Es war also bei beiden eine Umlage. Wer den Eindruck vermittelt, den Kreisen werde jetzt eine Landessonderbehörde aufs Auge gedrückt und sie müssten damit auch sozusagen zusätzliches Geld aufbringen, verkennt die Situation. Das Geld bleibt zunächst einmal im Landkreis, zumindest zum größeren Teil, und wird für die Erledigung derselben Aufgaben verwendet.
Es wird einen neuen kommunalen Verband für Jugend und Soziales geben, der die Nachfolge der bisherigen Landeswohlfahrtsverbände antritt. Der neue Verband ist auch kommunal organisiert und keine Landesbehörde. Bezüglich der Aufgabenverteilung zwischen diesem neuen kommunalen Sozialverband und den Landkreisen, die ja nun – nach durchaus strittiger und ernsthafter Diskussion – die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im Erwachsenenalter zu leisten haben, war uns etwas ganz besonders wichtig: Wir haben wirklich die Befürchtungen ernst genommen, insbesondere der Menschen mit Behinderungen. Denen musste ich immer wieder sagen: Im Bereich des kommunalen Sozialverbands ist keine Rendite von 20 % zu erbringen. Warum nicht? Weil er keine Landessonderbehörde ist, weil die Leistungsansprüche zum Beispiel der Menschen mit Behinderungen bundesgesetzlich geregelt sind. Da kann weder ein Landtag noch ein Landrat, noch sonst irgendjemand gegen Recht und Gesetz Leistungen vorenthalten.
Es ist ganz zentral wichtig, das einmal auch den Menschen draußen zu sagen. Da verweise ich noch einmal auf das, was ich vorhin gesagt habe: Wer Menschen mit Behinderungen wirklich eine Zukunftsperspektive auch finanzieller Art geben will, der soll gemeinsam mit uns dafür sorgen, dass das aus der Unterabteilung Sozialhilfe in ein eigenes neues bundesgesetzliches Leistungsrecht hineinkommt,
um damit sowohl den Menschen Sicherheit zu geben als auch die kommunalen Haushalte ein Stück weit vor einer deutlich erkennbaren Überlast zu schützen.
Im Übrigen erwarten wir von der Aufgabenverlagerung in der Tat eine bessere Verknüpfung mit anderen Aufgaben, die die Landkreise schon heute vorbildlich geleistet haben, wie zum Beispiel mein Landkreis Esslingen in der Sozialverwaltung, in der Jugend- und in der Gesundheitspolitik. Zu unterstellen, da sei nicht die Kompetenz vorhanden, halte ich schon für ein bisschen überheblich.
Ich habe ja eben gesagt, dass wir an manchen Stellen auch Bedenken hatten. Diesen Bedenken haben wir insofern Rechnung getragen – lieber Kollege Drexler, jetzt sollten Sie noch einmal zuhören; denn das betrifft die Frage, was die FDP/DVP eingebracht hat –,
als die FDP/DVP Folgendes eingebracht hat: Wenn sich zeigen sollte, dass durch die Strukturveränderungen tatsächlich keine Einsparungen, sondern Mehrkosten entstehen, weil die Gutachten auf unterschiedlicher Datenbasis erhoben worden sind und deshalb nicht vergleichbar sind, wird die Verbandsversammlung dieses kommunalen Sozialverbands, die auf unseren Wunsch hin vorgesehen ist und die gemeinsam realisiert wird und paritätisch mit Landräten und Mitgliedern der Kreis- bzw. Gemeinderäte besetzt sein wird, alle Möglichkeiten dieser Welt haben – so, wie jeder vernünftigerweise reagieren würde, der sagen muss: „Nein, es wird doch teurer, als wir geglaubt haben“ –, einzelne Aufgaben wieder an sich selbst delegieren zu lassen. Souverän ist die Verbandsversammlung. Das sind nicht die Landräte allein.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Fischer SPD: Wie naiv sind Sie denn, Herr Dr. Noll? – Abg. Drexler SPD: Warum haben Sie dann kein Wirt- schaftlichkeitsgutachten gemacht? Das wäre doch das Normalste auf der Welt gewesen!)
Weil nachweislich auch die, die das gefordert und vorgelegt hatten, zugegeben haben, dass man möglicherweise Äpfel mit Birnen verglichen hat.
(Abg. Drexler SPD: Ach, das ist doch bei jedem Gutachten so! – Abg. Marianne Wonnay SPD: Das hat aber überzeugt! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Und diese Ausrede hat Ihnen gereicht?)
Ich denke, die Befürchtungen, die geäußert worden sind, sind unberechtigt: Die Mitglieder der kommunalen Parlamente sind gleichberechtigt im kommunalen Verband für Jugend und Soziales zuständig.
Wenn sich zeigen sollte, dass befürchtete Tendenzen eintreten, können sie Beschlüsse herbeiführen und bei der Aufgabenverteilung in der Tat noch einmal Veränderungen vornehmen.
Das ist dann Aufgabe der Ihnen und uns sehr nahe stehenden kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger.
Sie wissen, dass ich bis vor kurzem Mitglied der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart war und dass mein Kollege Jürgen Hofer dort wieder als Fraktionsvorsitzender verantwortlich tätig sein wird.
Wir waren ja mit dem Hesse-Gutachten eigentlich die Ersten, die das Thema der jetzt vorgelegten Reform ins Gespräch gebracht haben.
Deswegen waren wir übrigens auch nicht überrascht, sondern vorbereitet – wie auf vieles –, als der Ministerpräsident diesen Vorschlag brachte.
Professor Hesse hat in einer Sitzung, die wir alle gemeinsam mitgemacht haben, zugegeben, dass er das Thema Regionalentwicklung vielleicht ein bisschen stiefmütterlich behandelt habe.
Nun sind da aber gegenüber dem, was auch wir früher einmal gedacht hatten, natürlich auch Dinge anders gelaufen, unter anderem deshalb, weil sich im ganzen Land gezeigt hat, dass es unterschiedliche Modelle regionaler Entwicklung gibt und dass man von keinem dieser Modelle behaupten kann, es sei das allein selig machende. Ich denke nur an solche Themen wie grenzüberschreitende Regionen und Eurodistrikt. Da würde ein Modell Region Stuttgart gar nicht passen.
Deswegen sind wir der Meinung, dass wir den Verband Region Stuttgart – dazu wird ja noch eine eigene Gesetzesinitiative beraten –
in seinen Kernkompetenzen stärken müssen, wollen dieses Modell aber andererseits nicht über das ganze Land ausbreiten.
Daher ist dieses Thema – auch auf Anregung von Jürgen Hofer – noch einmal sehr intensiv diskutiert worden.
Lassen Sie mich noch einen ganz persönlichen Erfahrungsbericht aus dem Verband Region Stuttgart geben.
Da gehen die Fronten manchmal quer durch Fraktionen, wobei die liberale Fraktion eigentlich immer eindeutig Kurs gehalten hat.
Nur manchmal – da, wo das Gerangel um Kompetenzen zwischen Landräten und Region allzu heftig geworden ist –
haben wir schon ein bisschen Augenmaß angemahnt. Ich hoffe und wünsche sehr, dass wir uns, wenn die Verwaltungsstrukturreform abgeschlossen sein wird und Kompetenzen im Bereich Landkreis/Gemeinde klar definiert sind, in aller Ruhe und vielleicht mit ein bisschen weniger Emotionalität, auch im Verhältnis der betroffenen Landkreise zum Verband Region Stuttgart, an die Weiterentwicklung der Region Stuttgart machen können.