Wir sind heute dank einer mutigen Entscheidung – ich wiederhole dies – des Ministerpräsidenten, die von Anbeginn – er weiß es – unsere Zustimmung gefunden hat, weil wir nicht unvorbereitet waren, und dank einer intensiven Detailberatung, dank einer intensiven Befassung in der Fraktion, in der ganzen Mannschaft, dank einer intensiven Auseinandersetzung mit den kommunalen Verbänden, mit den Personalvertretungen, dank der gesamten Diskussion im Detail an einem wichtigen Punkt.
Beide Regierungsfraktionen machen heute durch ihre Zustimmung zu diesem Entwurf einen Punkt. Dieser Punkt ist aber kein Schlusspunkt, sondern ein Auftakt für das, was ich in puncto Aufgabenkritik, -delegation gesagt habe.
(Abg. Schmiedel SPD: Nicht einmal eine gemein- same Anhörung war möglich! – Abg. Drexler SPD: Gar nichts mit Gemeinsamkeiten!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unserer Ansicht nach wird diese Verwaltungsreform das Land nicht für die Zukunft fit machen. Wir können sie aber auch nicht verhindern. Von Anfang an gab es vom Landkreistag zu dieser Teufel’schen Verwaltungsreform große Zustimmung. Damit war natürlich im Wesentlichen der wichtige Widerstand von unten gebrochen. Aber genauso wenig, wie man die Frösche befragt, bevor man einen Teich stilllegen will, genauso wenig darf man die Frösche befragen, bevor man einen Teich anlegt.
Man kann auch nicht erwarten, dass die Herren Landräte bei dem enormen Machtzuwachs, den sie bekommen – sie waren natürlich vor Glück besoffen, wie wichtig sie in Zukunft sein werden –, diese Reform ablehnen würden.
Dass sie ihr zugestimmt haben und nahezu jede Effizienzrendite unterstrichen hätten, kann einen, glaube ich, nicht erstaunen.
Darum möchte ich noch einmal schwerpunktmäßig auf diese Effizienzrendite eingehen und darstellen, warum sie unserer Ansicht nach nicht erreichbar ist. Das Land hat sich ja zum Ziel gesetzt, ab 2011 Kosten von 135 Millionen € jährlich zu sparen. Das Land ist auf der sicheren Seite. Es überweist bereits im ersten Jahr weniger Zuschüsse an die Landund Stadtkreise. Die Risiken tragen die Kreise und die Gemeinden. Sie sind quasi – insbesondere die Gemeinden – die Ausfallbürgen dieser Reform. Es besteht die Gefahr, dass die Bürgerinnen und Bürger am Schluss die Zeche bezahlen.
Nahezu alle, die sich damit befasst haben, bestätigen ja, dass wir durch die reine Eingliederung der Sonderbehörden eine Effizienzrendite von 8 bis 10 % erwarten können. Der Kollege Hauk hat das in der letzten Sitzung noch einmal in aller Offenheit bestätigt. Er hat allerdings auch gesagt, wenn es nicht klappen würde, wäre das unter dem Strich kein Beinbruch. Er hat auch schon ausgerechnet, um wie viel die Kreisumlage erhöht werden müsste, nämlich um 1 %.
Herr Kollege Hauk, Sie haben sehr deutlich gesagt – und diese Meinung teile ich völlig –, die restlichen 10 % dieser so genannten Effizienzrendite – was in Wirklichkeit nur ein ganz gewöhnlicher Rationalisierungseffekt sein kann – müssten die Landkreise aus den ganz normalen Verwaltungsvorgängen erbringen, auch wenn Sie das Wunderwort „Synergie“ dazwischengeschoben haben. 10 % ergeben sich durch Eingliederung, der Rest muss ganz normal aus den anderen Verwaltungsvorgängen erbracht werden. Das ist immerhin nicht bestritten worden. Aber kann das denn funktionieren?
Wie soll eine Fachverwaltung effizienter werden, wenn das Fachpersonal der neun Gewerbeaufsichtsämter auseinander gerissen und auf 44 Miniämter verteilt wird, wenn die Straßenbauverwaltung, die erst zum 1. Januar 2003 auf 18 Straßenbauämter reduziert worden war, zum 1. Januar 2005 wieder auf 44 Ämter aufgebläht wird, wenn die Fachkompetenz der Schulräte und Schulpsychologen der 30 Schulämter entgegen der ursprünglichen Konzeption der Kultusministerin nicht weiter gebündelt, sondern auf 44 Ämter verteilt wird? Wie soll die Fachverwaltung durch diese Vorgänge effizienter werden?
Wenn die Wirtschaft Kosten einsparen muss, konzentriert sie ihre Kräfte auf rentable und funktionsfähige Einheiten, in denen das Personal nach Bedarf flexibel eingesetzt wird. Die Landesregierung macht genau das Gegenteil. Sie zerstückelt Sonderbehörden wieder in Miniämter; die sind natürlich erst einmal ineffizient und teuer, weil ja jedes kleine Kreisamt die Aufgaben mit weniger Personal durchführen soll, was ja, glaube ich, schwer nachweisbar ist. Das haben Sie ja auch nie ernsthaft versucht.
