Bemerkung an die Adresse der Opposition, da Sie mir ja freundlicherweise und zu Recht unterstellen, dass

ich die gesamten Umfragen kenne: Wir werden sie auch in Zukunft nicht in vollem Umfang bereitstellen, nicht zuletzt deshalb, um die Opposition zu schonen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Denn wenn man die Kompetenzzuweisungen und die Werte der Opposition immer vollständig veröffentlichen würde, dann würde Ihnen Ihre ureigenste Aufgabe, hier zu opponieren, überhaupt keinen Spaß mehr machen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/1809. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Damit ist Punkt 4 der Tagesordnung erledigt.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der heutigen Tagesordnung angelangt.

Die nächste Sitzung findet am Mittwoch, 10. März 2004, um 10:00 Uhr statt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Erst? So lange muss ich warten?)

Ich danke Ihnen und schließe die Sitzung.

Schluss: 14:57 Uhr