Die FDP/DVP-Fraktion ist der Meinung, dass an einigen Punkten und Themen weitergearbeitet werden muss. So ist die Europäische Verfassung zweifelsfrei ein Schritt zu größerer Transparenz bei politischen Entscheidungen. Freilich, die Kompetenz des Europäischen Parlaments bleibt hinter dem Notwendigen zurück. Echte wirksame parlamentarische Kontrolle der europäischen Rechtsetzung ist eben dort noch nicht verwirklicht, meine Damen und Herren, und dieses Demokratiedefizit ist auch mit der neuen Europäischen Verfassung noch nicht endgültig beseitigt.
Für die FDP/DVP bleibt der Verfassungsvertrag somit nur ein erster wichtiger Schritt auf einem weiten Weg, der – und davon bin ich zutiefst überzeugt – am Ende des Prozesses bei den Vereinigten Staaten von Europa enden wird, ja enden muss, also einem Staatenverbund mit klar umrissenen Aufgaben und handlungsfähigen Organen, einer Kommission als europäischer Regierung, selbstverständlich gewählt durch das Europäische Parlament und von diesem kontrolliert und diesem verantwortlich.
Eine gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik, eine klar marktwirtschaftliche Ordnungs- und Währungspolitik, das sind vor allem die Felder, in denen wir mehr Europa brauchen, meine Damen und Herren.
Keine weiter gehende Integration dagegen brauchen wir im Bereich der Steuer- und Finanzpolitik sowie der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.
Nicht die Harmonisierung der Steuersysteme ist der Königsweg, sondern der Wettbewerb der Systeme. Wir sind für die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips,
und wir als Liberale sehen die Gefahr, dass durch die festgeschriebenen Sozialstandards in der Europäischen Verfassung der bereits überregulierte und unfinanzierbar gewordene Wohlfahrtsstaat der Bundesrepublik Deutschland und anderer Mitgliedsstaaten nun auf alle EU-Länder übertragen wird.
Meine Damen und Herren, Deutschland war einmal Lokomotive der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa. Wenn man heute die Situation anschaut, stellt man fest, dass Deutschland unter dieser Bundesregierung das ärmlichste Ergebnis abliefert, das je eine Bundesregierung zuwege gebracht hat.
Wenn man die Empfehlungen der Fachleute zur Kurierung dieser Krankheit anschaut, dann lesen sie sich wie das Programm der FDP, meine Damen und Herren:
ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem, die Reform des deutschen Föderalismus durch eine echte Entflechtung der Ebenen und durch die Fusion kleinerer Bundesländer
sowie durch eine echte Steuerautonomie für die Bundesländer, Entrümpelung des deutschen Arbeitsrechts, Aufbau einer privaten Säule der Rentenversicherung, Reform der Krankenversicherung – alles Dinge, für die wir nicht Europa brauchen,
Meine Damen und Herren, Europa ist weder Allheilmittel noch Sündenbock. Wir haben es selbst in der Hand, unsere Zukunft erfolgreich zu gestalten. Lassen Sie uns diese Zukunft anpacken. Lassen wir uns anstecken von der Aufbruchstimmung in den osteuropäischen Ländern.
Genau vor 15 Jahren mit der Ausreise der Botschaftsflüchtlinge am 24. August aus Budapest ist dieser Einigungsprozess begonnen worden. Damals haben sich die Menschen in Osteuropa für die Freiheit entschieden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund von Artikel 46 Abs. 2 der Landesverfassung habe ich folgende Mitglieder der Regierung neu berufen:
Herrn Ernst Pfister, Mitglied des Landtags, zum Wirtschaftsminister – ihn bestelle ich zugleich zu meinem Stellvertreter –
Herrn Heribert Rech, Mitglied des Landtags, zum Innenminister – er wird weiterhin die Aufgabe des Landesbeauftragten für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler wahrnehmen –
Frau Tanja Gönner, Mitglied des Bundestags, zur Sozialministerin – sie bestelle ich zugleich zur Behindertenbeauftragten der Landesregierung –
Ich bitte den Landtag, der Berufung der neuen Regierungsmitglieder gemäß Artikel 46 Abs. 4 der Landesverfassung zuzustimmen.
Ferner gebe ich dem hohen Haus bekannt, dass ich im Einvernehmen mit der zuständigen Ministerin und den zuständigen Ministern folgende politischen Staatssekretärinnen und Staatssekretäre ernennen werde:
Herrn Professor Dr. Wolfgang Reinhart, Mitglied des Landtags, zum politischen Staatssekretär im Finanzministerium
Frau Friedlinde Gurr-Hirsch, Mitglied des Landtags, zur politischen Staatssekretärin im Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum
Frau Johanna Lichy, Mitglied des Landtags, zur politischen Staatssekretärin im Sozialministerium – sie wird weiterhin die Aufgabe der Frauenbeauftragten der Landesregierung wahrnehmen –
Herrn Dieter Hillebrand, Mitglied des Landtags, zum politischen Staatssekretär im Ministerium für Umwelt und Verkehr
Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, und ich bitte Sie um eine gute Zusammenarbeit auch mit den neuen Mitgliedern der Landesregierung.
An dieser Stelle danke ich den ausscheidenden Mitgliedern der Regierung, Herrn Minister Dr. Walter Döring, Herrn Minister Dr. Thomas Schäuble, Herrn Minister Dr. Friedhelm Repnik, Herrn Minister Ulrich Müller und Herrn Staatssekretär Wolfgang Rückert, sehr herzlich für ihre gute Arbeit für unser Land und für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)