Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen nur in Ausnahmefällen in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden. In der UN-Konvention über die Rechte der Kinder wird in den Artikeln 20 und 22 deutlich formuliert, dass allen Kindern, die aus ihrer Familie herausgelöst werden, Schutz und Beistand gewährt werden muss und dass allen Kindern, die den Status des Flüchtlings begehren oder besitzen, angemessener Schutz und humanitäre Hilfe zu gewähren ist. Ähnliche Regelungen ergeben sich aus den Regelungen des Haager Minderjährigenschutzabkommens. In Gemeinschaftsunterkünften sind in der Regel dieser Schutz und diese Hilfe nicht gewährleistet.
Falls Sie die Zustimmung zu diesen beiden Punkten verweigern, verstoßen Sie damit bewusst gegen internationale Vereinbarungen.
Mit den Ziffern 4 und 5 unseres Antrags haben wir Forderungen aus den Kommunen übernommen. Es geht um die liegenschaftsbezogenen Ausgaben. Wer die Unterkünfte kennt – da Sie ja alle wissen, worüber Sie heute abstimmen
werden, gehe ich davon aus, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP/DVP, sich vor Ihrer Entscheidung kundig gemacht haben –,
weiß, in welchem maroden Zustand sie sich teilweise befinden. Auf die Kommunen kämen Kosten in unkalkulierbarer Höhe zu, wenn Sie ihnen die Liegenschaften aufs Auge drücken würden. Was werden Sie, Herr Kollege Klunzinger – ich sehe ihn zwar im Augenblick nicht, aber ich frage ihn trotzdem –, Ihrem Landrat sagen, der genau die Forderung, dass das Land Träger der liegenschaftsbezogenen Ausgaben bleibt, gestellt hat, wenn er Sie nach Ihrem Abstimmungsverhalten fragt?
Ebenfalls von den Kommunen kam bei uns der Hilferuf an, die Krankenkosten sollten weiterhin spitz abgerechnet werden. Auch der Rechnungshof hält eine Spitzabrechnung der Krankenkosten für weiterhin möglich. Das heißt, hier entfällt das gern benutzte Argument, der Rechnungshof habe die totale Pauschalierung gefordert.
In der Plenardebatte vom 17. Dezember 2003 habe ich auf den Fall eines chronisch Kranken aufmerksam gemacht. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Pforzheim hat nun in ihrem Schreiben an uns ein weiteres Beispiel genannt. Was werden Sie, Herr Kollege Mappus – auch er scheint nicht da zu sein –, Ihrer Oberbürgermeisterin sagen, wenn Sie nach Ihrem Abstimmungsverhalten gefragt werden?
mit der die Herausnahme der liegenschaftsbezogenen Leistungen und die weitere Spitzabrechnung der Krankenkosten gefordert wird. Was werden Sie, Herr Minister Müller,
Der heutige Entschließungsantrag von CDU und FDP/DVP sieht eine Überprüfung der Pauschalen nach zwei Jahren und einen Bericht über das Ergebnis der Überprüfung an den Landtag vor. Wir haben ja eine Überprüfung nach einem Jahr gefordert.
Aber was sind denn die Konsequenzen aus der Überprüfung? Werden Sie, Herr Minister Schäuble, dann einer rückwirkenden Kostenerstattung zustimmen, wenn die Zahlen das belegen?
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Der ist bis dahin schon lange bei Rothaus! – Abg. Drexler SPD: Der ist dann schon längst bei Rothaus!)
Fünftens: Wir haben unter Ziffer 10 beantragt, nachgewiesene Ausgaben für eine Anschlussunterbringung bis zu einem Betrag von 1 500 € zu ersetzen, also keine Ausschüttung über alle Landkreise und Kommunen, sondern ausdrücklich nur auf Nachweis. In den Schreiben der Städte Freiburg und Mannheim wird ausdrücklich auf die Notwendigkeit dieser Unterstützung hingewiesen. Die Ausgaben betreffen Aufwendungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, für die Sprachförderung, die Wohnungsvermittlung usw. und sollen die Flüchtlinge möglichst schnell unabhängig von öffentlichen Leistungen machen. Was werden Sie, liebe Kollegen Schüle und Reichardt sagen, wenn Sie vor Ort nach Ihrem Abstimmungsverhalten gefragt werden?
