Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Rede des Kollegen Reinhart konnte man den Eindruck gewinnen, als ginge es hier um einen 08/15-Zeugen und nicht um einen Zeugen, der in diesem Land Minister ist und politische Verantwortung zu tragen hat.
Herr Kollege Hofer, es sind nicht die SPD und die Grünen, die hier Unschärfen hereinbringen, sondern diese Debatte findet heute einzig und allein deswegen statt, weil Ihr Minister Döring in dieses ganze Thema Unschärfen gebracht hat.
Herr Minister Döring hat nämlich gegenüber Öffentlichkeit und Parlament in zweierlei Hinsicht die Unwahrheit gesagt: zum einen in Bezug auf die Sachfragen – also wer die infasUmfrage tatsächlich bezahlt hat –, zum anderen in Bezug auf die Verfahrensfrage, wie er gedenkt, dem Parlament als Kontrollorgan der Regierung Rede und Antwort zu stehen.
Ich nenne ganz kurz die wichtigsten Vorgänge. Es gab den Briefwechsel mit Herrn Hunzinger und eine erste Stellungnahme vor Journalisten, in der Herr Minister Döring behauptet hat, die 10 000-DM-Umfrage von FlowWaste habe nichts mit der 30 000-DM-Umfrage von Herrn Hunzinger zu tun, nach der die gelbe Wirtschaftspolitik über den schwarz-gelben Klo gelebt, Klee gelobt wurde.
Er sagte, er erinnere sich zwar an irgendwelche Fragen, er wisse aber nichts mehr vom Zustandekommen und über die Hintergründe der Umfrage. Erst nachdem seine Büroleiterin, Frau Haussmann, durch eine Aussage bei der Polizei seine Erinnerung wieder ein bisschen aufgefrischt hat, merkt er plötzlich doch, dass er irgendetwas mit den 10 000 DM zu tun hatte und dass er selbst sogar Frau Morlok als potenzielle Spenderin genannt hatte.
Am 25. März behauptete er noch vor der Presse: „Ich bin in keiner Weise mit der Durchführung oder Bezahlung der Umfrage befasst gewesen.“
Heute wissen wir doch: Im Beisein von Minister Döring ist im Wirtschaftsministerium über die Finanzierung dieser 10 000 DM gesprochen worden. In Absprache mit Herrn Minister Döring ist über die Möglichkeit einer Finanzierung durch eine Parteispende gesprochen worden. Und: Minister Döring hat die Schmider-Vertraute Morlok ins Gespräch gebracht. Meine Damen und Herren, was ist denn hier „in keiner Weise befasst“? Herr Minister, Sie sind unglaubwürdig!
Was uns maßlos ärgert – Sachaufklärung war hier ja auch schon ein Thema –: Da wird aus Dr. Döring plötzlich „Dr. Salamitaktik“.
(Abg. Wieser CDU: Das Niveau sollten wir halten, Frau Kollegin! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ein un- glaublicher Satz! – Weitere Zurufe, u. a.: Pfui! – Abg. Fleischer CDU: Das war ein bisschen klo- artig!)
Herr Schmider hat auch immer nur das zugegeben, was man ihm nachweisen konnte. Ja, meine Damen und Herren, ein Krimineller kann sich das vielleicht leisten, aber nicht ein Minister dieses Landes.
Meine Damen und Herren, mit diesem Zickzackkurs und mit diesen taktischen Spielchen brüskiert der Wirtschaftsminister das Parlament in einer Art und Weise, wie es bisher ohne Beispiel ist. Meine Mündlichen Anfragen werden nicht zugelassen, weil der Untersuchungsausschuss hier im Haus streng als Exklusivorgan betrachtet wird.
Natürlich ist es richtig – Herr Reinhart hat es ja auch schon gesagt –, Herrn Döring im Untersuchungsausschuss als Zeugen zu befragen. Natürlich ist der Untersuchungsausschuss der richtige Ort, weil wir dort auch nachfragen können. Herr Minister Döring lässt sich aber nicht befragen
in einer Debatte, in der wir als Abgeordnete nur eine begrenzte Redezeit haben und Detailfragen nicht stellen können. Wie soll ich denn da meiner in der Verfassung verbürgten Kontrollfunktion als Abgeordnete nachkommen?
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hofer FDP/DVP: Im nächsten Ausschuss können Sie wieder fragen! – Zuruf der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)
Selbstverständlich kann Herr Minister Döring von seinem verfassungsmäßigen Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen. Aber es ist doch keine Frage:
Wenn er damit seiner Rechenschaftspflicht als Minister gegenüber dem Parlament nicht nachkommt, kann er eben kein Minister mehr sein.
Es ist mir auch ein Rätsel, dass die Abgeordneten von FDP/ DVP und CDU ihrer Kontrollfunktion nicht nachkommen.
Gerade Sie müssten auf Rechenschaft bestehen, denn es ist schließlich Ihr Minister. Aber vielleicht unterbleibt das auch mangels personeller Alternativen.
(Heiterkeit bei den Grünen und der SPD – Abg. Hofer FDP/DVP: Witzle gemacht! – Abg. Flei- scher CDU: Das war der Gipfel des Niveaus! Wie- der Kloniveau! – Zuruf des Abg. Wieser CDU – Unruhe)
Meine Damen und Herren, letztendlich schaden Sie durch Ihr Verhalten – auch Sie, Herr Ministerpräsident – der Regierung. Das könnte mir als Vertreterin der Opposition egal sein.
Meine Damen und Herren, wenn es das Staatsverständnis von CDU und FDP/DVP ist, dass man gegen einen Minister nur ein Ermittlungsverfahren einzuleiten braucht und das Parlament damit schon kaltgestellt ist, dann ist es hier mit der politischen Kultur und auch mit dem politischen Anstand nicht mehr weit her.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hofer FDP/DVP: Das ist doch Quatsch! – Abg. Wieser CDU: Unglaublich! – Abg. Fleischer CDU: Haben Sie einmal Gemeinschaftskunde gehabt? – Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)
Dieser Vorgang ist nämlich das Aus für die politische Gewaltenteilung, die seit Montesquieu zum Selbstverständnis unseres Staates gehört. Wir werden es nicht hinnehmen, dass diese Regierung unsere parlamentarischen Rechte mit Füßen tritt.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich zunächst bei den Fraktionsvorsitzenden Oettinger und Pfister und den Rednern Wolfgang Reinhart und Jürgen Hofer für ihre Unterstützung in den vergangenen Wochen. Ich bedanke mich auch ausdrücklich bei der SPD für die Beantragung dieser Debatte. Es ist für mich wichtig und auch wertvoll, dass ich – ganz selbstverständlich – vor dem Parlament Auskunft erteilen und mich gegen eine ganze Reihe von unerträglichen Vorwürfen, die in den vergangenen Wochen erhoben worden sind und gegen die ich mich bis auf den heutigen Tag nicht rechtfertigen konnte, wehren kann.