Protokoll der Sitzung vom 05.05.2004

(Abg. Drexler SPD: Monatelang!)

Ich rate uns allen, uns auch nach Abschluss des Verfahrens – wir werden alle Zeugen bereits am nächsten Mittwoch vernehmen –

(Abg. Drexler SPD: Die sagen doch nichts!)

an die eigenen Gesetze zu halten. Wenn Herr Maurer die Demokratie anspricht, dann sage ich, dass zur Demokratie auch das Rechtsstaatsprinzip gehört.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Ja, klar!)

Und zum Rechtsstaatsprinzip gehört eben auch das gleichrangige Recht auf Aussageverweigerung.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Nur wenn man weiß, dass man etwas zu verbergen hat!)

Ich weiß nicht, was der Herr Minister jetzt antworten wird. Aber eines will ich Ihnen abschließend sagen: Wenn er hier Angaben macht, dann ist das ein freiwilliger Verzicht auf eigene Rechte, die auch ihm zustehen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Drexler SPD: Ach was!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eine Vorbemerkung machen. Wer ein öffentliches Amt bekleidet, der muss größten Wert darauf legen, im Großen wie im Kleinen korrekt zu sein. Der muss auch versuchen, sich vor Missinterpretationen zu schützen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wem sagen Sie das jetzt?)

Ich kann Ihnen sagen, dass ich nach 25 Jahren Oberbürgermeisterzeit auch weiß, wie schnell man selbst bei gut gemeinten Dingen ins Gerede kommen kann. Das ist die eine Seite.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Die andere Seite ist, dass die Unschuldsvermutung ein rechtsstaatlicher Grundsatz ist, wie wir alle wissen. Sie ist sogar ein wichtiger verfassungsmäßiger Grundsatz. Diese Unschuldsvermutung ist völlig unbestritten, sie ist rechtlich klar. Dass sie in der Praxis häufig anders gehandhabt wird,

ist genauso klar. In der Öffentlichkeit wird diese Unschuldsvermutung nicht so behandelt, wie sie eigentlich rechtlich zu behandeln wäre. Das sind Punkte, bei denen ich sogar noch sage: Daran muss sich ein Politiker in Gottes Namen auch gewöhnen. Das ist nun einmal so. Das ist leider so, aber es ist nun einmal so.

Woran man sich aber nicht gewöhnen muss, Herr Maurer, ist die Art und Weise der Verdächtigungen und Heruntermachungen, die Sie in jeder Sitzungspause permanent unter die Leute streuen. Daran muss man sich nicht gewöhnen. Ich sage das so freimütig als einer, für den im Leben politische Betätigung zwar sehr wichtig ist, in dessen Leben aber noch manches andere vor der politischen Betätigung kommt. Gegen diese Verdächtigungen muss man sich wehren. Schon das, was Sie einleitend gesagt haben, war meines Erachtens entlarvend. Da wird beiläufig, völlig unabsichtlich natürlich, einmal der Name Ronald Schill gestreut. Da wird von „sizilianischen Verhältnissen“ – das habe ich auch schon einmal gehört – gesprochen. Auf gut Schwäbisch bezeichnet man das als ein „saudummes Geschwätz“, um das einmal so zu sagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut! – Zurufe der Abg. Gö- schel und Carla Bregenzer SPD)

Dabei darf man sich ab und zu auch wundern, dass dafür immer wieder in der Öffentlichkeit Plattformen geboten werden.

Eine dritte Vorbemerkung – das habe ich auch in öffentlicher Sitzung im Untersuchungsausschuss gesagt –: Ich persönlich tue mich schwer damit – das hat Herr Reinhart angeschnitten; ich wiederhole es –, einen Zeugen Dr. Döring erst einmal in aller Ausführlichkeit auf sein verfassungsmäßiges Recht hinzuweisen und dann im gleichen Atemzug, wenn er dieses Recht auch nur teilweise und/oder zunächst wahrnimmt, von einem „beispiellosen skandalösen Verhalten“ zu sprechen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Blenke CDU: Und das als Vorsitzender des Aus- schusses!)

Damit, muss ich sagen, tue ich mich schwer. Ich stelle fest, dass der Vorsitzende dieses Untersuchungsausschusses sich damit überhaupt nicht schwer getan hat. Das halte ich für erstaunlich und befremdlich.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe von der CDU: Sehr gut! – Bravo!)