Zukünftig müssen in jedem Kreis weniger Beschäftigte das Aufgabenspektrum einer ganzen Sonderbehörde wahrnehmen. Die Vollzugsqualität wird dadurch doch eher gefährdet.
Ich meine, es ist natürlich auch eine Möglichkeit, die Effizienzrendite dadurch zu erbringen, dass die Verwaltungen und ihre Dienstleistungen einfach schlechter werden. Dadurch kann man natürlich auch einsparen.
Verwaltungsbereiche wie die Gewerbeaufsicht, wo sich komplizierte Sach- und Rechtsfragen stellen, erfordern doch eine Behördenstruktur, bei der Spezialistenteams zusammenarbeiten. Wie soll das bei dieser Zersplitterung erfolgen? Das ist doch überhaupt nicht ersichtlich.
Wenn sich nur noch wenige Fachleute den Problemen widmen können, muss doch die Serviceleistung der Behörden zwangsläufig eingeschränkt werden. Das heißt, wir haben dann in diesen Miniämtern wegen des Fehlens von Fachkompetenzen in einzelnen Fragen – die waren ja vorher in größeren Einheiten zusammen – zudem das Problem, dass die sich ganz starr an Verwaltungsvorschriften orientieren müssen und sie gerade das, was wir heute eigentlich brauchen, dass man Ermessensspielräume ausschöpft, gar nicht mehr machen können. Das heißt, Fehlentscheidungen werden die Folge sein, die Rechtssicherheit und die Gleichbehandlung der Bürger sind dann gefährdet.
Auf diese Nebenwirkungen sind Sie nie eingegangen. Wenn wir jetzt noch davon ausgehen, dass ja in den letzten zehn Jahren in der Verwaltung schon 10 000 Personalstellen abgebaut worden sind, dann kann man doch einen weiteren Personalabbau – er ist notwendig; keine Frage – nur dann auffangen, wenn man erstens Verwaltungsaufgaben abbaut, zweitens das Qualitätsmanagement verbessert, drittens das Personal in größeren und damit flexibleren Einheiten einsetzen kann und wenn man viertens entscheidende Fragen kommunalisiert. Was ist von der ganzen Frage der Kommunalisierung, zu der Sie große Ankündigungen gemacht haben, jetzt im Sieb geblieben? Wir können überhaupt nichts erkennen.
Aufgabenkritik – das haben wir oft gesagt – ist nicht geleistet worden. Jetzt haben Sie uns den Vorwurf gemacht, wir hätten sie ja auch nicht vorgenommen. Aber nun wollen wir uns doch noch einmal erinnern, wie das Ganze ablief. Sie haben immer gesagt – der Ministerpräsident vorneweg –, wir bräuchten gar keine Verwaltungsreform. Jahrelang war
das so. Dann gab es hier im Haus eine Mehrheit für die Einsetzung einer Enquetekommission, die sich mit dem Thema beschäftigen könnte; die hätte sich genau mit den Fragen von Aufgabenkritik und Aufgabenreduktion beschäftigen müssen. Danach hätte sie uns am Ende auch etwas zu den anderen Fragen, wie groß zum Beispiel funktionsfähige Einheiten aussehen müssen, vorlegen können.
Das ist auch der ganz normale und seriöse Gang, wie man ein solch riesiges Unterfangen anpackt – nicht hingegen der Weg, dass man sich das Ganze in einem Spaichinger Wohnzimmer zusammen mit einem einzigen Berater ausdenkt und hier alle vor vollendete Tatsachen stellt. Das kann doch gar nicht funktionieren. So war es aber.
Viele der Kreise sind natürlich zu klein, um diese Aufgaben effizient wahrzunehmen. Ich zitiere den Kollegen Oettinger – 13. Mai –:
Bei kleinen Stadt- und Landkreisen könnte die Aufgabenerfüllung schwierig werden. Ich baue darauf, dass sie durch Arbeitsteilung und Kooperation die ideale Betriebsgröße anstreben.
Das, was ich aus der Zeitung vorlese, macht zeitlich höchstens ein Promille der Zeitungsvorlesestunden des Ministerpräsidenten aus.
(Beifall und Heiterkeit bei den Grünen und Abge- ordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hillebrand CDU – Abg. Drexler SPD: Und er liest aus baden- württembergischen Zeitungen vor, nicht aus nord- deutschen Zeitungen!)
Es wird nicht dementiert, dass darüber auch im Staatsministerium nachgedacht wird. Pfister hat es gesagt, und Oettinger sagt: „Im Moment noch nicht.“ Das ist auch ganz logisch.
Das kann niemanden überraschen, und das geht genau in die Richtung, von der die Sozialdemokraten und wir immer gesprochen haben: Kern einer solchen Reform müssen Regionalkreise sein, weil sie im europäischen Kontext die richtige Größe haben.