(Zurufe von der SPD: Oh! – Abg. Schmiedel SPD: Jetzt kommt noch einmal eine Grundsatzerklärung! – Gegenruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist halt so!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man die Geschichte der Agrarpolitik auf europäischer Ebene in den letzten 20 Jahren betrachtet, wird doch klar, dass die jetzige Agrarreform mehr oder weniger der Abschluss einer konsequenten Linie seit 1992 ist. Vor 1992 war es den Menschen in unserem Land und damit auch dem Steuerzahler nicht mehr vermittelbar, dass wir Milchseen, Butterberge etc. finanzieren. Es war klar, dass wir eine sukzessive Entkoppelung von der Produktion brauchen. Mit der vorliegenden Agrarreform werden wir die Endstufe dazu im Jahr 2013 erreichen.
Herr Kollege Walter, es ist eine zutiefst soziale Frage und eine kulturelle Frage, wie wir mit diesem Paradigmenwechsel in unserem Land umgehen.
Wenn es um solche Fragestellungen geht, Herr Kollege Drautz, eignen sich keine schnellen Paradigmenwechsel, die von einem Jahr aufs andere in Kraft treten, sondern braucht man auch Übergänge und Übergangslösungen.
Das ist unser Anliegen. Wir dürfen Landwirte und die Landwirtschaft in Baden-Württemberg doch nicht von einem Jahr aufs andere
mit einem politischen und damit einhergehenden finanziellen und betriebswirtschaftlichen Paradigmenwechsel konfrontieren,
Über das Ziel, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir uns ja vielleicht in Teilen einig, nämlich darüber, möglichst viel Verwaltungsvereinfachung, möglichst eine von der Produktion unabhängige, aber die Bewirtschaftung sicherstellende Prämie und Unterstützung der Landwirtschaft in Baden-Württemberg zu erreichen.
Meine Damen und Herren, es muss unter dem Strich auch gerecht zugehen. Ich denke, dass Frau Künast in der Vergangenheit zwei entscheidende Fehler begangen hat.
Der erste Fehler betraf die handelbaren Prämienrechte. Es ist ein grundsätzlicher Fehler, Prämienrechte handelbar zu machen und sie nicht mehr an die tatsächliche Bewirtschaftung zu koppeln. Darüber kann man streiten. Manche sehen das anders. Ich persönlich halte das aber für einen grundsätzlichen Fehler.
Der zweite Fehler betraf die Milch und die Milchprämie, weil Milch und Milchprämie zutiefst etwas mit der Grünlandbewirtschaftung, unserer Topographie und unserer Landschaftskultur zu tun haben. Gerade in den Mittelgebirgslagen haben wir eben Sondersituationen, denen wir nicht einfach betriebswirtschaftlich dadurch ausweichen können, dass wir sagen: Statt Milcherzeugung und Grünlandbewirtschaftung mache ich halt Ackerbau. Das funktioniert halt in bestimmten Bereichen nicht, und für diese geographischen Bereiche hätte man eine Sonderlösung treffen müssen.
Dank des Ministeriums, dank des Ministers wurde jetzt im Kombinationsmodell versucht, das umzusetzen, zu retten. Was auf EU-Ebene nicht erreicht wurde, wurde zu Recht in der nationalen Umsetzung mit dem Kombinationsmodell erreicht, und damit wurde die Situation ein Stück weit entschärft.
Herr Kollege Walter, da reicht es eben nicht aus, zu sagen, jetzt müssten wir zusehen, dass wir in der zweiten Säule der Agrarreform noch ein bisschen nachlegten
Wenn Sie über Cross Compliance, also über die nationalen Vorschriften, die die Landwirtschaft einhalten muss, die
Landwirtschaft in Deutschland schon so sehr knebeln, dass sie gar nicht mehr wettbewerbsfähig gegenüber anderen Nationen ist, dann haben wir auch gar nicht mehr die Aufgaben in der zweiten Säule,
die wir finanzieren könnten. Wenn Sie nämlich durch nationale Alleingänge Grünlandumbruchverbote aussprechen und Vorschriften über den Pflanzenschutz erlassen, wenn Sie Alleingänge im Bereich des Naturschutzes machen, wenn Sie Alleingänge im Bereich des Bodenschutzes machen, wenn Sie Alleingänge im Bereich des Tierschutzes machen, die nicht EU-weit abgestimmt sind, bleiben für uns gar nicht mehr die Möglichkeiten, in der zweiten Säule Bereiche kozufinanzieren,
Jetzt loben Sie – aller Anfang ist schwer; aber das Loben haben Sie ja in den letzten Jahren gelernt – im Prinzip den Weg, den wir, die CDU-Fraktion und die Regierung, in Baden-Württemberg im Bereich der Agrarumweltprogramme, im Bereich des MEKA eingeschlagen haben.
Die Agrarumweltprogramme stellen Sie nicht infrage. Aber Sie stellen sie de facto infrage, wenn Sie weitere Alleingänge im Bereich des Tierschutzes, im Bereich des Bodenschutzes, im Bereich des Pflanzenschutzes, im Bereich des Naturschutzes fordern und dort weiterhin gesetzliche Regelungen erlassen.
Und, Herr Kollege Teßmer: Auch die SPD ist doch ein behördengläubiger, ein staatsgläubiger, ein gesetzes- und auflagengläubiger Partner in der Koalition in Berlin,
weil Sie meinen, mit Gesetzen und Auflagen könnten wir die Dinge schon richten. Wir glauben nicht daran. Wir glauben daran, dass man die Landwirte motivieren muss und dass man sie auch motivieren kann. Dass sie motivierbar sind und die Auflagen von sich aus einhalten, sieht man am besten am Beispiel Baden-Württemberg, wo all die Umweltauflagen, für deren Einhaltung wir freiwillig Zahlungen im MEKA gewähren, erfüllt werden.
Darum geht es jetzt in den nächsten Wochen, Herr Kollege Walter und Herr Teßmer: um die nötige Freiheit bei der Umsetzung des jetzt erreichten Kombinationsmodells, um die nötige Freiheit bei der Umsetzung von Cross Compliance, um die nötige Freiheit im Bereich der nationalen Umweltauflagen, um die nötige Freiheit in der zweiten Säule der Agrarpolitik, in den Agrarumweltprogrammen und übrigens auch im Bereich der ländlichen Entwicklung.
Und wenn Sie so leicht abfällig darüber reden nach dem Motto „Dorfverschönerung“: Also, lieber Herr Kollege Walter