In Berlin wird ja nicht immer so perfektionistisch gehandelt – aber manchmal dort, wo wir es überhaupt nicht brauchen können.
Alle haben die Problematik inzwischen erkannt. Es gibt Vorschläge, die Konvergenzphase bei abgesenktem Einstiegswinkel zu strecken. Es bestünde eigentlich auch die Notwendigkeit, besondere Fallkostenpauschalen für Universitätskliniken einzuführen. Dies würde bei einem gedeckelten Gesamtbudget dazu führen, dass andere diese Summen aufbringen müssten, was auch schwierig ist.
Das heißt, wir stehen hier vor einer großen finanziellen Herausforderung. Ich habe erwähnt, dass wir dieser Herausforderung mit einer Veränderung der Strukturen, aber auch mit einer Dämpfung der explosionsartigen Entwicklung der Personalkosten begegnen müssen. Die Personalkosten machen etwa 70 % der Kosten der Universitätskliniken aus. Man kann also nicht nur an die 30 % Strukturkosten, sondern muss auch an die 70 % Personalkosten herangehen. Aber auf der anderen Seite wissen wir natürlich, dass das Personal die wichtigste Ressource ist.
Niemand wird bestreiten – da gebe ich Ihnen völlig Recht, Frau Bauer –, dass der gegenwärtige BAT weder für die Wissenschaft noch für die Krankenversorgung ein angemessener Rahmen ist. Deshalb ist es logisch, dass man von diesem BAT wegmuss.
Daher beschäftigt sich die aktuelle Debatte in den Aufsichtsräten und in den Klinika mit der Frage, ob man aus der TdL aussteigen, das heißt, zunächst einmal die Mitgliedschaft im Arbeitnehmerverband des öffentlichen Dienstes kündigen und dann auch die Frage des Ausstiegs aus der VBL stellen sollte. Die zu erwartenden Tarifsteigerungen nach BAT würden die Universitätskliniken mit etwa 17,1 Millionen € zusätzlich belasten. Seit 1996 ist die VBLBelastung bei eigentlich nachlassenden Leistungen auf mehr als 10 % eines Bruttoarbeitsverdienstes angestiegen. Dass man dies ändern muss, wird, glaube ich, allgemein eingesehen.
Nun haben wir die Universitätskliniken in die Freiheit gegeben. Wir haben Vorstände und Aufsichtsräte an den Universitäten eingerichtet. „Freiheit“ heißt für uns, Frau Bauer, Autonomie, heißt Eigenverantwortung.
Deshalb ist die Entscheidung, aus dem Arbeitnehmerverband des öffentlichen Dienstes auszutreten und in der Folge den BAT zu kündigen, in erster Linie eine Entscheidung der Vorstände und der Aufsichtsräte der Klinika. Wir können nicht Gesetze mit diesen Strukturen machen und diesen Strukturen auch Autonomie geben, aber dann ständig hineinregieren wollen. Das ist nicht die Art von Selbstständigkeit und Eigenverantwortung, die sich die Landesregierung vorstellt.
Wir müssen und können auch erwarten, dass die Vorstände und Aufsichtsräte diese Aufgabe mit großer Ernsthaftigkeit erfüllen,
dass sie wissen, wie wichtig das Personal ist, dass sie wissen, dass sie dem Personal ein modernes Tarifsystem anbieten müssen, das auch die Motivation des Personals erhält, wenn nicht steigert. Sie wissen aber auch, dass die Summe der Personalausgaben im Grunde genommen nicht erhöht werden kann. Das heißt, es kann durchaus sein, dass etwa Spitzenkräfte in der Pflege besser besoldet werden, als dies derzeit der Fall ist.
Was wäre die Alternative zu einer solchen Modernisierung des Tarifsystems? Die Alternative wäre ein Personalabbau, weil von den Krankenkassen einfach nicht die Mittel zur Verfügung gestellt werden können. Wer gegen den Ausstieg aus dem gegenwärtigen Tarifsystem ist, muss argumentieren, was denn die Alternative dazu ist. Er muss abwägen, ob Personalabbau eine vernünftige Alternative zu einem neuen Tarifsystem ist,
und prüfen, ob die Alternative Personalabbau die Beschäftigten nicht viel mehr verunsichert als ein besseres, transparentes und für viele auch günstigeres neues Tarifsystem mit adäquaten Beschäftigungsbeschreibungen.
Deshalb sagen wir: Es ist in erster Linie Aufgabe der Universitätskliniken, hier sachgerecht und vernünftig zu entscheiden. Als eine liberal orientierte Regierung wissen wir, dass wir auch denjenigen Vertrauen geben müssen, die an der Spitze der Unternehmen und Universitätskliniken stehen und in den Aufsichtsräten sind.
