Protokoll der Sitzung vom 28.07.2004

Nein, wir machen hier eine Geschäftsordnungsdebatte, Herr Kollege,

(Abg. Fleischer CDU: Genau! Seit sieben Minu- ten!)

und diese Geschäftsordnungsdebatte steht uns noch zu. Sie wollen uns ja sogar das Recht, eine Debatte zu führen, nehmen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Wider- spruch bei der CDU)

Natürlich wollen Sie uns dieses Recht nehmen. Wenn nicht, stimmen Sie nachher unserem Antrag zu, damit das, was im baden-württembergischen Parlament üblich ist, auch heute so ist: dass vor der Bestellung eines Ministers eine Aussprache stattfindet.

(Abg. Fleischer CDU: Das machen Sie doch gera- de!)

Ich frage mich, warum Sie eine solche Debatte nicht zulassen wollen. Sie wollen sie nicht zulassen, weil der Ministerpräsident offensichtlich massiv Druck auf die CDU-Fraktion ausübt.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kretschmann GRÜNE – Widerspruch und Lachen bei der CDU)

Natürlich. Anders kann ich es mir nicht vorstellen. – Eine Fraktion, die nicht mehr den Mumm hat, eine Debatte zuzulassen – –

(Abg. Reichardt CDU: Die führen wir doch gera- de!)

Nein, nein. Wir führen hier eine Geschäftsordnungsdebatte.

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Bei einer Geschäftsordnungsdebatte muss der Ministerpräsident nicht herauskommen und die Haltung seiner Regierung erklären. Mir ist schon klar, warum Sie eine solche Debatte verhindern wollen. Denn jedes Wort, das der Ministerpräsident zu dem Thema zu sagen hätte, wäre zu viel. Jedes Wort wäre da zu viel!

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Dass die Konservativen in der Zwischenzeit schon Angst haben, bei einem eigenen Tagesordnungspunkt ihre Politik zu vertreten,

(Zurufe von der CDU)

dass sie zu feige sind, eine Debatte darüber zu führen, zeigt, dass sie in Baden-Württemberg völlig am Ende sind.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, ich bin der Auffassung, dass zuerst über diesen Antrag abgestimmt werden sollte. Ich meine, wir müssen nicht dieselben Debatten zweimal führen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Alfred Haas CDU: So ist es!)

Mir liegen zwei Anträge zur Geschäftsordnung vor. Über diese möchte ich abstimmen lassen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Bitte in der Reihen- folge: Antrag der SPD, dann unser Antrag!)

Meldet sich niemand mehr zur Geschäftsordnung? – Herr Abg. Drexler.

Zu unserem Antrag, vor der Vereidigung des Ministers eine Aussprache zu führen, meldet sich eigenartigerweise offensichtlich niemand. Dann muss man über den Antrag abstimmen. Dann kommt der nächste Antrag.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Oettinger.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen, meine Herren Kollegen!

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Damen sind auch dabei! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Es gibt auch Frauen im Landtag!)

Ich sagte ja: „meine sehr verehrten Kolleginnen, meine Herren Kollegen“.

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP – Zuru- fe von der CDU: Zuhören!)

In der Reihenfolge habe ich Sie sogar zuerst erwähnt, Frau Kollegin.

(Zuruf von der CDU: Sie hört nur selektiv!)

Für die CDU-Fraktion bekunde ich Respekt vor der Amtsführung der ausscheidenden Frau Justizministerin. Ich glaube, sie hat ihre Aufgabe gut wahrgenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Ein oder zwei Fehler am Ende ihrer Amtszeit hindern nicht daran, im Rückblick zu sagen: Die Justiz in Baden-Württemberg hat eine gute Vertreterin an der Spitze gehabt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Stickelberger SPD: Gegen die der Staatsanwalt er- mittelt!)

Zum Zweiten: Kollege Drexler, Herr Goll ist wenig älter als ich und viel jünger als Sie.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Viel vor allen Dingen! Trotzdem ein Politrentner!)

Deswegen taugt der Begriff „Politrentner“ nicht.

(Abg. Drexler SPD: Er hatte doch keine Lust mehr!)

Warum soll jemand, der in der Politik war und in die Wirtschaft gegangen ist, nicht in die Politik zurückkehren?

(Zuruf von der SPD: Warum ist er zurückgetreten?)

Ich glaube, Herr Goll hat unseren vollen Respekt dafür verdient, dass er künftig wieder die Aufgaben des Justizministers übernimmt. Mit „Rentner“ wird er völlig falsch deklariert.

(Abg. Teßmer SPD: Politrentner ist nicht dasselbe wie Rentner!)

Dieser Begriff taugt nicht. Nehmen Sie ihn zurück!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Ich habe nicht das Alter erwähnt! Sie haben nicht zugehört! – Abg. Capezzuto SPD: „Po- litrentner“ hat er gesagt!)

Zum Dritten: Die Spekulation über Neuwahlen ist zumindest nicht mehr zeitgerecht.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben einen tauglichen Kandidaten. Die Zustimmung zu dessen Ernennung steht bevor. Diese werden wir vornehmen.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Ich sage selbstkritisch zu meiner Person und zu allen anderen: Möglicherweise haben wir etwas leichtfertig geplänkelt