Protokoll der Sitzung vom 30.06.2004

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch ein paar Punkte ansprechen, bei denen ich einfach denke, unabhängig von drei- oder zweistufigem Aufbau hätte es die Chance gegeben, diese Verwaltungsreform so zu gestalten, dass wir zwar mit dem Aufbau nicht einverstanden gewesen wären, aber doch gesagt hätten, die Reform sei sinnvoll.

Im Forst, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das, was wir machen, nicht sinnvoll. Da wäre ein einheitlicher Landesbetrieb besser gewesen. Wir haben uns ja viel mit Forstleuten unterhalten. Es gab ja auch Forstpräsidenten, die erst, als sie außer Dienst waren, mutig etwas sagen konnten oder durften. Die haben uns alle in unserer Auffassung bestätigt. Herr Ministerpräsident, Österreich und andere Länder haben das anders organisiert. Die haben einen einheitlichen Betrieb, ob AG oder Landesbetrieb, weil das sinnvoll ist. Es wäre auch für unsere Forstverwaltung sinnvoll.

Im Übrigen war mir überhaupt nicht bekannt, dass die Landräte die Forstverwaltung haben wollten. Ich habe immer den Eindruck gehabt, sie wollten sie eigentlich nicht. Das ist nicht unbedingt ihre ursprüngliche Aufgabe. Forst wird auch nicht nach Kreisgrenzen bewirtschaftet, sondern bisher immer nur nach Eigentumsgrenzen. So ist das auch vernünftig. Daher glaube ich, dass es falsch ist, die Forstverwaltung in die Landratsämter einzugliedern.

Deswegen werden wir heute noch einmal einen Antrag stellen, für den Forst einen einheitlichen Landesbetrieb zu schaffen. Darf ich jetzt einmal fragen, nachdem es auch bei Ihnen maßgebliche Befürworter eines Landesbetriebs gibt: Warum um Gottes willen wäre es so verwerflich, wenn das

Parlament sagen würde: „dreistufiger Aufbau, aber den Forst verteilen wir nicht auf 44 Einheiten“? Was ist daran verwerflich?

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Das Nächste sind die Flurbereinigungsämter. Sie haben vorhin schon gesagt: Jetzt teilen Sie jedem Landkreis gleich viele Angestellte – 16 sind es, glaube ich – zu, unabhängig davon, ob er Flurbereinigungsmaßnahmen hat oder nicht. Mein Landkreis hat gar keine. Er wird die Angestellten irgendwo anders „vermieten“. Ist das sinnvoll? Ich halte das wirklich für eine Schnapsidee. Das hätte das Land wirklich selber machen können. Es wäre auch vernünftig gewesen im Sinne von Rationalisierung: Dort, wo viel Geschäft ist, schickt das Land das Personal hin; dort, wo nichts zu tun ist, braucht der Landrat keine 16 Beschäftigten in seiner Flurverwaltung. Was machen Sie denn da? Ich verstehe das überhaupt nicht. Ich verstehe auch nicht, dass Leute mit Verwaltungssachverstand in der CDU-Fraktion da mitmachen können. Es würde dem Ministerpräsidenten doch auch kein Zacken aus der Krone fallen, wenn er sagen würde: Das berührt doch diese Reform nicht.

Straßenbauämter: Der Ministerpräsident hat vorhin gesagt, die Wirtschaft fordere eine Reform. Wir hatten eine Anhörung – darüber wurde auch in der Presse berichtet – mit Vertretern des Landesverbands der Industrie, der Arbeitsgemeinschaft der IHKs und der Bauwirtschaft. Alle haben es unisono abgelehnt, die Straßenbauämter, die mit einer großen Reform auf 18 reduziert worden sind, jetzt auf 44 Einheiten zu verteilen. Alle waren unisono dagegen. Ich habe auch mit Kollegen von der CDU und der FDP/DVP gesprochen: Für diese Sache gibt es keine Befürworter. Herr Minister Müller – er ist leider gerade nicht da – hat dazu im März letzten Jahres die Wahrheit gesagt. Als wir in einem Antrag gefragt haben, ob man die 18 Straßenbauämter auf die 44 Landratsämter aufteilen solle – da wusste er noch nicht, welche Vorschläge er 14 Tage später vom Ministerpräsidenten zur Verwaltungsreform bekommen würde –, hat er erklärt, es sei Unsinn, so etwas zu machen. Zwei Wochen später hat er dazu nichts mehr sagen dürfen.

Ich frage mich auch, wozu wir hoch bezahlte Minister, eine Bürokratie und Verwaltungsbeamte haben. Die hätte man einbeziehen müssen. Wenn man das getan hätte, so wäre, glaube ich, nichts zerredet worden, aber die Maßnahmen, die ich gerade anspreche, wären nicht erfolgt.

Zum Schluss noch: Bei einigen anderen Ämtern, sicherlich auch bei der Landwirtschaftsverwaltung, haben wir doch gar nichts dagegen.

(Abg. Zimmermann CDU: Früher sagten Sie nur Flur und Straßenbau, und jetzt sagen Sie, Sie wol- len „auch andere Ämter“!)

Nein, ich sage: Forst, Straßenbau, Versorgungsämter und die Gewerbeaufsicht sind ein Problem.

(Zuruf von der SPD: Zuhören, Zimmermann!)

Jetzt komme ich zu den Schulämtern.

(Abg. Behringer CDU: Ja, da brauchst du keine Re- form!)