Zum Ermittlungsverfahren: Sie von der Opposition haben darauf gedrungen, dass ganz schnell ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren hermuss, unbedingt, schnell, ohne schuldhaftes Zögern und vor allem ohne Ansehen der Person. Damit haben Sie Recht. Das gestehe ich Ihnen zu: ohne Ansehen der Person. Ich stelle fest, dass Sie – kaum, dass das nun eingeleitet worden ist – jegliches Interesse an diesem staatsanwaltschaftlichen Verfahren verloren haben.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Sehr gut!)

Die Wirkung an sich – sie ist da – genügt Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Alle Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind, bedeuten nichts. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, und das sollte man auch einmal anmerken.

(Abg. Kiefl CDU: Sehr gut!)

Im Übrigen stelle ich auch fest, wie unscharf da formuliert wird. Aber es ist ja auch Absicht, da solche Unschärfen hineinzubringen.

(Minister Dr. Christoph Palmer: Das ist immer das Gleiche!)

Da wird gesagt: „Der Minister bricht sein Schweigen, vielleicht heute.“ Er hat aber als Einziger aller jemals als Zeugen – und es gab viele – im Untersuchungsausschuss Vernommenen, bei denen es ein Ermittlungsverfahren gab, zum Inhalt und zum Gegenstand dieser Ermittlungen eine Stellungnahme abgegeben. Als Einziger!

Das Einzige, was er nicht gemacht hat – –

(Zuruf von der SPD: Das stimmt nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das war sehr umfangreich. Ich nehme an, er wird es heute in gleicher Weise wieder tun

(Zuruf von der SPD)

und all das, was an zusätzlichen Dingen kam, auch mit aufnehmen. Er hat allerdings zunächst einmal – dazu haben ihm nicht nur sein Anwalt, sondern auch andere geraten – gesagt, er stelle das Rede- und Antwortspiel vor diesem Ausschuss zurück, um zu sammeln, was vorgeworfen wird. Dies war auch zu seinem Schutz; denn jede falsche und nuancierte Aussage wird ja sofort als Kehrtwendung interpretiert. Ich werde nachher in der zweiten Runde darlegen, dass dies durchaus ein geradliniger Gang ist.

(Zurufe von der SPD)

Man muss sich doch erst einmal darüber informieren, was einem vorgeworfen wird, um sinnvoll Auskünfte geben zu können. Jetzt werden darüber Krokodilstränen vergossen, dass der Minister dem Ausschuss nicht mehr zur Verfügung stünde.

(Zurufe von der SPD)

Natürlich wird er dem Ausschuss zur Verfügung stehen – der Minister wird erst einmal hören, was gefragt wird –, wahrscheinlich schneller, als wir denken, und das ist richtig.

Das Einzige, was Ihnen in diesem Ausschuss entgangen ist, ist der so genannte Vorführeffekt. Ich kann sagen, dass dieser Ausschuss – da stimme ich zu – gute Arbeit geleistet hat. Ich unterstelle jedem Mitglied dieses Ausschusses, dass es die Wahrheit sucht. Wer aber wollte bestreiten, dass dieser Ausschuss auch ein Gemälde parteipolitischer Leidenschaften darstellt?

(Beifall bei der FDP/DVP und der SPD)

Ich kann Ihnen nur sagen – damit möchte ich in der ersten Runde aufhören –, dass dies auch verständlich ist; denn für den einen oder anderen in diesem Gremium lohnt sich politische Zurückhaltung nicht. Und Fehlanzeigen sind bekanntlich keine guten Meldungen, jedenfalls nicht interessant. Das haben wir in diesem Ausschuss erlebt.

Ich werde nachher sagen, dass ich es zumindest zu diesem Zeitpunkt unanständig finde – ich mache es ganz formal, so wie Sie, Herr Maurer –, zu fragen, von wem Dr. Döring Vorteile bekommen habe. Genau das unterstellen Sie. Das ist genau so, wie wenn ich Sie fragen würde, wann Sie Ihre Schwiegermutter umgebracht haben. Damit habe ich schon einmal unterstellt, dass Sie sie umgebracht haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Diese perfide Art ist nicht in Ordnung. Man sollte Sie länger reden lassen, damit entlarven Sie sich selbst.

Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erhält Frau Abg. Dederer.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Rede des Kollegen Reinhart konnte man den Eindruck gewinnen, als ginge es hier um einen 08/15-Zeugen und nicht um einen Zeugen, der in diesem Land Minister ist und politische Verantwortung zu tragen hat.