Die Stadt Stuttgart geht von jährlichen Mehrausgaben von rund 4 Millionen € aus, wenn die vorgesehene Gesetzesänderung verabschiedet wird. Liebe Kollegen Winckler und Palmer, mit Ihrem Abstimmungsverhalten tragen Sie die Verantwortung dafür.
Im Übrigen gehen die Stadt Stuttgart und der Landkreis Böblingen laut ihren Schreiben von einer Verweildauer von 24 Monaten aus und nicht von 20 Monaten, wie der Berechnung der Pauschale zugrunde gelegt wurde. Möglicherweise ist das die Durchschnittsdauer, auf das ganze Land berechnet. Das wird der Realität vor Ort aber keineswegs gerecht. Ich habe bereits im Innenausschuss erklärt, dass ein statistisches Mittel nicht unbedingt das Nonplusultra ist. Ich habe Franz Josef Strauß zitiert,
der gesagt hat, dass jemand, der auf einer glühenden Herdplatte sitzt und die Füße in Eiswasser hat, auch seine Durchschnittstemperatur hat.
Aus diesem Grund ist die Revisionsklausel unabdingbar, und sie muss auch eine rückwirkende Kostenerstattung zur Folge haben, wenn die Zahlen das belegen.
Ich nehme an, dass auch Sie Briefe von Kommunen und Landkreisen bekommen haben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP/DVP. Was werden Sie, Kolleginnen und Kollegen Lichy, Hoffmann, Birk, Seimetz, Döring und Rüeck sowie Herr Ministerpräsident Teufel, vor Ort über Ihr heutiges Abstimmungsverhalten sagen?
Zum Schluss komme ich noch zu einem Punkt, der mir sehr am Herzen liegt. Was geschieht in den Unterkünften, wenn dieser Gesetzentwurf, so wie er vorliegt, verabschiedet wird? Um das zu beantworten, bedarf es keiner allzu großen Fantasie. Die Städte und Landkreise werden auf einer weiteren Verdichtung in den Unterkünften bestehen – mit
all den absehbaren Folgen. Die Sozialbetreuung wird nach seriösen Berechnungen um ca. 50 % zurückgehen. Ob sie unter diesen Umständen noch aufrechtzuerhalten ist, kann bezweifelt werden. Auch hier sind die Folgen absehbar.
Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP/ DVP, haben es in Ihrer Hand. Es ist Ihre Entscheidung, ob das Land Baden-Württemberg gegen die Interessen der Kommunen handelt, ob es gegen EU-Ratsbeschlüsse verstößt und ob die UN-Konvention über die Rechte des Kindes hier missachtet wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Utzt, ich kenne Ihr Engagement, und ich schätze auch das Engagement, das Sie für Asylbewerber und fremde Menschen an den Tag legen. Die Sorge um die Kommunen, die Sie da mit hineingebracht haben, war sicherlich eine gewisse Hilfsgröße.
Wenn Sie drohend den Finger heben, dass meine persönliche Entscheidung im Wahlkreis bekannt werden würde: Das darf sie. Ich habe draußen zufälligerweise gerade meinen Landrat getroffen, der Präsident des Landkreistags ist, und habe das mit ihm auch so besprochen. Das darf also durchaus bekannt werden. Dazu kann ich stehen.
Meine Damen und Herren, bei der ersten Lesung und im Ausschuss haben wir diese Novellierung des Gesetzes sehr intensiv diskutiert, und es wurden durchaus einige Probleme ausgeräumt. Wir haben hier einen echten Schritt zum Bürokratieabbau – wie vom Landtag gewünscht und auch vom Landesrechnungshof gefordert.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Bürokratieabbau heißt nicht Kostenver- lagerung, Herr Kollege!)
Die sehr komplizierte Spitzabrechnung mit steter Überwachung des Status des betreffenden Bewerbers wurde jetzt durch eine pauschale Zahlung ersetzt. Selbstverständlich ist das Problem jeder Pauschale, dass es Gewinner und Verlierer gibt.
Wenn man bei der Erhebung der Kosten für die Leistungen sieht, dass ein und dieselbe Leistung in einem Landkreis für 50 % der Kosten erbracht wird – wenn man das statistische
Mittel mit 100 % ansetzt – und in anderen Landkreisen bis zu 250 % kostet, dann müssen einfach auch Überlegungen angestellt werden, wie das kostengünstiger gestaltet werden kann. Ein gewisser sanfter Zwang zu mehr Wirtschaftlichkeit ist hier nicht verkehrt.