Protokoll der Sitzung vom 11.03.2004

(Beifall bei der SPD – Abg. Wieser CDU: Pflicht- gemäßer Beifall!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drautz.

(Abg. Wieser CDU: Aber jetzt wird’s Ernst!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Stächele, jetzt wollen wir uns doch einmal miteinander über die Kulturlandschaftsprämie unterhalten.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ich muss einmal eines klar sagen: Sie wissen doch so gut wie ich, dass die Kulturlandschaftsprämie eine Absichtserklärung der FDP war, dass man erst einmal alle Landesteile einer Partei zu einem Thema zusammenschweißen und anschließend den sozialen Weg für eine Übergangsfrist erarbeiten muss, genauso wie Sie es in Ihrem Ministerium mit den so genannten Top-ups erarbeitet haben.

Wissen Sie, Herr Minister, das Steuermodell Ihres Herrn Merz war zum Beispiel ebenso eine politische Absichtserklärung und ist heute noch nicht in einen Gesetzestext gegossen.

(Abg. Wieser CDU: Sprechen Sie jetzt nur zum Minister? Sprechen Sie auch zu uns?)

Ich spreche doch gerade zum Minister.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Abg. Wieser CDU: Ja, eben!)

Man muss das doch ganz offen sehen. Ich sehe unserem Minister diese Rhetorik gerne nach.

Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang auch einen Appell an die Regierung richten und möchte für die weiteren Verhandlungen dazu auffordern, EU-Vorgaben weiterhin 1 : 1 umzusetzen, damit keine Nachteile für unsere Landwirtschaft in Deutschland entstehen.

(Abg. Seimetz CDU: Gut!)

Dies gilt insbesondere bei Cross Compliance und bei Vorschriften zum Natur- und Umweltschutz in der Landwirtschaft. Dazu gibt es 18 Vorschriften bis hin zur Regelung der Milchhygiene. Da brauchen wir, meine ich, eine Bündelung. Es kann ein Vorteil für die Landwirtschaft sein, dass wir durch die Flächenprämie und Cross Compliance eine Bündelung hinbekommen und dadurch später in der Agrarpolitik eine gewisse Entbürokratisierung erreichen. Dies ist uns wichtig.

Des Weiteren ist wichtig, Wettbewerbsgleichheit zu schaffen. Ich sage Ja zu eigenen Wegen, aber nicht zu nationalen Alleingängen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Das sind Aufgaben des Landes- und des Bundesgesetzgebers. Wir brauchen ein neues MEKA. Das Problem liegt darin, dass sich Cross Compliance mit den Vorschriften des MEKA-Programms weitgehend deckt. Geklärt werden muss auch, welche Überschreitungen von MEKA und anderen Richtlinien wie der Vogelschutzrichtlinie und der FFHRichtlinie bestehen und in welchem Umfang sie kontrolliert und geahndet werden.

Meine Damen und Herren, wir haben in der Agrarpolitik der EU eine große Wettbewerbsverzerrung. Das muss man fairerweise einmal darstellen. Wir haben einen Markt für alle Produkte. Und wir haben einen Gemeinsamen Markt in der EU.

(Abg. Seimetz CDU: Ja!)

Aber wir haben noch unterschiedliche Vorschriften und Bestimmungen. Wenn zum Beispiel ein Pflanzenschutzmittel in Deutschland hergestellt wird und bei gleichen Inhaltsstoffen für andere EU-Staaten nur eine andere Bezeichnung trägt, ist ein Reimport zu uns nicht möglich, weil von den Firmen für Deutschland andere Preise als beispielsweise für Frankreich festgesetzt werden. Wir brauchen einen freien Markt und möglichst europaweite Regelungen auch für den Pflanzenschutz, um eine solche Wettbewerbsverzerrung abzubauen.

Genauso verhält es sich beim Thema Agrardiesel. Für uns Liberale ist selbstverständlich, dass Waren in der EU frei gehandelt werden; das sage ich noch einmal.

Aber es geht nicht an, dass Tierarzneimittel inzwischen im Internet angeboten werden und Nahrungsmittel aus anderen EU-Staaten ungehindert zu uns kommen können, die von Tieren stammen, bei denen Tierarzneimittel angewendet wurden, die wir in Deutschland aufgrund unseres Standards nicht haben wollen. Hier brauchen wir eine Harmonisierung. Es wird noch einige Jahrzehnte dauern, bis wir in der EU so weit kommen.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Herr Walter, es ist so. Sie können ja noch etwas dazu sagen.

(Abg. Walter GRÜNE: Ich werde auch etwas dazu sagen, obwohl ich das schon 30-mal gesagt habe!)

Sie kommen ja gleich dran.

Ich möchte abschließend noch feststellen, dass die gemeinsame neue Agrarpolitik eine Umverteilung innerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe, um die wir uns besonders kümmern müssen, bedeutet. Ich bin auch der Landesregierung dankbar dafür, dass sie dies erarbeitet hat. Das größte Anliegen ist mir, dass hier nichts Ähnliches passiert wie das, was bei der Milch passiert ist. Wir wollen Prämien ausschließlich dem Bewirtschafter zugute kommen lassen.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Dr. Carmi- na Brenner CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Leider laufen die agrarpolitischen Debatten hier in den letzten Monaten immer nach dem gleichen Strickmuster ab: Zunächst einmal wird sachlich diskutiert, und dann kommt der Kollege Hauk mit seinen ideologischen Sprüchen aus dem Handbuch des politischen Draufhauens oder wo immer Sie das herhaben.

(Abg. Hauk CDU: Also, das ist doch nicht wahr!)

Das sind alles schon sehr abgestandene Dinge.