Doch. Hören Sie mal, wir haben 350 Ämter. Das ist schon eine ganze Masse. Es könnte ja auch sein, dass wir vielleicht falsch liegen, aber alle, die wir aus Wissenschaft und Praxis angehört haben, haben uns darin bestätigt, und das waren keine Menschen, die in den Behörden gearbeitet haben. Die haben gesagt: Es ist doch sinnvoll, dass ein Land in bestimmten Bereichen noch strategisch handeln kann. Das gilt für den Forst und den Straßenbau. Es ist doch einigermaßen vernünftig, dort die Ämter nicht aufzuteilen.

Zu den Schulämtern, liebe Kolleginnen und Kollegen, hatte die Kultusministerin doch schon ein Reformpaket im Ministerium vorliegen, das deutlich gemacht hätte, dass die zunehmende Freiheit der Schulen, die wir alle wollen, im Grunde genommen eine andere Art von Schulämtern erforderlich macht, nämlich pädagogische Zentren, die die Schulen, die freier und selbstständiger werden, beraten. Frage: Ist es dann vernünftig, die Schulämter so zu behandeln?

Dies – das ist nicht viel – wollten wir mit Ihnen diskutieren und wollten dazu Anhörungen mit Sachverständigen durchführen. Dann hätten wir sagen können: „Wir sind uns zwar in der Struktur nicht einig, aber in der Sache selbst hat die Opposition mitarbeiten können.“ Es hätte sich etwas bewegt, weil alle, die wir angehört hätten, dies gesagt hätten. Dann hätte man den Murks, den wir in dieser Verwaltungsreform sehen, noch auffangen und verbessern können. Ich glaube, das hätte der Verwaltungsreform gut getan.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Drexler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Theurer?

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Er hat schon verges- sen, was er fragen wollte!)

Herr Kollege Drexler, merken Sie eigentlich nicht, dass Sie seit vielen Minuten krampfhaft Punkte in der Verwaltungsreform suchen, die negativ sind?

Zweitens: Fällt Ihnen dazu eigentlich nichts Positives ein?

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit des Abg. Blenke CDU)

Herr Theurer, was waren das jetzt für Fragen? Ich sage zur ersten Ja, zur zweiten Nein. Wenn Sie jetzt noch wissen, was Sie mich gefragt haben, ist das damit gut beantwortet, finde ich.

(Heiterkeit bei der SPD – Beifall des Abg. Sakella- riou SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden nachher unsere Anträge stellen. Ich habe die Hoffnung, dass sich noch etwas bewegt, fast aufgegeben.

(Zuruf von der CDU: Zu Recht!)

Nicht „zu Recht“, sondern das ist schade.

(Abg. Dr. Birk CDU: Die Hoffnung stirbt zuletzt!)

Sie als Parlamentarier hätten im Grunde genommen einige Farbtupfer setzen können. Das wäre besser gewesen, als sklavisch alles nachzuverfolgen, was vorgegeben wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, ein GoetheZitat ist natürlich immer gut, aber es muss auch passen. Es ist nun einmal so: Die Wähler haben uns in die Opposition geschickt und Sie in die Regierung. Nur in der Regierung kann man Regierungshandeln tätigen; das kann man in der Opposition nicht. Da Sie hier seit 50 Jahren nicht mehr in der Opposition waren, wissen Sie das vielleicht gar nicht mehr, aber das gehört einfach zum kleinen Einmaleins der Gemeinschaftskunde.

Ich finde, Herr Ministerpräsident, Ihre Ausführungen enthielten ein bisschen viel grobe Polemik. Am Schluss einer solchen Debatte, an deren Anfang wir unser Alternativkonzept vorgelegt haben, das hier logischerweise nicht die Mehrheit gefunden hat, weil Sie ein anderes Konzept haben, haben wir – und das ist ja schließlich auch unsere Aufgabe – uns auf die Schwachstellen Ihrer Reform konzentriert. Diese Schwachstellen haben wir hier in mehreren Debatten vorgetragen; darauf sind Sie aber nicht eingegangen.

Auf einige Ihrer Polemiken muss ich eingehen. Sie haben mir vorgeworfen, ich hätte quasi Verrat an der Subsidiarität begangen, indem ich für Mammutbehörden eintreten würde. – Also, wenn man von einer dreistufigen auf eine zweistufige Verwaltung geht, so wie es unser Vorschlag, der Vorschlag der Opposition, vorgesehen hatte, dann ist es einfach logisch, dass die neue Mittelbehörde kleiner sein muss als die Regierungspräsidien, von denen sie Aufgaben übernimmt,

(Abg. Drexler SPD: Aber größer als die anderen! Das ist logisch!)

und größer als die Kreise. Das ist einfach logisch.

(Abg. Alfred Haas CDU: Größer als die Regie- rungspräsidien! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Nein, nicht größer als die Regierungspräsidien!)

Wenn man eine Verwaltungsebene wegfallen lässt und dafür eine Mittelinstanz einsetzt, dann muss diese Mittelinstanz logischerweise kleiner sein

(Abg. Alfred Haas CDU: Größer!)

als die übergeordnete Behörde Regierungspräsidium

(Abg. Alfred Haas CDU: Nein, die ist größer!)

und größer als die Landkreise. Und genau so ist es in unserem Vorschlag auch. Alles andere ist doch ein haltloser Vorwurf. Schauen Sie doch einmal die jetzigen Regierungspräsidien nach der Reform an und überlegen Sie, wie oft Sie denen Aufgaben übertragen haben und wie oft Sie so

genannte Vor-Ort-Lösungen gemacht haben. Sie werden dabei merken,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Dass es gut war!)

dass Sie faktisch vier Regionen im Land schaffen, und das sind dann wirkliche Mammutbehörden. Das ist das eine.

(Abg. Fleischer CDU: Der Herr Ministerpräsident hat Ihnen vorgeworfen, dass Sie die Landkreise ka- putt machen! Das passt doch nicht zu Ihnen!)