Protokoll der Sitzung vom 11.03.2004

(Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE )

Ich kann nur nochmals appellieren – ich habe das schon oft getan; bei dem Kollegen Hauk wirkt das, glaube ich, nicht mehr –, hier gemeinsam zu versuchen, möglichst viel für die baden-württembergische Landwirtschaft herauszuholen, weil wir uns alle darüber einig sind, dass wir in diesem Bundesland auch weiterhin Lebensmittel erzeugen wollen. Wir wollen sie – das wird auch die nachfolgende Debatte über die Gentechnik gleich zeigen – möglichst umweltfreundlich erzeugen, damit sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Lebensmitteln, die aus aller Welt zu uns hergekarrt werden, haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Oelmayer GRÜNE: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Stächele.

Lieber Herr Walter, eine Antwort darf ich Ihnen nicht schuldig bleiben. Man darf nicht nur sagen, das Ganze komme von der Europäischen Union und werde am Ratstisch entschieden. Wer sitzt denn für Deutschland an diesem Ratstisch? Das ist doch Frau Künast.

Ich sage das ja nicht anklagend oder vernichtend, sondern ich sage es als Appell. Die Milchwirtschaft ist am Ratstisch in Brüssel versiebt worden, und da sitzt Renate Künast.

(Beifall bei der CDU)

Die Grünlandprämie ist am Ratstisch in Brüssel versiebt worden, und dort sitzt Renate Künast.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: So ist es!)

Machen Sie doch der Frau Mut, damit sie mehr für unsere Landwirtschaft eintritt. Das ist mein dringender Appell.

(Beifall bei der CDU – Abg. Walter GRÜNE: Sie hat mehr herausgeholt als der Borchert, und zwar wesentlich mehr! – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Punkt 1 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Umgang mit dem Einsatz gentechnisch veränderter Organismen in der baden-württembergischen Landwirtschaft – Drucksache 13/2826

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Walter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus der Opposition heraus holt man selten Erfolge. Das wissen Sie alle so gut wie ich. Deswegen möchte ich gleich zu Anfang betonen: Es ist ein großer Erfolg für die Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg, dass die Landesregierung in Sachen gentechnikfreie Zonen einen Schwenk vollzogen hat und zumindest im Grundsatz auf unsere Linie eingeschwenkt ist. Das gilt es festzuhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, zukünftig lässt die Europäische Union den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen zu. Das heißt, der Gesetzgeber muss darauf reagieren; denn es muss – darüber sind wir uns alle einig – auch zukünftig möglich sein, in diesem Land sowohl konventionelle als auch ökologische Landwirtschaft zu betreiben. Die Bundesrepublik Deutschland hat deswegen als erstes Land der Welt einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, der mittlerweile als Vorbild für weitere Gesetzentwürfe gilt.

An die Adresse derer, denen das Gesetz nicht weit genug geht und die die Meinung vertreten, so ein Gesetz müsse

Gentechnik generell verbieten, muss ich sagen: Der Rahmen ist ausgeschöpft worden. Mehr als das, was dort hineingeschrieben wurde, ist schlichtweg nicht möglich.

Meine Damen und Herren, es gibt kaum einen Bereich, der so wenig Akzeptanz hat wie die Gentechnik. Zwischen 85 und 90 % der Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen den Einsatz gentechnisch manipulierter Produkte ab.

(Abg. Hauk CDU: Aber sie essen die Tomaten, und sie essen die Erdbeeren! – Gegenruf der Abg. Hei- ke Dederer GRÜNE: Nicht, wenn sie es wüssten!)

Oh, Herr Kollege!

(Abg. Hauk CDU: Es ist wahr!)

Darauf gehe ich einfach nicht mehr ein, Herr Kollege Hauk. Es wäre wirklich schade um die Redezeit. Wie hieß es doch zumindest früher bei Ihnen in der HQZ-Werbung? „Es ist gut zu wissen, was man isst.“ Darauf, Kollege Hauk, wollen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher auch künftig verlassen können.

(Abg. Hauk CDU: Genau!)

Deswegen wollen sie, dass keine gentechnisch manipulierten Waren aus Baden-Württemberg in die Regale und auf ihren Tisch kommen. Deswegen müssen wir das auch zukünftig ablehnen.

(Abg. Kiefl CDU: Eine Frage der Definition!)

Die Frage lautet doch: Macht es bei den Strukturen, die wir in Baden-Württemberg haben, überhaupt Sinn, Gentechnik einzusetzen? Dazu kann ich nur sagen: Nein und nochmals nein! Die kleinen Strukturen, die wir haben, sind dafür völlig ungeeignet. Das ist der erste Punkt.