(Zuruf des Abg. Reichardt CDU)

Sie sollten einfach zur Kenntnis nehmen, dass die Zeit des ideologischen Gequakes vorbei ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hauk CDU: Entschuldigung, Herr Kollege Walter, das ist doch Realität! Das ist ja das Bedauerliche!)

Vor ein paar Jahren haben Sie vor der EdF gewarnt, weil das die bösen Kommunisten aus Frankreich seien. Genau auf demselben Niveau bewegt sich auch das, was Sie zur Agrarpolitik immer sagen.

(Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE und Teß- mer SPD – Abg. Drautz FDP/DVP: Haben jetzt Sie die EnBW verkauft, oder hat das die Regierung ge- macht?)

Jetzt wird viel über die Cross Compliance geredet, das heißt, die Prämien werden an bestimmte Standards angepasst. Das ist ja auch der richtige Weg. Herr Hauk, hören Sie doch auf, da immer von Alleingängen zu sprechen. Sie wissen genau, dass das eine EU – –

(Abg. Hauk CDU: Entschuldigung!)

Lassen Sie mich doch einmal ausreden! Ich habe Ihnen auch zugehört, obwohl es nicht einfach war. – Es sind EUVorgaben. Schauen Sie doch einmal in den Anhang III: 18 Richtlinien.

(Abg. Hauk CDU: Um die geht es doch gar nicht!)

Das sind doch alles Dinge, die schon festgelegt sind. Die müssen wir doch einhalten.

(Abg. Hauk CDU: Es geht doch um die Frage, was national verschärft wird! Das ist doch der Punkt!)

Es ist doch so: Wenn Sie die Standards zu niedrig ansetzen, dann werden Sie Probleme haben, weil dann manche ihre Flächen nicht mehr verpachten werden, sondern einfach die Prämien herausziehen werden. Diese Gefahr ist doch genauso vorhanden. Also reden Sie doch nicht alles klein und tot, was da kommt.

Es wurde gesagt, die Bundesregierung habe bei der Milch nicht richtig verhandelt. Aber Sie müssen doch einsehen: Die Bundesregierung regiert nicht Europa. 15 Staaten mussten in dieser Frage – zukünftig werden es 25 sein – unter einen Hut gebracht werden. Sie wissen doch, Herr Minister, aus Verhandlungen, gerade auch mit Ihren schwarzen Kollegen in den anderen Bundesländern: Man kann nicht jeden Punkt durchsetzen. Deswegen ist es klar: Wenn die Cross Compliance verbietet, die Grünlandprämie weiterhin so zu vergeben, wie man sie bisher vergeben hat, dann muss man einen anderen Weg finden. Wir müssen uns eben an die Gesetze und die Regelungen, die von der EU kommen, halten. Deswegen sollten wir nicht polemisieren, sondern einen gemeinsamen Weg finden. Das ist allemal besser, als zu versuchen, irgendwelche Gegensätze aufzumachen. So kommen wir nicht weiter.

Alles andere, was im MEKA steht, wird weiterhin erlaubt sein. Auch das ist doch schon einmal ein großer Erfolg. Ursprünglich hatten wir ja ganz andere Ängste.

Herr Kollege Hauk fängt immer wieder damit an, wir hätten etwas gegen die Agrarpolitik der Landesregierung von Baden-Württemberg. Wir haben das MEKA immer unterstützt, auch wenn wir natürlich in einzelnen Punkten noch weiter gehende Forderungen gehabt haben, beispielsweise was die Unterstützung des ökologischen Landbaus anbelangt. Ich denke aber, dass das legitime Forderungen waren. Wie legitim sie waren, zeigt doch die Tatsache, Herr Kollege Hauk, dass sie mittlerweile vom Ministerium umgesetzt wurden. Das heißt also: Unsere Kritik hat am richtigen Punkt angesetzt.

Jetzt noch ein Wort zu Ihnen, Herr Kollege Drautz. Die entsprechende Lösung für die einzelnen Stoffe ist von der Regierung, an der Sie beteiligt waren, verschleppt worden. Jetzt hinken wir ein paar Jahre hinterher. Der Punkt ist: Seit letztem Sommer sind mehrere Altstoffe EU-weit verboten, das heißt, wir sind bei der Harmonisierung auf dem richtigen Weg. Sie wissen, dass ich die Agrarpolitik, die Herr Funke immer betrieben hat, sehr kritisiert habe. Aber beim Atrazin war er es, der eine Harmonisierung erreicht hat, und nicht seine Vorgänger. Das muss man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Uns sind die Probleme auch bekannt, aber in den letzten Jahren hat sich in dieser Frage einiges gebessert. Deswegen nutzt es nichts, wenn wir zum 30. Mal darüber reden.

Jetzt noch ein allerletzter Punkt: Es wird so getan, als hätte die Bundesregierung von Anfang an eine reine Flächenprämie angestrebt. Man beschäftigt sich in Berlin ja auch mit diesem Thema. Daher war allen Beteiligten von Anfang an klar, dass bei einer kurzfristigen Umstellung auf regionalisierte Flächenprämien viele Betriebe nicht mithalten können und dass dies das Ende für viele Betriebe bedeutet hätte. Deswegen stand es nie zur Diskussion, jetzt sofort eine rein regionalisierte Flächenprämie einzuführen. Das ist schlichtweg kein Thema. Wir freuen uns, dass die badenwürttembergische Landesregierung dies genauso sieht wie wir. Man sollte jetzt aber nicht so tun, als ob man das erfunden und als ob man die Weisheit mit Schaufeln gefressen hätte, während alle anderen auf diesem Auge irgendwie blind gewesen wären.