Frau Bauer, meiner Ansicht nach zeugt es von einem völlig falschen Freiheitsverständnis, wenn Sie mich als „Optionsminister“ bezeichnen. Optionen zu geben bedeutet, dass man denen, die handeln, Freiheiten und Eigenverantwortung gibt. Deshalb verstehe ich mich vielmehr als ein Autonomieminister, und dem kann man höchstens jemanden gegenüberstellen, der alles selbst zu regeln versucht. So verstehe ich mich nicht.
Das wäre auch der völlig falsche Weg einer Hochschul- und Wissenschaftspolitik. Denn das alles kann nur in Freiheit, in Optionen und nicht in staatlichen Vorschriften und ständigen Einmischungen gedeihen und schon gar nicht dann, wenn man Freiheit gibt, aber eigentlich Einmischung meint, wenn es einmal etwas schwieriger wird.
Eigenverantwortung heißt auch, dass ich in schwierigen Situationen selbst entscheiden und für diese Entscheidungen einstehen muss. Ich kann nicht nur Schönwetterautonomie predigen.
So werden wir noch andere schwierige Entscheidungen für unsere Hochschulen und unsere Hochschulmedizin fällen müssen. Deshalb ist sozusagen mein Motto der nächsten Monate und der nächsten Zeit für die Überwindung dieser Schwierigkeiten eines von Schopenhauer:
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Redezeiten sind auch ausgeschöpft.
Die Fraktionen sind übereingekommen, an dieser Stelle der Tagesordnung in die Mittagspause einzutreten. Wir unterbrechen daher die Sitzung und setzen sie um 13:30 Uhr fort.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur-Reformge- setz – VRG) – Drucksache 13/3201
Ich rufe gleichzeitig die vorliegenden Änderungsanträge auf. Im Einzelnen werde ich sie an den jeweiligen Stellen des Gesetzes benennen.
Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache freie Redezeiten festgelegt. Außerdem hat das Präsidium die Möglichkeit eingeräumt, die Änderungsanträge bei den entsprechenden Artikeln zu begründen. Soweit Sie darüber hinaus – das möchte ich an dieser Stelle gleich sagen – das Wort wünschen, bitte ich, dies rechtzeitig vor den einzelnen Teilen des Gesetzentwurfs den Schriftführern mitzuteilen, damit dann bei der Abfolge diese Wortbeiträge berücksichtigt werden können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Das so genannte Jahrhundertreformwerk, die Verwaltungsreform 2004, rechtfertigt es, dass ich, abweichend von der allgemeinen Handhabung, wonach Ausschussberichterstatter in aller Regel bei Plenarberatungen ihrer Tagesordnungspunkte nicht das Wort ergreifen, bei der Zweiten Beratung dieses Gesetzentwurfs, einem Gesetz mit 187 Artikeln, als Berichterstatter des federführenden Innenausschusses und gleichzeitig als Berichterstatter des Finanzausschusses als einem der beteiligten Fachausschüsse das Wort erbeten habe.
Dabei geht es mir in aller Sachlichkeit und Neutralität um drei Dinge, die für uns alle wichtig sein sollten: die Selbstachtung des Parlaments, die Transparenz gesetzgeberischen Handelns und die Partizipation der gesellschaftlichen Gruppen und Verbände, insbesondere der Vertretungen der von der Reform betroffenen Bediensteten, am Meinungs- und Willensbildungsprozess des Gesetzgebers, also des Landesparlaments. Dabei ist die vielleicht fehlende Mitwirkungsmöglichkeit dieser Gruppen am Aufgabenteil der Landesregierung vor der Einbringung des Gesetzeswerks in den Landtag nicht mein Thema. Hierfür hätten wir keine Verantwortung. Wir haben allerdings die alleinige Verantwortung für die parlamentarische Behandlung, und das rechtfertigt auch meine Berichterstatterbemerkungen.
Dabei will ich nicht in der Sache selbst den Rednern von Regierung und Fraktionen vorgreifen und über die sachlichen Auseinandersetzungen in den Ausschüssen, über Sinn oder Unsinn der Einzelmaßnahmen oder des Gesamtwerks berichten. Diese Sachauseinandersetzung wird anschließend noch einmal öffentlich zu führen sein. Ich will nur stichwortweise die Begriffe, die auch die Auseinandersetzung in den Ausschüssen geprägt haben, erwähnen, beispielsweise Aufgabenanalyse, Aufgabenkritik, Effizienzrendite, Revisionsklausel, Kooperationshoffnung, Sicherung von Personalvertretungsrechten, Anhörungen, Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen und vieles mehr.