Das Zweite ist: Umweltfreundlich und artgerecht erzeugte Lebensmittel – ich habe das schon in der vorigen Debatte gesagt – müssen unser Markenzeichen sein. Wenn im Land Gentechnik eingesetzt wird, entsteht ein immenser Imageschaden für die Produkte, die in Baden-Württemberg erzeugt werden. Denn die Frage wäre dann: Warum soll ich für ein solches Produkt mehr zahlen, obwohl da auch Gentechnik drinsteckt, wenn ich es aus irgendeinem anderen Land in irgendeinem Supermarkt viel billiger bekomme?

Deswegen muss der Unterschied zur Massenware, die es sonst gibt, deutlich sein, und deswegen muss es heißen: Baden-Württemberg muss frei sein von Gentechnik!

(Beifall bei den Grünen)

Ich möchte einen Sonderpunkt ansprechen, der die Imker betrifft: Wie sollen sie hier, wenn wir in Baden-Württemberg künftig auf die Fläche verteilt gentechnisch manipulierte Produkte haben, beispielsweise noch einen genfreien Honig produzieren? Wie soll dies dem Imker noch gelingen? Das sind Fragen, die wir uns einfach stellen müssen und auf die wir die entsprechenden Antworten finden müssen.

Meine Damen und Herren, viele Regionen in Europa – ich sage das, weil wir sonst Gefahr laufen, den Anschluss zu

verlieren – werden freiwillige Vereinbarungen mit ihren Landwirten darüber treffen, dass es dort GVO-freie Zonen geben wird. Beispielsweise sind Kärnten, die Toskana, Umbrien, Schleswig-Holstein und eine Reihe weiterer Regionen diesbezüglich schon auf einem guten Weg. Deren Produkte werden ein entsprechendes Image bekommen. Sie werden davon profitieren, nicht nur beim Image, sondern auch beim Umsatz.

Deswegen, Herr Minister, muss Baden-Württemberg in dieser Reihe dabei sein. Das ist doch das oberste Ziel, das wir uns stellen müssen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Carmina Bren- ner CDU: Das kann doch nur freiwillig sein!)

Jetzt wollen wir uns nicht darüber streiten, ob man das gleich für ganz Baden-Württemberg oder nur für einzelne Regionen machen sollte. Ich habe aus Überlingen gehört, dass es dort schon den ersten Erfolg gibt. Dort wird schon in der nächsten oder übernächsten Woche ein Fest gefeiert, weil die Landwirte alle eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet haben. Selbstverständlich erfolgen solche Regelungen – ich betone es noch einmal – auf freiwilliger Basis.

Herr Minister, Sie haben gesagt – das muss man positiv werten; das deckt sich mit dem, was ich eingangs gesagt habe –, man solle „nach Möglichkeit fördern“. Das hört sich zunächst einmal gut an. Aber ich fordere Sie auf, hier und heute zu sagen, was das eigentlich bedeutet. Was heißt „nach Möglichkeit fördern“? Was werden Sie aktiv tun, damit es in Baden-Württemberg möglichst viele gentechnikfreie Zonen geben wird?

(Abg. Hauk CDU: Das ist wie damals die atomwaf- fenfreie Zone! – Gegenruf des Abg. Drautz FDP/ DVP: Das passt gut zusammen!)

Nein, das ist nun wirklich etwas ganz anderes als „atomwaffenfreie Zone“.

(Abg. Hauk CDU: Nein, das passt! – Gegenruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Kollege Hauk, ich sehe wirklich: Ihr Denken geht in die Achtzigerjahre. Wir können ja einmal eine AchtzigerjahreParty feiern. Dann sind Sie der Hauptredner. Das verspreche ich Ihnen.

(Beifall der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Meine Damen und Herren, wie mir aus der Projektgruppe „Grüne Gentechnik“, die man eigentlich „Agro-Gentechnik“ nennen sollte, berichtet wurde, waren darin alle wichtigen Gruppen vertreten: die Bauernverbände, die Umweltverbände, die Saatgutindustrie usw. Am Schluss war aber nur noch der Vertreter des MLR derjenige, der sich überhaupt für Gentechnik ausgesprochen hat. Alle anderen haben gesagt: Lasst die Finger davon.

(Abg. Kiefl CDU: Eine Frage! – Glocke des Präsi- denten)

Herr Abg. Walter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kiefl?

Bitte schön, Herr Kiefl.